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20.07.16
17:43 Uhr
SPD

Simone Lange zu TOP 52B: Kampf gegen Terror nicht allein durch Sicherheitsbehörden zu gewinnen

Es gilt das gesprochene Wort!


Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html



Kiel, 20. Juli 2016


TOP 52B, Gefahren durch religiös motivierte Gewalt abwenden (Drs. 18/4469)



Simone Lange:
Kampf gegen Terror nicht allein durch Sicherheitsbehörden zu gewinnen


Der Dringlichkeitsantrag der FDP aufgrund der Terroranschläge in Nizza und Würzburg ist einerseits begründet, weil ohne Frage wir alle solche Verbrechen zutiefst verurteilen und an der Seite der Opfer und deren Angehörigen stehen. Der Antrag ist aber auch in einigen Punkten reflexhaft und in einer Haltung, die wir nicht einnehmen sollten.
Sowohl der abscheuliche Amoklauf in Nizza als auch die Einzeltat des vermutlich aus Pakistan stammenden Täters zeigen nämlich ein neues Phänomen, dem wir uns mit kühlem Kopf stellen müssen. In beiden Fällen fällt auf, dass sich hier zwei Einzeltäter in kürzester Zeit selbst radikalisiert haben, um anschließend in suizidaler Vorgehensweise Täter zu werden. Und der IS macht sich die suizidalen Anhänger zunutze, um nachträglich für sich in Anspruch zu nehmen, sich zu diesen Taten zu bekennen.
Ich will damit sagen, dass wir nicht mehr nur mit jungen Menschen zu tun haben, die über einen langen Zeitraum und festen Verbindungen mit dem IS zusammenarbeiten. Wir haben, um es 2



ganz vereinfacht auszudrücken, mit einer Art Fangemeinde zu tun, die einzeln Täter werden und wo der IS sich diese Taten auf seine Fahnen schreibt.
Amokläufer oder Terrorist? Terroranschläge sind in der Regel sehr gut und lange vorgeplant, Amokläufer dagegen plötzlich, unmotiviert und wahllos in der Ausübung der Gewalt. Aber hier haben wir es mit einer Mischung aus beidem zu tun, zumindest nach den Kenntnissen, die wir bis heute haben können.
Was also tun? Unbestritten müssen unsere Sicherheitsbehörden so ausgestattet werden, dass sie alle notwendigen Maßnahmen ergreifen können, um die Taten zu verhindern oder im Falle des Falles schnellstmöglich den oder die Täter dingfest zu machen.
ABER: Wir müssen erkennen, dass der Kampf gegen den Terror nicht allein durch die Sicherheitsbehörden gewonnen werden kann! Wir müssen es schaffen, durch Aufklärung, Orientierung und Empowerment insbesondere den jungen Menschen unserer Gesellschaft Perspektiven zu geben, so dass es erst gar nicht dazu kommt, dass sie sich radikalisieren lassen.
Junge Menschen, die auf der Suche nach einer religiösen Orientierung sind, müssen im Rahmen der rechtsstaatlichen Möglichkeiten eine sichere Orientierung erfahren können. Andererseits müssen junge Menschen im Laufe ihrer Schul- und Ausbildung Perspektiven entwickeln können, die sie zu einer erfolgreichen Erwerbsbiografie hinführen.
Wenn es diese Möglichkeiten nicht gibt, junge Menschen sich perspektivlos mehr und mehr isolieren, allein stehen, sich zurückziehen und von uns nicht mehr wahrgenommen werden, erhöht sich die Gefahr, dass diese jungen Menschen von anderen, im schlimmsten Fall eben radikalen Kräften eingenommen werden oder sie keinen Ausweg mehr für ihr Leben sehen, und sie dann suizidal Amok laufen. Diese Muster finden Sie bei den verschiedensten Tätern wieder und diese Muster sind kein neues Phänomen!
Es geht um Aufklärung, es geht um ganzheitliche gesellschaftspolitische Ansätze und es geht um Perspektiven.
Die Landesregierung hat sowohl die Landespolizei als auch den Verfassungsschutz personell aufgestockt. Auch die Spezialeinheiten der Landespolizei haben eine personelle Unterstützung erfahren. 3



Der Verfassungsschutzbericht weist aus, wie viele Personen im Zusammenhang mit religiös motiviertem Extremismus in Verbindung und entsprechend unter Beobachtung stehen. Gefährderansprachen werden durchgeführt, genauso wie entsprechende Umfeldarbeit geleistet, um jeden Hinweis auf eine geplante Tat so frühzeitig wie möglich zu erkennen und Straftaten zu verhindern.
Die Landesregierung hat 300.000 EUR in landesweite Präventionsarbeit bei religiös motiviertem Extremismus investiert. Das ist übrigens neu. Die Vorgängerregierung hatte sich hier noch nicht engagiert.
Lassen Sie uns gemeinsam im Fachausschuss über die richtigen Maßnahmen diskutieren. Ich bin mir sicher, dass wir gemeinsam auch die richtigen Antworten auf die aktuellen Fragen finden und geben werden.