Lars Harms: Wir bekommen ein sehr modernes Strafvollzugsrecht, das auf der Höhe der Zeit ist
Presseinformation Kiel, den 21.07.2016Es gilt das gesprochene WortLars Harms TOP 8 Landesstrafvollzugs- und Justizvollzugsdatenschutzgesetz Drs. 18/3153 und 18/4380„Wir bekommen ein sehr modernes Strafvollzugsrecht, das auf der Höhe der Zeit ist.“Wer die Diskussionen der letzten Tage und Wochen verfolgt hat, der hat leider nicht diegesamte Bandbreite der Änderungen des Landesstrafvollzugsgesetzes mitbekommen können.In der letzten Zeit drehte es sich vornehmlich darum, ob Justizvollzugsbeamte eine Waffetragen sollten oder nicht. Die Verkürzung der Diskussionen ist bedauerlich, aber wohl auchnicht zu ändern, da ein solches Thema natürlich das Medienthema schlechthin ist.Glücklicherweise haben die Gewerkschaften der Justizvollzugsbeamten zweierlei im Vorwegeklargestellt. Da ist zum einen die Klarstellung, dass tagsüber im Dienst keine Waffen getragenwerden sollten, da die Sicherheitsvorkehrungen umfassend genug sind und Waffen im Fall derFälle ja auch in die falschen Hände geraten können. Die zweite Klarstellung war, dass mit Rechtdarauf hingewiesen wurde, dass seit mehr als 30 Jahren keine Waffe mehr im Justizvollzug inSchleswig-Holstein gebraucht wurde. 2Es besteht also kein Sicherheitsrisiko und eigentlich ist eine solche Situation auch die Zeit, inder man fachliche Argumente mit aufnehmen sollte. Und die Anhörung war da sehr deutlich –und zwar gegen die Nutzung und das Tragen von Waffen in JVAs. Dieses Verbot von Waffen inJVAs gibt es übrigens auch in Rheinland-Pfalz, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und inSachsen. Eine Anpassung wäre auch bei uns sinnvoll gewesen. Dass dieses jetzt nicht kommt,liegt daran, dass wir immer auch – trotz fachlich eindeutiger Stellungnahmen – unser Ohr beiden Bediensteten haben. Wenn diese sagen, dass sie sich außer bei Gefangenentransportenauch im Nachtdienst die Möglichkeit des Tragens von Waffen wünschen, so verschließen wiruns dem nicht. Die Begründung für die Ausweitung der Tragemöglichkeiten von Waffen istlaut GDP, dass man durch das regelmäßige Tragen von Waffen im Nachtdienst ein Gefühl fürdie Waffe entwickelt. Ob dies wirklich eine Grundvoraussetzung ist, will ich nicht beurteilen.Allerdings ist das Tragen von Waffen im Nachtdienst schadlos. Insofern kann man unseresErachtens auch dem Wunsch der Gewerkschaftsvertreter ohne Schwierigkeiten nachkommen,was wir ja auch tun. Auch an dieser Entscheidung kann man wieder einmal die ständigeGesprächsbereitschaft dieser Küstenkoalition ablesen.Eine äußerliche Neuerung wird sicherlich die Möglichkeit sein, private Kleidung in den JVAstragen zu können. Das sollte eigentlich schon längst die Regel sein, denn in Hamburg,Niedersachsen und Sachsen gibt es das schon, ohne dass hier gravierende Schwierigkeitenbekannt wären. Es sei mir der Hinweis gestattet, dass wir mit den Hamburgern ja vielleicht inZukunft noch enger zusammenarbeiten, was wir ja alle begrüßen würden. Da macht es dannaber auch Sinn, solche Bestimmungen grenzüberschreitend einheitlich zu fassen, was ja heuteendlich auch geschieht. In den Anhörungen zum Gesetzentwurf aber auch auf anderenVeranstaltungen von Verbänden wurde immer wieder deutlich gemacht, dass das Ziel derResozialisierung von Strafgefangenen oft besser erreicht werden kann, wenn sich die Situation 3in der JVA so weit wie möglich der in Freiheit ähnelt. Das geht natürlich nicht in allen Belangen,aber hier ist ein Bereich, der durchaus besser gestaltet werden kann. Und da auch U-Häftlingeoder auch die Frauen in den JVAs schon private Kleidung tragen dürfen – und das sindimmerhin rund 30% aller Insassen – ist der Nachweis erbracht, dass dies geht. Sollte es ausGründen der Sicherheit und Ordnung in der jeweiligen JVA nicht möglich sein, private Kleidungzu tragen, kann das Tragen von Anstaltskleidung angeordnet werden. Wenn aber dieSicherheit und Ordnung nicht gefährdet ist, spricht auch nichts dagegen, private Kleidung zutragen; zumal die Gefangenen dann ja auch selbst die Kosten für die Reinigung und Reparaturtragen werden.Und wenn wir schon gerade bei der Resozialisierung von Gefangenen sind, da erscheint es mirdoch klar, dass es immer wichtig ist, dass die Menschen auch Kontakt zu ihren Familienaufrechterhalten können. Da ist es dann auch notwendig, dass Möglichkeiten geschaffenwerden, damit man über neue Formen der Telekommunikation miteinander in Kontakt tretenkann. Im Übrigen kann nach unserem Gesetzentwurf die Nutzung von neuenTelekommunikationsmöglichkeiten gestattet werden – muss aber nicht. Die Regelungen fürdie Nutzung von beispielsweise Skype richten sich dann nach den Regelungen für Besuche; wasauch logisch ist. Wenn ein Gespräch während eines Besuchs unter bestimmtenRahmenbedingungen möglich ist, dann sollte ein Gespräch über Skype unter den gleichenBedingungen auch möglich sein. Es geht also nicht um eine unbegrenzte Nutzung dieser neuenTelekommunikationsmittel, sondern darum, dass die Möglichkeit geschaffen wird, dassMenschen über längere physische Distanzen hinweg miteinander reden können, damit derKontakt zu beispielsweise den Familien nicht abbricht. Der Kontakt des Gefangenen zu seinemKind im Rheinland oder in Bayern wird dabei genauso ermöglicht, wie die Aufrechterhaltungvon familiären Kontakten nach Litauen, Russland oder Spanien. Das alles kann derResozialisierung dienen und deshalb gehen wir diesen Weg. 4Alles in allem kann man sagen, dass wir ein sehr modernes Strafvollzugsrecht bekommenwerden, das auf der Höhe der Zeit ist. Und das ist und bleibt auch notwendig.Hinweis: Diese Rede kann hier ab den folgenden Tag als Video abgerufen werden:http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html