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10.06.16
20:57 Uhr
SSW

Lars Harms: Das Bild der Totalüberwachung das gerne gezeichnet wird, ist meines Erachtens so übertrieben wie falsch

Presseinformation Kiel, den 10.06. 2016

Es gilt das gesprochene Wort



Lars Harms TOP 24 + 48+49 Privatsphäre und Videoüberwachung in öffentlichen Verkehrsmitteln Drs. 18/4195, 18/4244 u . 18/4245

„Das Bild der Totalüberwachung das gerne gezeichnet wird, ist meines Erachtens so übertrieben wie falsch.“

Es ist ja nicht das erste Mal, dass wir hier im Landtag Debatten in Sachen Videoüberwachung
führen. Uns liegen hier zwei Berichte und Beschlussempfehlungen vor, zu Anträgen, die ein
ordentliches und ausführliches parlamentarisches Verfahren durchlaufen haben. Es hat jeweils
eine Debatte hierzu im Parlament gegeben, sie wurden in mehreren Sitzungen in den
Ausschüssen beraten und darüber hinaus hat es auch Anhörungen dazu geben. Das ist ein fairer
Umgang mit den Anträgen und wie ich meine, ist es auch dem Thema angemessen.
Wenn es um Videoüberwachung geht – ob in Bussen, Zügen oder in den Bahnhöfen – dann sind
wir ganz schnell auch in einem Bereich der Persönlichkeitsrechte. Die Beobachtung von Personen
im öffentlichen oder nicht öffentlichen Raum und die Aufzeichnung der Bilder stellen Eingriffe in
das grundrechtlich geschützte Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar. 2
Auf der anderen Seite geht es bei der Videoüberwachung in öffentlichen Verkehrsmitteln und
Bahnhöfen um das Schutzbedürfnis der Menschen und um Verbrechensaufklärung. Wir befinden
uns hier also immer in einem Abwägungsprozess.
Daher liegt an uns, an der Politik, zu entscheiden, welchen Weg wir einschlagen wollen. Das Bild
der Totalüberwachung das gerne gezeichnet wird, ist meines Erachtens so übertrieben wie
falsch. Von solch einem Szenario sind wir so weit entfernt wie Herr Breyer von der Realität.



Wir haben uns inzwischen eine klare Linie erarbeitet; und die ist sicherlich fraktionsübergreifend
gültig. Der Landtag lehnt sowohl die Datensammelwut jeglicher Art, als auch freie Zugriffsrechte
auf Videodaten sowie die dauerhafte Speicherung von Daten ab. Wir haben hier im Haus den
Konsens, dass nicht alles, was technisch möglich ist, auch technisch umgesetzt werden darf. In
jedem Fall müssen die datenschutzrechtlichen Fragen im Vorwege geklärt sein. Und hier kommt
es zum Beispiel darauf an, genau und restriktiv festzulegen, wie lange Aufnahmen gespeichert
werden können und dass Videoaufnahmen auch automatisch – also ohne willkürlichen Eingriff
des Menschen – getätigt werden. So kommt es überhaupt nicht infrage, dass beispielsweise
Eisenbahnunternehmen Bilddateien aus ihren Zügen dauerhaft speichern.
Genauso gilt, dass wir keine Notwendigkeit sehen für eine lückenlose und anlasslose
Videoüberwachung im Schienenpersonennahverkehr. Der Einsatz von Videoüberwachung darf
nur nach sorgfältiger Prüfung im Einzelfall vorgenommen werden. Das kann dann auch
bedeuten, dass die Videoüberwachung auf bestimmten Strecken zulässig sein kann. Wenn wir
also über Kameras in Zügen sprechen, dann müssen wir die Einsatzbereiche genau festlegen und
die Weiterverarbeitung der Daten, deren Speicherung und Zugriffsrechte genau festlegen. Und
nach unserer Auffassung muss auch offen darauf hingewiesen werden, dass Kameras installiert
sind. Wenn all dies eingehalten wird, dann – glauben wir – ist der Eingriff in die Privatsphäre
hinnehmbar. Allerdings unterhalb dieser Schwelle sollte man sich auch nicht bewegen. 3
Bezüglich der Videoüberwachung an Bahnhöfen, liegt uns eine Beschlussempfehlung vor, die
unter anderem von den Piraten mitgetragen wird, wo die Deutsche Bahn gebeten wird, eine
unabhängige wissenschaftliche Untersuchung von Wirksamkeit, Kosten, unerwünschten
Nebenwirkungen und Alternativen zu Videobeobachtung oder -aufzeichnung von Fahrgästen an
Bahnhöfen und in Fahrzeugen in Auftrag zu geben. Insbesondere sollen die Ergebnisse
Aufschluss geben über die Straftaten, deren Häufigkeit und Aufklärungsrate im Vergleich von
Bahnhöfen und Fahrzeugen mit und ohne Videoüberwachung. Bis zur Veröffentlichung der
Ergebnisse soll die Videoüberwachung oder -aufzeichnung von Fahrgästen nicht ausgeweitet
werden.
Für den SSW stelle ich fest, dass wir uns ausführlich und umfangreich mit dem Thema
„Videoüberwachung“ in Zügen und Bahnhöfen befasst haben. Zudem wurde eine Untersuchung
in Auftrag gegeben, deren Ergebnis wir jetzt abwarten sollten. Daher lehnen wir auch den
vorliegenden Antrag der Piraten ab.



Hinweis: Diese Rede kann hier ab den folgenden Tag als Video abgerufen werden:
http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html