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10.06.16
21:23 Uhr
SSW

Lars Harms: Politik ist nicht käuflich und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit externen Partnern ist kein Gemauschel

Presseinformation Kiel, den 10. Juni 2016

Es gilt das gesprochene Wort



Lars Harms
TOP 51 Offenlegung von „Gesetzgebungs-Outsourcing“
Drs. 18/897


„Politik ist nicht käuflich und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit externen Partnern ist kein Gemauschel.“

Gesetzgebungsoutsourcing. Dieses 24-Buchstaben-Ungetüm soll einen Skandal
suggerieren. Es geht um die Frage der bezahlten Beteiligung von Dritten – die
Antragsteller nennen ausdrücklich Juristen - bei der Normsetzung. Es ist eigentlich
ganz einfach. Es gilt für die Gesetzgebung das Strucksche Gesetz, wonach kein Gesetz
den Bundestag bzw. den Landtag so verlässt, wie es hineinkommt – auch keines, an
dem Externe mitgearbeitet haben. Experten, Fraktionen, Nutzer und nicht zuletzt
Journalisten nehmen sich Gesetze vor. Und dann werden sie geändert; in der Regel
verbessert. Neue Formulierungen werden eingearbeitet und alte verworfen. Die 2
Nutzung außerparlamentarischer Expertise ist also nicht die Ausnahme, sondern der
ausdrückliche Normalfall.
Meine Fraktion nimmt jedenfalls für sich nicht in Anspruch, in jeder Fachfrage ohne
Beratung von außen auskunftsfähig zu sein. Ganz im Gegenteil, wir verstehen die
Gespräche mit Verbänden als probates Mittel der Erkenntnisgewinnung. Die
Vorschläge die wir allerdings mit oder ohne die Hilfe von Verbänden und
Organisationen vorlegen, sind ausschließlich unsere Vorschläge und nicht die der
Verbände und Organisationen.



Dabei schätze ich besonders die Anhörungen als ein Korrektiv parlamentarischen
Handelns. Oft genug haben in der Vergangenheit Anzuhörende Dinge gerade gerückt.
Nicht immer unwidersprochen; aber gerade das Zusammenspiel von Rede und
Gegenrede lässt der eigenen Meinungsbildung der Parlamentarier breiten Raum.
Schließlich haben wir weit überwiegend mit Partikularinteressen zu tun. Es liegt an
uns, aus den Einwänden und Argumenten gemeinwohlorientierte Gesetzentwürfe zu
erstellen.
Die Beiträge und Protokolle der Anhörungen sind im Landtagsinformationssystem
nachzulesen; niedrigschwellig und umfassend. Jede Schleswig-Holsteinerin oder jeder
Schleswig-Holsteiner kann nachlesen, welcher Verband welche Stellungnahme
erarbeitet und abgegeben hat. Das ist in lobenswerter Weise technisch aufgearbeitet,
so dass die Vorgänge für Bürgerinnen und Bürger leicht nachzuvollziehen sind, ohne
dass man sich durchs System durchklicken muss.
Dem Landtag wiederum steht zur Kontrolle der gesetzgeberischen Arbeit der
Landesregierung ebenfalls ein bewährtes Instrument zur Verfügung: die Kleine 3
Anfrage. Sie ist ein bewährtes Verfahren, um Auskünfte zu erhalten. Die
Landesregierung liefert auf diesem Wege oftmals Informationen zu
Gesetzgebungsverfahren nach. Und zwar allen, denn die Antworten sind öffentlich und
jederzeit zugänglich. Diese Transparenz hat sich insgesamt bewährt. Darüber hinaus
gibt es dann auch noch die Möglichkeit der Einsichtnahme von Akten und Vorgängen.
Es ist also im Wesentlichen alles nachvollziehbar.



Ich will allerdings nicht verhehlen, dass nicht alle Einflussnahmen öffentlich
rekonstruierbar sind. Es ist nicht immer klar ersichtlich, wer versucht hat, ein Gesetz
umzuformulieren. Das gilt übrigens auch für die Piraten, die alle einladen, sich zu
Gesetzen zu äußern. Auch sie sind nicht gefeit davor, dass Lobbyisten diese Öffnung für
ihre eigenen Zwecke nutzen, indem sie unter falscher Fahne Mails schicken und auf
diese Weise das scheinbar offene System kapern.
Und natürlich kann es auch sein, dass Lobbyisten Gesetzesänderungen vorschlagen.
Das ist natürlich nicht die Regel, aber es ist schon vorgekommen und es ist auch in der
Zukunft denkbar. Und nur dann, wenn Formulierungshilfe und persönliche Vorteile
zusammen kommen, ist es anrüchig. Der persönliche Vorteil ergibt sich, wenn der
Auftragnehmer sich ein Gesetz zusammenschustert, von dem er selbst profitiert. Das
geht natürlich nicht. Hier müssen wir wachsam sein und sind das in der Regel ja auch.



Aber noch einmal: die Formulierungshilfen von Gesetzen oder Verordnungen sind nicht
per se problematisch. Das gilt im Übrigen sowohl für Gesetzentwürfe von Regierungen
als auch von Fraktionen. Dass also der Wissenschaftliche Dienst hier als quasi
Außenstehender Hilfestellung gibt ist genauso sinnvoll, wie die Hilfestellungen durch 4
private Anwaltskanzleien. Bedient sich beispielsweise eine Fraktion dieser Hilfen, so
sind diese Hilfen erst einmal auch schützenswert. Man kann Gesetzesformulierungen
umsetzen oder auch verwerfen. Am Ende ist entscheidend, was die Fraktion aus diesen
Vorschlägen macht und welche sie dem Parlament vorlegt. Dieser Verlauf der
Zusammenarbeit muss weiterhin geschützt sein. Fraktionen sind ausschließlich
politisch an dem zu messen, was sie dann auch tatsächlich vorschlagen und da sind
dann auch die späteren Anhörungen ein gutes Korrektiv. Politik ist nicht käuflich und
vertrauensvolle Zusammenarbeit mit externen Partnern ist kein Gemauschel, so sehr
es sich die Piraten in ihrer Skandalisierungswut auch wünschen mögen. Die Welt ist
zum Glück eine völlig andere.


Hinweis: Diese Rede kann hier ab den folgenden Tag als Video abgerufen werden:
http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html