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08.06.16
12:26 Uhr
SSW

Flemming Meyer: CDU-Bundestagsfraktionsvorschläge zur Windstromleistung wären für die Branche der Super-Gau gewesen

Presseinformation Kiel, den 08.06. 2016

Es gilt das gesprochene Wort



Flemming Meyer TOP 1A, 29 u 37 Regierungserklärung und Anträge zum Ausbau der Windkraft Drs. 18/4249 und 18/4271

„Schlimmer geht immer. Das wäre auch der Fall gewesen, wenn sich die Vorschläge der CDU-Bundestagsfraktion durchgesetzt hätten. Demnach war von Seiten der CDU vorgesehen, das Volumen von Windstromleistung an Land auf maximal 51 Gigawatt bis 2020 zu begrenzen. Für die Windbranche wäre das der Super-Gau gewesen.“

Als der Atomausstieg in Deutschland parteiübergreifend beschlossen wurde und die
Energiewende damit ernsthaft eingeleitet wurde, war klar, dass dies kein Selbstgänger wird.
Niemand konnte wirklich erwarten, dass die Umstellung der Energieproduktion von heute auf
morgen und reibungslos verlaufen würde. Die Energiewende ist eine politische und
gesellschaftliche Mammutaufgabe, deren Herausforderungen wir uns immer wieder stellen
müssen. 2
Ich möchte aber deutlich sagen, dass wir als Politik diesen Schritt nicht ohne Grund
unternommen haben. Klimaforscher und -wissenschaftler warnen seit Jahrzehnten vor den
Auswirkungen des Klimawandels und haben immer wieder auf den Treibhauseffekt und die
Erderwärmung hingewiesen. Der Klimawandel hat globale Auswirkungen, die nicht endgültig
abschätzbar sind. Er wirkt sich aus auf die Nahrungsmittelproduktion, die Wasserverfügbarkeit,
den Meeresspiegel, die Gesundheit, auf Tier- und Pflanzenarten sowie auf die Ökosysteme. Die
globale Veränderung des Klimas hat Auswirkungen bis in den kleinsten lokalen Bereich. Daher
verteilt sich die Verantwortung hierfür auf alle Ebenen.
Seit dem Gipfel in Kyoto wissen wir, dass der Klimawandel nicht vollständig aufzuhalten ist –
trotz internationaler Bemühungen. Wir müssen dabei erkennen, dass die gesetzten Ziele bisher
mehr oder weniger intensiv angegangen wurden. Doch mit dem Klimagipfel in Paris im letzten
Jahr hat sich die gesamte Weltgemeinschaft auf einen Klimavertrag geeinigt, der erstmals alle
Teilnehmerländer zum Handeln verpflichtet. Das neue Abkommen soll 2020 in Kraft treten und
enthält Verpflichtungen für alle Industrie-, Schwellen- und Entwicklungsländer.
Das heißt, um die Erderwärmung zu begrenzen, müssen die Treibhausgasemissionen weltweit
zurückgefahren werden. Die dort getroffenen internationalen Verpflichtungen wurden auch von
Deutschland unterschrieben. Damit haben wir eine nationale und internationale Verantwortung,
der wir gerecht werden müssen.
Hierzu möchte ich kurz auf das Grundsatzprogramm der AFD eingehen, die darin ein Bild
zeichnet, als sei der Klimawandel das natürlichste der Welt und dass es nicht erwiesen sei, dass
der Mensch Einfluss darauf habe. Wörtlich ist dort nachzulesen: “IPCC (Weltlimarat) und
deutsche Regierung unterschlagen die positive Wirkung des CO2 auf das Pflanzenwachstum und
damit auf die Welternährung. Je mehr es davon in der Atmosphäre gibt, umso kräftiger fällt das
Pflanzenwachstum aus.“ Wer mit solchen politischen Botschaften an die Öffentlichkeit geht, hat
den Schuss nicht gehört. Die AfD streut den Menschen Sand in die Augen, sie macht sich die Welt
einfach und weist damit jede Verantwortung von sich. 3



