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09.06.16
16:00 Uhr
SPD

Dr. Ralf Stegner zu TOP 18: Die CDU braucht bessere Ideen - der echte Norden braucht die Küstenkoalition

Es gilt das gesprochene Wort!


Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html



Kiel, 9. Juni 2016


TOP 18: Änderung der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein (Drs. 18/4270)



Dr. Ralf Stegner:
Die CDU braucht bessere Ideen – der echte Norden braucht die Küstenkoalition


Die Nord-CDU lebt in ihrer eigenen Welt. Nach Abschiebe-TV und Schweinefleisch-Offensive für schleswig-holsteinische Kantinen nun eine Residenzpflicht für Ministerinnen und Minister. Der programmatische Höhepunkt also 2 Tage vor dem Landesparteitag der Union, der die Weichen für die Landtagswahl stellen soll. Sind das die Beiträge, mit der eine parlamentarische Opposition eine Regierungskoalition vor sich hertreiben will?
Das sind die zentralen Kritikpunkte? Sind das die visionären Vorschläge für die Zukunft Schleswig-Holsteins, mit der sich die CDU als Regierungsalternative empfehlen will? Sind das die Qualitätskriterien, die an das CDU-Personal gestellt werden? Ist das die Lebenswirklichkeit von Familien in Schleswig-Holstein, die sich da widerspiegelt? Ist das der viel beschworene Qualitätswettbewerb zwischen dem Herrn Oppositionsführer und Ihrem Spitzenkandidaten in spe? Oder aber ist es nicht viel mehr schlichter Populismus? In der Hoffnung, damit ein Heimatgefühl zu beschwören und dem Lokalpatriotismus ungehemmt zu frönen? 2



Aber selbst, wenn das Ihre Motivlage sein sollte, Herr Günther, glauben Sie nicht, dass Schleswig-Holsteiner tolerante und weltoffene Menschen sind, die sehr wohl auch über die eigenen Landesgrenzen hinausschauen und Familien so leben lassen, wie und wo sie leben wollen? Ist es wirklich unser gemeinsames Schleswig-Holstein, wenn wir Menschen, die nicht hier ihren Erstwohnsitz haben, absprechen, sich voll für dieses Land zu begeistern? Wie weit soll das noch gehen? Wer ist in Schleswig-Holstein geboren? Wer stammt zumindest von Schleswig- Holsteinern ab? Wer kann Plattdeutsch?
Die Quote wird nicht besser. Das gilt übrigens auch für unseren Kreis der Abgeordneten hier. Aber machen wir deshalb eine schlechte Politik oder sind mit weniger Leidenschaft bei der Sache? Haben Sie eigentlich mal den Präsidenten der UV Nord, Uli Wachholtz, gefragt, was er von Ihrer Initiative hält?
Aber, Herr Kollege Günther, Plattdeutsch ginge ja noch, aber Ihr Antrag ist einfach platt. Es ist schon abenteuerlich, wie viel an fieser Insinuation Sie in dieses Thema investieren. So lesen wir in einem Interview in der taz vom Herrn Oppositionsführer über die Berufung Britta Ernsts zur Bildungsministerin in Schleswig-Holstein folgendes wirklich atemberaubende Zitat: „Wir hätten ja auch nicht den Lebenspartner von Ole von Beust in ein Kabinett berufen.“ Mit Blick auf den inneren Frieden in Ihrer Fraktion erspare ich Ihnen nähere Ausführungen dazu, welche Erinnerungen an Amtsvorgänger einem da sofort in den Sinn kommen; und ich verzichte auch auf Andeutungen aus der Hamburger Boulevardpresse. Das müssen Sie mit sich selbst abmachen, ob das der Stil Ihrer Fraktion bleiben soll.
Gegenüber unserer vorzüglichen Bildungsministerin ist das aber eine ausgemachte Flegelhaftigkeit. Vermutlich haben Sie in Ihrer CDU-Fraktion keine Chauvi-Kasse, sonst wäre wohl ein erklecklicher Obolus fällig – oder wie sehen Sie das, Frau Kollegin Rathje-Hoffmann?
2000 noch hatte die CDU in Schleswig-Holstein jedenfalls kein Problem mit Hamburgern im Landeskabinett. Der Hamburger Volker Rühe holte damals die halbe Hamburger Bundestagslandesgruppe der CDU ins Schattenkabinett. Ich erinnere mich an Gunar Uldall und Birgit Schnieber-Jastram. (Da gibt es ein sehr eindrucksvolles Interview von Volker Rühe mit der Hamburger Morgenpost, das ich Ihnen gern zur Verfügung stelle, Herr Kollege Günther.) 3



