Flemming Meyer: Wir brauchen Vermarktungsstrategien die auf Regionalität setzen
Presseinformation Kiel, den 08.06. 2016Es gilt das gesprochene WortFlemming Meyer TOP 40 + 59 Antrag zum Strukturbruch in der Landwirtschaft und Bericht „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ Drs. 18/4275 und 18/4068„Wir brauchen Vermarktungsstrategien die auf Regionalität setzen, die damit ein Alleinstellungsmerkmal haben. Die Veredelung der Produkte muss vor Ort geschehen.“Längst wissen wir, dass die Situation für die Milchbauern bei uns im Land kritisch ist. DasPreisniveau für Milch ist gefährlich niedrig, so dass viele Betriebe die täglichen Verluste nichtmehr auffangen können. Notverkäufe von Jungvieh oder Maschinen werden getätigt, umDarlehen zu bedienen oder um auch nur die nächste Rechnung bezahlen zu können. Betriebegeraten in die Insolvenz und Landwirte und deren Familien werden von Existenzängsten geplagt.Die Situation in der Milchwirtschaft gestaltet sich seit Jahren kritisch. Es hat immerPreisschwankungen gegeben, doch das Ausmaß, das wir zur Zeit erleben, ist für vieleMilchbauern existenzbedrohend. Und das schlimme ist, ein Ende ist nicht absehbar. Es gibt keineklare Prognose, wann sich die Situation verbessert. So sieht es leider aus. 2Seit Aufhebung der Milchquote ist der Markt unreguliert. EU-weit produzieren die Bauern zu vielMilch – weit über dem Selbstversorgungsgrad. Diese Überproduktion wirkt sichdementsprechend negativ auf den Erzeugerpreis aus. Das sind die Regeln des Marktes.Gleichwohl, einen solchen Markt haben die Milchbauern nicht gewollt.Die Milchkrise betrifft nicht nur Deutschland. Wir haben es mit einem EU-weitem Problem zutun, das auch nur EU-weit gelöst werden kann. Heute stehen wir vor dem politischen Dilemma,das über Jahrzehnte aufgebaut wurde. Die EU-Landwirtschaftspolitik hat den Markt reguliert. Siehat eingegriffen und diktiert. In der Milchproduktion finden keine Kontrollmechanismen mehrstatt. Mit der Aufhebung der Mengenregulierung wurde die Milchproduktion sich selbstüberlassen. Auf einmal macht der freie Markt die Regeln. Das konnte nicht gut gehen.Daher brauchen wir schnell Lösungen, wie unsere Milchbauern aus dieser Krise nochherauskommen können. Auf dem „Milchgipfel“ in Berlin wurde ein Hilfspaket geschnürt mitmehreren Maßnahmen. Dies sieht unter anderem vor: Steuerentlastungen, Bürgschaften undFreibetragsregelungen zur Schuldentilgung. Zudem hat Bundeslandwirtschaftsminister Schmidtkurzfristige Finanzhilfen in Höhe von 100 Mio. Euro plus X zugesichert. Alles gut und schön. Aberwas Schmidt da der Öffentlichkeit präsentiert hat ist ein Tropfen auf den heißen Stein. Damit istkeinem Bauern nachhaltig geholfen. Dieses Hilfspaket geht völlig an der Realität und an denBeschlüssen seiner Länderkollegen vorbei. Entsprechend harsch war auch die Kritik derErnährungsindustrie und der Milchbauern.Es sind jetzt Lösungen gefordert, die über das hinausgehen, was bisher unternommen wird. Wirbrauchen keine Instrumente, die das drohende Höfesterben künstlich hinauszögert. Wirbrauchen eine Mengenreduzierung um das Preisniveau wieder zu stabilisieren. Dafür muss dieMilchmenge EU-weit runter. Inwieweit dies von den Marktbeteiligten in Eigenregie leistbar ist,mag dahingestellt sein. Ich kann es mir jedoch nicht vorstellen. 3Wir sehen derzeit keine andere Lösung, als eine zeitlich befristete Reduzierung derMilchproduktion. Ich rede hier nicht über die Wiedereinführung der Milchquote. Das was wirwollen ist die Einsetzung eines befristeten Kriseninstruments zur Mengenreduzierung. Und hierreden wir dann über ein Instrument, dass auf EU-Ebene anzuwenden ist. Alles andere wäresinnlos. Das Problem, das ich dabei sehe, sind die Mühlen der EU. Denn wir wissen, dass diesesich nur sehr langsam drehen. Aber diese Zeit haben viele Milchbauern nicht. Daher ist eswichtig, dass von allen Ebenen ein entsprechender Druck auf die EU ausgeübt wird.Das bedeutet auch, dass wir den politischen Druck auf die Bundesregierung nicht aus dem Kesselnehmen dürfen. Ein erster kleiner Erfolg in diese Richtung ist bereits zu verzeichnen, dennmittlerweile hat auch Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt den Weg der Mengenreduzierungerkannt. Leider hat er aber immer noch nicht erkannt, dass zur Lösung des Problems derZeitfaktor eine große Rolle spielt. Das Problem kann nicht auf die lange Bank geschoben werden.Deshalb dürfen wir hier nicht nachlassen.Wenn es gelingt, EU-weit eine temporäre Milchmengen-Reduzierung einzuführen, ist das nochlange nicht das Ende der Fahnenstange. Dann fängt erst die eigentliche Aufgabe an. Diese Zeitwird uns nur kurzfristig eingeräumt. Dieses Zeitfenster muss dann genutzt werden, um für dieMilchbauern nachhaltige Strukturen schaffen.Hier sehen wir die Bauern, die Ernährungsindustrie und den Einzelhandel gemeinsam in derPflicht Lösungen zu finden. Die Politik kann hier aber auch flankierend unterstützen. Dahermüssen auch wir als Politik das Zeitfenster nutzen, um künftig solche Szenarien – wie wir siederzeit erleben – zu verhindern. Das Motto „wachse oder weiche“ muss endlich ausgedienthaben.Wenn wir die Landwirtschaft nachhaltig sichern wollen, dann müssen wir auch über andereStrukturen reden. Soll heißen, wir müssen für unsere die Landwirte Wege finden, die eben nichtauf Quantität setzen. Hier reden wir dann auch über weiter Umschichtungen der beiden Säulen. 4Das erfüllen von Agrarumweltmaßnahmen – die gesellschaftlich gewollt sind – müssen stärkerin den Focus gerückt werden. Wir brauchen Vermarktungsstrategien die auf Regionalität setzen,die damit ein Alleinstellungsmerkmal haben. Die Veredelung der Produkte muss vor Ortgeschehen. Der Verbraucher muss sehen können, woher das Produkt kommt oder wo eshergestellt wird. Das schafft Wertschöpfung in der jeweiligen Region und spricht denVerbraucher direkt an. Dies sind Beispiele die weiter gefördert werden müssen.Der vorliegende Bericht zum GAK macht deutlich, dass solche Maßnahmen zu den vorrangigenFörderzielen gehören. Auch wenn die dort veranschlagten Mittel nicht ausreichen zeigen sie indie richtige Richtung.Hinweis: Diese Rede kann hier ab den folgenden Tag als Video abgerufen werden:http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html