Die Auswirkungen des Klimawandels auf das Wetter sehen wir immer öfter und bekommen es
direkt zu spüren. Die jüngsten Unwetter-Geschehnisse aus Bayern und Baden Württemberg
machen dies wieder deutlich. Kleine Bäche werden zu Wasser- und Schlammlawinen, die alles
mitreißen was im Weg ist. Darum sage ich, auch wir in Schleswig-Holstein – als Land zwischen
den Meeren - haben ein ureigenes Interesse daran, die Treibhausgase zu reduzieren und die
globale Erwärmung zu begrenzen. Daher müssen wir unseren Teil dazu beitragen, dass dies
gelingt.
Öl, Kohle oder Gas sind auf Dauer keine Lösung. Deshalb führt kein Weg daran vorbei, wir
müssen weg von nicht nachhaltigen Energieträgern. Dazu gehört auch ganz klar die
Atomenergie. Die Produktion von Atom-Strom ist nicht sauber, sie ist nicht einmal CO2-neutral.
Sie ist eine risikobehaftete Energieform, die wir nicht kontrollieren können. Dazu kommt das
Problem des Atomabfalls. Hier wissen wir derzeit nicht, wohin mit dem Müll. Die Atomenergie
schafft Probleme für viele nachfolgende Generationen. Dies müssen wir uns immer wieder vor
Augen führen, wenn wir über die Energiepolitik von morgen reden.
Es gibt keine Alternative zur Energiewende. Daher müssen weiter Anstrengungen unternommen
werden, den Mix aus Energieeinsparung, Erhöhung der Energieeffizienz und den Ausbau der
erneuerbaren Energien voran zu bringen. Die Energiewende ist die einzige Antwort auf diese
Probleme.



Das Tempo, in dem die Energiewende umgesetzt werden kann, hängt von den politischen
Rahmenbedingungen ab. Das EEG ist die rechtliche Grundlage, um den Ausbau der erneuerbaren
Energieformen zu ermöglichen und zu steuern. Die technische Entwicklung im Bereich der
Erneuerbaren ist immer weiter fortgeschritten. Dies hat auch immer eine Anpassung des EEG mit
sich gezogen – mit dem Ziel, den erneuerbaren Energien den Eintritt in den Strommarkt zu
ermöglichen und dabei konkurrenzfähig zu sein. Zu Recht können wir behaupten, dass 4
Schleswig-Holstein und insbesondere die hier ansässigen Unternehmen über Jahre vom EEG
profitiert haben. Wir haben bei uns im Land schnell verstanden, den geografisch hervorragenden
Windstandort zu nutzen, um Strom, insbesondere aus Wind, zu produzieren. Die Windbranche in
Schleswig-Holstein ist ein Erfolgsmodell – wirtschaftlich und energiepolitisch. Sie findet auch in
der Bevölkerung bei uns im Land immer noch eine breite Unterstützung. Denn es ist uns über
Jahre gelungen, den Ausbau der Windenergie so zu gestalten, dass dies von den Menschen im
Land mitgetragen wird. Daher wollen wir den Ausbau weiter planvoll steuern.



