Kai Vogel zu TOP 24, 48, 49: Diskussion zur Videoüberwachung ist eine Phantomdebatte
Es gilt das gesprochene Wort!Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html Kiel, 10. Juni 2016TOP 24, 48,49: Privatsphäre in öffentlichen Verkehrsmitteln achten, flächendeckende Videoüberwachung von Fahrgästen verhindern / Entschließung zur Videoüberwachung an Bahnhöfen / Lückenlose Videoüberwachung in Schleswig-Holsteins Zügen verhindern (Drs. 18/4195, 18/447, 18/4244, 18/626, 18/4245)Kai Vogel:Diskussion zur Videoüberwachung ist eine PhantomdebatteDer Orwell-Roman „1984“ hat vermutlich alle von uns beeindruckt. Mich während meiner eigenen Schulzeit. Die totale Überwachung durch den Staat – eine fürchterliche Vorstellung! Im Jahre 2000 dann die erste Ausstrahlung des Fernsehformats „big brother“ und wir konnten genau das erleben, was viele von uns Jahre zuvor massivst ablehnten. Und wer von Ihnen hat nicht mal das Dschungelcamp im Fernsehen angeschaut! Eine Videokontrolle, die uns ermöglicht, jeden Schritt der Kandidaten mitzuerleben. Warum hat sich das Bewusstsein bei vielen von uns gewandelt?Vielerorts gibt es Kameraüberwachung. Immer an Plätzen oder in Gebäuden, die ein gewisses Gefährdungspotential haben. Der Nutzen als Schutz des eigenen Lebens wird heute höher bewertet als eine vermeintlich unberechtigte Videoaufzeichnung. Auch hier im Landtag werden wir bei der Einfahrt in die Tiefgarage, beim Betreten und Verlassen des Gebäudes und rund um 2das Gebäude von Videokameras erfasst. Ich glaube nicht, dass jemand von uns hier diese Überwachung des Sicherheitspersonals für eine Schikane hält.Heute geht es um die Zulässigkeit und auch den eventuellen Nutzen von Videoüberwachung in Zügen und auch in Bahnhöfen. Busse haben bereits heute vielfach eine Videoüberwachung, damit auch von der Fahrerseite die hinteren Winkel des Fahrzeugs überblickt werden können. Beim HVV haben sehr viele Linienbusse Kamerasysteme, damit es nicht zu Verletzungen beim Ein- oder Aussteigen kommt. Ich kann zwar nicht sagen, wie viele Menschen durch die Kamerasysteme vor Verletzungen bewahrt worden sind, die sie ohne eine Kamera hätten erleiden müssen. Es wird aber niemanden geben, der genau wegen der Videoüberwachung verletzt wurde.Schutz vor Gewalt kann eine Videoüberwachung bieten, aber natürlich keine Garantie. Die Piraten haben nun Angst vor einer totalen Überwachung, und zwar immer unter der Annahme, dass jede Form der Überwachung eine Gefahr darstellt und nicht ein Mehr an Sicherheit bringen könnte. An Bahnhöfen und in öffentlichen Verkehrsmitteln wird es immer Bereiche geben, die ohne Kameraaufzeichnung sein werden. Jedenfalls bisher ist die Technik noch nicht so weit, jeden Winkel erfassen zu können.Um einen Überblick zu erhalten, welche Erfahrungen und welcher Nutzen ggf. durch Videoüberwachung an Bahnhöfen und Fahrzeugen gemacht wurden, hat der Innen- und Rechtsausschuss mit seiner Mehrheit eine Entschließung zur Videoüberwachung an Bahnhöfen beschlossen. Die DB möge – das ist jetzt verkürzt – eine unabhängige wissenschaftliche Untersuchung der Wirksamkeit von Videoüberwachung von Fahrgästen an Bahnhöfen und in Fahrzeugen in Auftrag geben.Auch der Wirtschaftsausschuss hat sich bereits mit dem Thema befasst. Das wurde im Zusammenhang mit der Ausschreibung des Vergabeverfahrens Netz-West diskutiert. Diese Ausschreibung ist abgeschlossen. Die Videoüberwachung wäre optional möglich gewesen, die Option ist aber nicht zur Anwendung gekommen. Daher ist die jetzige Debatte, die von den Piraten unbedingt heute diskutiert werden sollte, eine absolute Phantomdebatte. Es steht tagesaktuell keine neue Ausschreibung an. Wir haben daher im Wirtschaftsausschuss entschieden, bei den kommenden Vergabeverfahren den Einsatz von Videoüberwachung noch 3einmal ganz genau zu prüfen. Ohne einen nachweisbaren Anlass wird es keine Videoüberwachung geben.Auch die Zustimmung des Wirtschaftsministers, dass eine Videoüberwachung im ÖPNV generell möglich sein soll, ist hier immer anlassbezogen zu betrachten. Das ist nach unserer Auffassung ein vertretbarer Kompromiss, denn eine flächendeckende Videoüberwachung wird dadurch ausgeschlossen. Gleichzeitig können wir aber flexibel dort, wo es dringend nötig ist, zur objektiven und nicht zuletzt subjektiven Sicherheit beitragen. Denn das Sicherheitsgefühl ist von Natur aus ein sehr persönliches.Lieber Herr Breyer, wenn Sie vielleicht einmal eigene Kinder haben, werden Sie merken, wie sich bestimmte Einstellungen verändern. Ich bin froh, dass es die Möglichkeit einer Videoüberwachung gibt, meine Kinder sind dadurch keinesfalls unsicherer unterwegs.