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10.06.16
09:33 Uhr
Landtag

Landtagspräsidentenkonferenz in Wiesbaden: EU muss begreifen, dass Landesparlamente Verfassungsorgane und keine Lobbyisten sind

Nr. 115 / 10. Juni 2016

Landtagspräsidentenkonferenz in Wiesbaden: EU muss begreifen, dass Landesparlamente Verfassungsorgane und keine Lobbyisten sind

Die Präsidenten der deutschen Landesparlamente nehmen die Zusammenarbeit mit der Eu- ropäischen Union ins Visier. Landtagspräsident Klaus Schlie hat dazu gemeinsam mit den weiteren Teilnehmern der Landtagspräsidentenkonferenz vom 5. bis 7. Juni in Wiesbaden eine Erklärung verabschiedet. Ein Schwerpunkt: Die Landtage wollen bei der Europäischen Union nicht mit Lobbyisten gleichgesetzt werden. Zugleich gaben die Konferenzteilnehmer ein klares Bekenntnis zu Europa ab und wollen zukünftig noch näher an die EU heranrü- cken. Allerdings müsse vor allem die EU-Kommission begreifen, welche gewichtige Rolle die Länderparlamente als Gesetzgebungsorgane im Rahmen der föderalen Ordnung spie- len.

In einer gesonderten Stellungnahme zum EU-Transparenzregister erklärten die Landtagspräsiden- ten, dass sie eine faktische Gleichsetzung mit Lobbyvertretern nicht hinnehmen. Die Pläne der EU sehen vor, die Registrierungspflicht im Transparenzregister auf regionale Parlamente auszuweiten. Dies sei „inakzeptabel“, heißt es in der Wiesbadener Erklärung, denn „Landesparlamente sind de- mokratisch gewählt, vertreten das Allgemeinwohl und sind Verfassungsorgane“. Die Landtagsprä- sidentenkonferenz unterstütze nachdrücklich die bereits vom Bundesrat und der Europaminister- konferenz geäußerten Bedenken, erklärten die Teilnehmer am Dienstag in ihrer gemeinsamen Stellungnahme.
Gleichzeitig warnten die Präsidenten der deutschen Länderparlamente vor wachsender Skepsis und sinkendem Vertrauen der Bürger in Europa. „Europa ist in der Krise“ und werde nicht als Ver- antwortungsgemeinschaft wahrgenommen. Die regionalen Parlamente seien für die EU sowohl Chance als auch Pflicht. „Europa wächst im Dialog mit den regionalen Parlamenten“, aber: „Euro- papolitik ist Innenpolitik. Die Europäische Union reguliert auch Politikfelder, die in der Verantwor- tung der regionalen Parlamente mit Gesetzgebungsbefugnis stehen“, heißt es in der europapoliti- schen Erklärung. Dem pflichtete Parlamentspräsident Klaus Schlie bei: „Die EU kann nicht an uns 2

vorbeientscheiden. Schleswig-Holstein ist hier gut aufgestellt durch die Vereinbarung mit der Lan- desregierung, zweimal im Jahr gemeinsam europapolitische Schwerpunkte festzulegen“.
Er unterstützte auch die Forderung der Präsidentenkonferenz, dass die EU die Landtage so früh und umfassend wie möglich in die Rechtssetzungsprozesse einbinden und informieren müsse. „Ohne Informationen können wir nicht arbeiten“, mahnte Schlie. „Die regionalen Parlamente müs- sen in Brüssel Flagge zeigen. Glücklicherweise tut der Schleswig-Holsteinische Landtag dies mit einem Vertreter in Brüssel bereits.“
Trotz ihrer Kritik wollen die Präsidenten der deutschen Länderparlamente näher an die EU heran- rücken, denn „zu einem geeinten Europa gibt es keine Alternative“. Dafür möchten sie ihre Prä- senz mit regelmäßigen Zwischenkonferenzen in Brüssel verstärken, bei denen Kommissar Oettin- ger als Vermittler zur Verfügung stehen wird. Außerdem wünschen sich die Parlamente, dass ein hochrangiger Vertreter der EU-Kommission bei den alle zwei Jahre stattfindenden Landtagspräsi- dentenkonferenzen teilnimmt.
In einem weiteren Schwerpunkt der Wiesbadener Erklärung bekannten sich die Landtagspräsiden- ten anlässlich des 70-jährigen Bestehens der Landesverfassungen zur föderalistischen Ordnung Deutschlands: „Zu diesem Föderalismus gibt es in Deutschland keinen tragfähigen Gegenentwurf“, so die Teilnehmer der Konferenz. Die Geschichte und die Erfahrungen der Gegenwart zeigten, dass der Föderalismus Zukunft habe, denn: „Der deutsche Bundesstaat meistert mit seiner jeden Tag unter Beweis gestellten Dynamik die anstehenden innerdeutschen und europäischen Aufga- ben.“ Sein solides Fundament trage die Freiheit der Vielfalt. Deshalb konstatierten die Parlaments- präsidenten: „Der deutsche Föderalismus ist für die Zukunft ausgelegt.“


Hinweis: Die „Beschlüsse von Wiesbaden“ mit der europapolitischen Erklärung können in vollstän- diger Länge unter http://www.landtag.ltsh.de/homedata/kat1/data/LPK_Beschluesse_von_Wiesbaden_2016.pdf heruntergeladen werden.