Lars Harms: Das Bild der Totalüberwachung das gerne gezeichnet wird, ist meines Erachtens so übertrieben wie falsch
Presseinformation Kiel, den 10.06. 2016Es gilt das gesprochene WortLars Harms TOP 24 + 48+49 Privatsphäre und Videoüberwachung in öffentlichen Verkehrsmitteln Drs. 18/4195, 18/4244 u . 18/4245 „Das Bild der Totalüberwachung das gerne gezeichnet wird, ist meines Erachtens so übertrieben wie falsch.“Es ist ja nicht das erste Mal, dass wir hier im Landtag Debatten in Sachen Videoüberwachungführen. Uns liegen hier zwei Berichte und Beschlussempfehlungen vor, zu Anträgen, die einordentliches und ausführliches parlamentarisches Verfahren durchlaufen haben. Es hat jeweilseine Debatte hierzu im Parlament gegeben, sie wurden in mehreren Sitzungen in denAusschüssen beraten und darüber hinaus hat es auch Anhörungen dazu geben. Das ist ein fairerUmgang mit den Anträgen und wie ich meine, ist es auch dem Thema angemessen.Wenn es um Videoüberwachung geht – ob in Bussen, Zügen oder in den Bahnhöfen – dann sindwir ganz schnell auch in einem Bereich der Persönlichkeitsrechte. Die Beobachtung von Personenim öffentlichen oder nicht öffentlichen Raum und die Aufzeichnung der Bilder stellen Eingriffe indas grundrechtlich geschützte Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar. 2Auf der anderen Seite geht es bei der Videoüberwachung in öffentlichen Verkehrsmitteln undBahnhöfen um das Schutzbedürfnis der Menschen und um Verbrechensaufklärung. Wir befindenuns hier also immer in einem Abwägungsprozess.Daher liegt an uns, an der Politik, zu entscheiden, welchen Weg wir einschlagen wollen. Das Bildder Totalüberwachung das gerne gezeichnet wird, ist meines Erachtens so übertrieben wiefalsch. Von solch einem Szenario sind wir so weit entfernt wie Herr Breyer von der Realität.Wir haben uns inzwischen eine klare Linie erarbeitet; und die ist sicherlich fraktionsübergreifendgültig. Der Landtag lehnt sowohl die Datensammelwut jeglicher Art, als auch freie Zugriffsrechteauf Videodaten sowie die dauerhafte Speicherung von Daten ab. Wir haben hier im Haus denKonsens, dass nicht alles, was technisch möglich ist, auch technisch umgesetzt werden darf. Injedem Fall müssen die datenschutzrechtlichen Fragen im Vorwege geklärt sein. Und hier kommtes zum Beispiel darauf an, genau und restriktiv festzulegen, wie lange Aufnahmen gespeichertwerden können und dass Videoaufnahmen auch automatisch – also ohne willkürlichen Eingriffdes Menschen – getätigt werden. So kommt es überhaupt nicht infrage, dass beispielsweiseEisenbahnunternehmen Bilddateien aus ihren Zügen dauerhaft speichern.Genauso gilt, dass wir keine Notwendigkeit sehen für eine lückenlose und anlassloseVideoüberwachung im Schienenpersonennahverkehr. Der Einsatz von Videoüberwachung darfnur nach sorgfältiger Prüfung im Einzelfall vorgenommen werden. Das kann dann auchbedeuten, dass die Videoüberwachung auf bestimmten Strecken zulässig sein kann. Wenn wiralso über Kameras in Zügen sprechen, dann müssen wir die Einsatzbereiche genau festlegen unddie Weiterverarbeitung der Daten, deren Speicherung und Zugriffsrechte genau festlegen. Undnach unserer Auffassung muss auch offen darauf hingewiesen werden, dass Kameras installiertsind. Wenn all dies eingehalten wird, dann – glauben wir – ist der Eingriff in die Privatsphärehinnehmbar. Allerdings unterhalb dieser Schwelle sollte man sich auch nicht bewegen. 3Bezüglich der Videoüberwachung an Bahnhöfen, liegt uns eine Beschlussempfehlung vor, dieunter anderem von den Piraten mitgetragen wird, wo die Deutsche Bahn gebeten wird, eineunabhängige wissenschaftliche Untersuchung von Wirksamkeit, Kosten, unerwünschtenNebenwirkungen und Alternativen zu Videobeobachtung oder -aufzeichnung von Fahrgästen anBahnhöfen und in Fahrzeugen in Auftrag zu geben. Insbesondere sollen die ErgebnisseAufschluss geben über die Straftaten, deren Häufigkeit und Aufklärungsrate im Vergleich vonBahnhöfen und Fahrzeugen mit und ohne Videoüberwachung. Bis zur Veröffentlichung derErgebnisse soll die Videoüberwachung oder -aufzeichnung von Fahrgästen nicht ausgeweitetwerden.Für den SSW stelle ich fest, dass wir uns ausführlich und umfangreich mit dem Thema„Videoüberwachung“ in Zügen und Bahnhöfen befasst haben. Zudem wurde eine Untersuchungin Auftrag gegeben, deren Ergebnis wir jetzt abwarten sollten. Daher lehnen wir auch denvorliegenden Antrag der Piraten ab.Hinweis: Diese Rede kann hier ab den folgenden Tag als Video abgerufen werden:http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html