Die nächste EEG-Novelle steht nun an. Die Bundesregierung hatte hierzu einen ersten Vorschlag
in den Ring geworfen, der auf dem Energiegipfel im Bundeskanzleramt mit den
Ministerpräsidenten diskutiert wurde. Es wurde hart gerungen, denn im dem vorliegenden
Eckpunktepapier wurden Ziele formuliert, die massive negative Auswirkungen für unsere
Windbranche hätten. Insbesondere ist dabei die erhebliche Drosselung der Ausbauziele zu
nennen. Das dort formulierte Ausbauziel von jährlich 2.000 Megawatt – inklusive Repowering –
würde die Windbranche enorm treffen. Um es auch deutlich zu sagen, die dort formulierten
Eckpunkte reichen nicht, um die klimapolitischen Verpflichtungen zu erfüllen.
Das war die Ausgangslage für den Energiegipfel. Damit war von vornherein klar, dass es äußerst
schwierig werden würde, das Maximale für Schleswig-Holstein herauszubekommen. Natürlich
hätten wir als SSW es gerne gesehen, wenn der im Jahr 2014 beschlossene Ausbaukorridor weiter
im EEG geblieben wäre. Doch wir müssen erkennen, dass der politische Druck auf die
windstarken Länder einfach zu groß ist.
Das Ergebnis der Verhandlungen ist eine bundesweit geltende Mindestausschreibungsmenge
von 2.800 Megawatt – das sind rund 1.000 Windkraftanlagen. Für Schleswig-Holstein bedeutet
das, dass wir mit den Standorten Niedersachsen und Nord-Hessen künftig einen Ausbaukorridor
von rund 900 MW haben. Damit wird das Ausbauziel – nicht nur bei uns – sondern bundesweit
gebremst. 5
Immer wieder wird in dem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass die Netzkapazitäten nicht
ausreichen und dadurch jährliche Kosten in Höhe von rund einer Milliarde Euro entstehen – mit
wachsender Tendenz. Daher müsse der Ausbau der Netze mit dem Ausbau der
Energieproduktion besser verzahnt werden. Dazu kann ich nur sagen, die Netzkapazitäten
reichen nicht aus, weil sie voll sind mit Strom aus fossilen Kraftwerken. Die Netzkapazitäten
reichen nicht aus, weil nicht alle Länder den Ausbau der Netze mit gleichem Elan voran gebracht
haben – im Gegenteil, der Ausbau wurde teilweise sogar blockiert. Wir haben unsere
Hausaufgaben gemacht und trotzdem zahlen wir die Rechnung für diese Fehlentwicklung.
Vielmehr sehe ich jetzt die Gefahr, dass mit der Drosselung des Ökostromausbaus, künftig der
Druck für den Netzausbau genommen wird. Soweit darf es nicht kommen. Der Bund muss jetzt
dafür sorgen, dass der Leitungsausbau nach Süden endlich vorangetrieben wird. Dies wurde
bisher kläglich vernachlässigt. Aus Schleswig-Holsteinischer Sicht sollten wir daher vermehrt ein
Augenmerk darauf richten, den bei uns im Land produzierten Strom, stärker hier zu nutzen.



Aufgrund des Drängens von der Seiten der EU-Kommission wird es ein Systemwechsel im EEG
geben. Daher ist künftig vorgesehen, von dem bisherigen Fördersystem für Windkraftanlagen
abzurücken und bei dem größten Teil der Neuanlagen keine Festpreise mehr zu zahlen.
Stattdessen sollen Neuanlagen nur noch über ein Bieterverfahren zugelassen werden. Es soll der
Investor den Zuschlag erhalten, der das billigste Angebot abgibt. Auch wenn man sich davon
verspricht, dass der Strom dadurch billiger wird, sehe ich die Gefahr, dass künftig nur noch große
Investoren solche Bieterverfahren gewinnen können. Die Möglichkeit Bürgerwindparks zu
errichten, wird verschwindend gering. Damit gerät ein wichtiger Baustein zur Wertschöpfung
verloren. Stattdessen sehe ich die Gefahr eines Oligopols in der Windenergie.



Wir müssen erkennen, dass die gefundenen Kompromisse für das EEG und speziell für den
Ausbau der Windenergie – und damit auch für Schleswig-Holstein – suboptimal sind. Ich möchte 6
aber deutlich sagen: Das was beim Gipfel anfangs auf den Tisch gelegt wurde, ging gar nicht. Die
Eckpunkte, die von der Bundesregierung vorgelegt wurden, wären für die Windbranche
wesentlich verheerender gewesen, gegenüber dem was die Ministerpräsidenten herausgeholt
haben.
Wir wissen, schlimmer geht immer. Das wäre auch der Fall gewesen, wenn sich die Vorschläge
der CDU-Bundestagsfraktion durchgesetzt hätten. Demnach war von Seiten der CDU
vorgesehen, das Volumen von Windstromleistung an Land auf maximal 51 Gigawatt bis 2020 zu
begrenzen. Für die Windbranche wäre das der Super-Gau gewesen. Soweit ist es Gott sei Dank
nicht gekommen. Es wird aber deutlich, dass die CDU hauptverantwortlich ist, für die schlechten
Konditionen für die Windbranche.
Den Ministerpräsidenten der Länder ist zu verdanken, dass es letztendlich nicht so weit
gekommen ist. Mit ihrem Einsatz haben sie – unter den gegebenen Umständen – erreicht, dass
die Energiewende fortgesetzt werden kann. Die Windbranche und die dazugehörigen 150.000
Arbeitsplätze bekommen damit Planungssicherheit und können ihre gute Arbeit fortsetzen.



Hinweis: Diese Rede kann hier ab den folgenden Tag als Video abgerufen werden:
http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html