Aber: Die Wahl ging verloren. Dafür wissen wir jetzt endlich, welche Schlussfolgerung aus der CDU-Wahlanalyse damals offenbar gezogen wurde: Für die Zukunft keine Hamburger mehr ins Kabinett! Ich wage mal die kühne Prognose, dass die CDU-Wahlniederlage vielleicht doch nicht hauptsächlich daran lag.
Nun, vielleicht bewerten Sie Ihre eigenen Erfahrungen mit auswärtigem Personal ja auch nicht so gut – ich denke da an Herrn Dr. Marnette –, aber der hatte sich doch einen Wohnsitz in Kiel genommen und außerdem ändert man wegen sowas normalerweise doch nicht gleich die Verfassung.
Und nun noch ein Wort zu Ihnen, Herr Kubicki. Sie hatten ja durchaus Recht mit Ihrer Kommentierung, wonach es von Altona nach Kiel weniger weit ist als von Sylt. Allerdings: Auch Ihr Seitenhieb auf die SPD geht fehl. Die Nord-SPD hat selbstverständlich hervorragendes Personal. 21 davon sitzen in meiner Fraktion. Wir aber finden, erstklassiges Personal gehört nicht nur in die Regierung, sondern auch ins Parlament.
Worauf kommt es also an? Drei von acht Mitgliedern der Regierung Albig haben ihren Erstwohnsitz nicht in Schleswig-Holstein. Sie sind Pendler, wie tausende andere Menschen in der Metropolregion und im Grenzland auch. Deshalb möchte die CDU die Verfassung ändern.
Bei der Verankerung der Rechte von Kindern, Minderheiten und Pflegebedürftigen in der Verfassung haben Sie sich in der Vergangenheit allerdings erheblich schwerer getan, aber man muss eben Prioritäten setzen, Herr Günther. Sie haben Ihre, wir haben unsere.
Ich sage Ihnen: Vier von acht Regierungsmitgliedern sind weiblich. Und vor allem: acht von acht leisten hervorragende Arbeit für unser Land. Darauf sind wir stolz. Darauf kommt es an.
Wir kümmern uns um die Gerechtigkeitsfragen und die Alltagssorgen der Menschen. Indem wir unsere Vorstellungen zu Bildung, Familienpolitik, Arbeitsbedingungen und Infrastruktur formulieren und dann auch umsetzen, tun wir substanziell etwas, um das Leben der Menschen in Schleswig-Holstein besser zu machen.
Der CDU wünsche ich derweil viel Vergnügen bei der Entwicklung und praktischen Ausgestaltung ihrer programmatischen Ideen. Erst werden die Rundfunkanstalten auf Abschiebungen angesetzt, dann das Schweinefleisch zum Pflichtangebot der Kantinen und jetzt 4



rücken die Einwohnermeldeämter in den Fokus der politischen Überlegungen. So setzt jeder seinen Schwerpunkt.
Die Bürgerinnen und Bürger können am 7. Mai 2017 die programmatischen Vorstellungen der Küsten-Koalition und auch unserer konservativen Herausforderer vergleichen und entscheiden. Und das ist auch gut so.
Also, lieber Herr Kollege Günther, vielleicht denken Sie an Wilhelm Busch, der gesagt hat „Dumme Gedanken hat jeder, nur der Weise verschweigt sie“ und ziehen Ihren Antrag zurück. Sollten Sie diese Weisheit nicht aufbringen, gehe ich davon aus, dass der Rest dieses Hauses diese Verfassungsänderung ablehnen wird.