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10.06.16
18:29 Uhr
SSW

Flemming Meyer: Fachkräfteinitiative "Zukunft im Norden" hat alle Akteure an Bord

Presseinformation Kiel, den 10.06.2016

Es gilt das gesprochene Wort



Flemming Meyer TOP 39 Fachkräftesicherung aktiv gemeinsam gestalten Drs. 18/4274


„Das gemeinsame Ziel, das alle beteiligten Akteure mit ihrer Unterschrift besiegelten: Schleswig-Holstein soll seinem Anspruch als „Land der guten Arbeitsbedingungen“ gerecht werden.“


Bevor aus einem Berufsanfänger oder einem Quereinsteiger eine Fachkraft wird, vergeht eine
ganz schön lange Zeit. Zeit, die der Beschäftigte nicht hundertprozentig dem Betrieb zur
Verfügung steht, sondern in der erst einmal zuschauen und lernen muss. Dementsprechend
machen sich einige Betriebe gar nicht erst die Mühe: sie versuchen, ihre Abläufe weitestgehend
zu automatisieren, so dass sie mit angelernten Kräften auskommen. Andere Betriebe bilden
prinzipiell nicht aus, weil sie die Kosten dafür nicht schultern wollen; Danfoss Silicon Power in
Flensburg ist so ein Beispiel. Diese Betriebe werben lieber Gesellen aus dem Handwerk ab.
Diese Praxis funktionierte jahrelang ganz gut. Bis die geburtenschwachen Jahrgänge den 2


Arbeitsmarkt erreichten. Auf einmal hörte man allerorten das Wehklagen über stornierte
Aufträge. Mangelnde Fachkräfte hätten das zu verantworten.



Viele Betriebe waren da nicht ganz ehrlich. Das hat sich mit der Fachkräfteinitiative "Zukunft
im Norden" inzwischen grundlegend geändert, weil das Prinzip nämlich auf Gemeinsamkeit
und Offenheit beruht. Seit mittlerweile dreieinhalb Jahren ziehen Wirtschaftsverbände,
Kammern, die Bundesagentur für Arbeit, Gewerkschaften, Hochschulen und die kommunalen
Spitzenverbänden an einem Strang. Somit sind alle Akteure im Boot, die Einfluss auf den
Arbeitsmarkt haben. Die Kammer kennen die genauen Zahlen und die Befindlichkeiten auch
der kleinen und mittleren Betriebe, während die Gewerkschaften auf die Rahmenbedingungen
guter Arbeit hinweisen.



So hat der Deutsche Gewerkschaftsbund beispielsweise im letzten Jahr über 400 Sylt-Pendler
nach ihren Arbeitsbedingungen gefragt. Die Antworten fielen teilweise katastrophal aus bis
hin zu eindeutigen Verstößen gegen das Mindestlohngesetz. Dreiviertel aller Sylt-
Beschäftigten des Reinigungsgewerbes und der Gastronomie fühlen sich in ihrer Arbeit nicht
wertgeschätzt. Da wundert es keinen, wenn Kellnerinnen und Köche reihenweise andere Jobs
suchen und die Insel verlassen. Die Folge sind freie Stellen in fast allen kleinen
Gastronomiebetrieben zwischen List und Hörnum. Das ist aber kein Indiz für einen
Fachkräftemangel, sondern das Ergebnis schlechter Rahmenbedingungen. Andere Betriebe auf
Sylt haben nämlich keine Rekrutierungsprobleme: bei ihnen stimmen die
Rahmenbedingungen. In der Gastronomie muss sich also noch eine ganze Menge bewegen.



In der Fachkräfteinitiative wird so etwas angesprochen. Das gemeinsame Ziel lautet: eine
mitarbeiterorientierte Personalpolitik und die Schaffung attraktiver Arbeitsbedingungen. Das 3


kann man in den entsprechenden Vereinbarungen nachlesen. Attraktive Rahmenbedingungen
sind nämlich der Schlüssel zur Fachkräftebindung und Fachkräftegewinnung. Das gemeinsame
Ziel, das alle beteiligten Akteure mit ihrer Unterschrift besiegelten: Schleswig-Holstein soll
seinem Anspruch als „Land der guten Arbeitsbedingungen“ gerecht werden. Diese sind noch
nicht in allen Branchen bzw. alle Regionen erreicht. Aber der Tanker bewegt sich:
Teilzeitmodelle, berufsbegleitende Ausbildungsgänge, Engagement für Frauen in der
nachfamiliären Phase. Das gibt es schon alles. Aber immer noch verlassen zu viele Schülerinnen
und Schüler die Schule ohne Abschluss. Dem Übergangsmanagement gilt darum unser aller
Augenmerk. Wie das geht, zeigt sich in Neumünster mit der Jugendberufsagentur, die auch
den Jugendlichen in den ersten Arbeitsmarkt hilft, die keinen Schulabschluss haben.
Eine andere Gruppe, die gefördert werden muss, sind die Beschäftigten, die 55 Jahre und älter
sind. Wird jemand in diesem Alter arbeitslos, hat er oder sie kaum eine Chance auf dem
Arbeitsmarkt. Dabei sind doch die Fähigkeiten und Kenntnisse dieses Beschäftigten besonders
wertvoll. Es ist zu begrüßen, dass die Fachkräfteinitiative diese Gruppe besonders im Blick hat.



Tausende von Beschäftigten werden in den nächsten Jahren in Rente gehen; das ist ein
Fachkräfteabfluss, wie es ihn historisch in Deutschland noch nicht gegeben hat. Davon ist nicht
zuletzt auch die Landesverwaltung betroffen. Neue Beschäftigungs- und
Qualifizierungsmodelle sind dringend von Nöten. Die Drogeriekette DM bietet zum Beispiel ein
Ausbildungsprogramm speziell für Studienabbrecher an; auch eine Gruppe, die erhebliches
Potenzial zur Lösung der Fachkräftemangels stellt. Ich bin davon überzeugt, dass andere
Betriebe ähnliche Projekte in Gang bringen werden. Gut, dass wir die Fachkräfteinitiative
haben, die solche Modelle dann auch kommuniziert.



Hinweis: Diese Rede kann hier ab den folgenden Tag als Video abgerufen werden: 4


http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html