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09.06.16
17:30 Uhr
SPD

Dr. Ralf Stegner zu TOP 27: Gute Arbeit und sichere Rente gehören zusammen

Es gilt das gesprochene Wort!


Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html



Kiel, 9. Juni 2016


TOP 27: Für eine zukunftssichere Altersversorgung (Drs. 18/4217)



Dr. Ralf Stegner:
Gute Arbeit und sichere Rente gehören zusammen


Wenn eine Partei nicht im Bundestag vertreten ist, muss sie schauen, wo sie ihre Parteitagsbeschlüsse einbringen kann. Das hat Herr Dr. Garg hier getan. Ich meine, er setzt zu Recht damit ein wichtiges Thema auf die Tagesordnung des schleswig-holsteinischen Landtags. Mit manchen Vorstellungen stimmt die Sozialdemokratie überein, mit anderen nicht. Es mag sein, dass die vorliegenden Vorschläge der FDP ein Weg sind, die Rente zukunftssicherer zu machen. Aber sind sie deshalb auch gerecht? An genau dieser Stelle denkt die SPD weiter.
Unsere Gesellschaft ist sozial tief gespalten. Vielen geht es gut oder sehr gut, andere haben wenig Lohn oder eine kleine Rente und wissen oft nicht, wie sie am Monatsende über die Runden kommen. Viele Menschen in Deutschland sind stark verunsichert und suchen Orientierung. Es gibt eine große Angst vor sozialem Abstieg. Und ja, Herr Dr. Garg, auch die Globalisierung, Digitalisierung und die demographische Entwicklung verunsichern die Menschen und fordern der Arbeitswelt Neues ab.
Das Pflege- und Rentensystem benötigt erheblich mehr Finanzmittel, um der demografischen Entwicklung und dem Anspruch der Menschenwürde auch im Alter gerecht zu werden. Altersarmut ist 2



unvereinbar mit sozialer Gerechtigkeit. In der Rentenpolitik sind Weichenstellungen unabdingbar, damit das Rentenniveau in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht weiter fällt, sondern künftig wieder ansteigt.
Dafür ist aber gute Arbeit eine wichtige Voraussetzung. Und gute Arbeit ist ordentlich bezahlt, macht nicht krank und sichert eine solide Altersversorgung. Wir müssen also dafür sorgen, dass Menschen in Arbeit sind und angemessen verdienen – dann haben wir einen großen Schritt zur Bekämpfung von Altersarmut bereits geschafft.
Darüber hinaus gilt es, am System der Rentenversicherung Änderungen vorzunehmen. Ein Rentenniveau von 43 Prozent, das darf es für Normal- und Geringverdiener, die jahrzehntelang gearbeitet haben, nicht geben. Drei weitere wichtige Aspekte möchte ich nennen:
1. Die gesetzliche Rente bleibt Kern des Versicherungssystems und muss gestärkt werden. Es gibt in unserem Land Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die ihr Leben lang in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen und deren Rentenanspruch dennoch unter der Grundsicherung im Alter liegt.
Es erweist sich als Fehler, dass die gesetzliche Rente zu Gunsten von privaten Ergänzungen wie Riester und Rürup beschnitten wurde. Diese gehen aber am Bedarf vorbei. Denn: Diejenigen, die darauf angewiesen wären, können sie oft nicht bezahlen und diejenigen, die sie zahlen könnten, sind meist nicht darauf angewiesen. Künftig müssen wir also in erster Linie die gesetzliche Rentenversicherung wieder stärken, indem alle Bürgerinnen und Bürger einbezogen werden. Nach Gesundheit und Pflege muss das der nächste Zweig einer paritätischen Bürgerversicherung werden. Ein Prozess, der Jahrzehnte dauern wird.
Die SPD Schleswig-Holstein schlägt darüber hinaus vor, zusätzlich zum Erwerbseinkommen künftig das Kapitaleinkommen bei der Beitragsbemessung zu berücksichtigen.
Fördermittel, die für die privaten Riester- und Rürup-Renten verwendet werden, sollen in die gesetzliche Rentenversicherung überführt und dort zur Förderung von freiwilligen zusätzlichen Altersvorsorgezahlungen von Bezieherinnen und Beziehern unterer und mittlerer Einkommen verwendet werden. Bereits bestehende Riester- und Rürup-Renten-Rechtsansprüche sind davon ausgenommen. 3



Ich meine, das wäre eine wichtige Korrektur in der Rentenpolitik.
2. Zur Bekämpfung von Altersarmut braucht es die Solidar-Rente. Um Altersarmut zu verhindern, sollen Menschen, die langjährig gearbeitet haben und denen trotzdem weniger als 850 Euro als Altersbezug zur Verfügung steht, eine Solidar-Rente erhalten, die die Grundsicherung deutlich aufstockt. Die Kosten hierfür sollen aus Steuermitteln finanziert werden.
Ich habe mit Freude gelesen, dass auch die FDP Steuermittel für Rentenzahlungen aufwenden will. Dies wäre bei der sogenannten „Mütterrente“ der richtige Weg gewesen, kommt aber auch für die lange überfällige Angleichung der Renten in Ost und West infrage.
3. Den Übergang zwischen Erwerbsleben und Rente wollen wir flexibel und nach den Wünschen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gestalten. Flexibilität ist hier in einem sozialdemokratischen Sinne zu verstehen. Wir wollen mehr Bewertungskriterien für eine gerechte Festlegung der Altersgrenzen für eine abschlagsfreie Rente einbeziehen. Dazu gehört eine stärkere Orientierung an den Beitragsjahren (gutes Beispiel: abschlagsfreie Rente nach 45 Versicherungsjahren), eine Berücksichtigung der Berufsbiografie und der ausgeübten Berufe sowie die Einbeziehung der statistischen Lebenserwartung.
Aktuell sorgt die Nichtberücksichtigung dieser Kriterien für eine Umverteilung von frühen Berufseinsteigern mit harter körperlicher Arbeit zu späten Berufseinsteigern mit akademischer Ausbildung, deutlich besseren Löhnen und einer erheblich höheren statistischen Lebenserwartung. Da potenziert sich Ungerechtigkeit – das höhlt auch de facto das Äquivalenzprinzip aus.
An der vollzogenen Anhebung des Rentenalters auf 67 halten wir grundsätzlich fest. Allerdings wird diese ausgesetzt, bis die Hälfte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer über 65 in sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung ist.
Herr Dr. Garg legt in seinem Konzept mehr Wert auf Flexibilität à la FDP, aber für uns ist der Aspekt der sozialen Sicherheit à la SPD entscheidend. Wir brauchen ein Rentenniveau, das es Menschen im Alter erlaubt, gut und in Würde zu leben. Rente ist nämlich nicht Sozialleistung nach Kassenlage, sondern Ertrag von Lebensleistung.