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27.05.16
12:30 Uhr
Landtag

Schleswig-Holsteinische Fachleute gegen geplantes Integrationsgesetz des Bundes

Nr. 97 / 26. Mai 2016



Schleswig-Holsteinische Fachleute gegen geplantes Integrationsgesetz des Bundes

Fachleute aus dem Bereich der Migrations- und Flüchtlingsarbeit, die seit etlichen Jahren in der „AG Migration und Arbeit“ zusammenarbeiten, lehnen das geplante Integrationsgesetz des Bundes entschieden ab, weil es Vorurteile befördert, Integrationsanstrengungen der Flüchtlinge erschwert und unnötig Hürden aufbaut hinsichtlich einer Aufenthaltsverfesti- gung.

Wie Doris Kratz Hinrichsen vom Diakonischen Werk Schleswig-Holstein begründete, zeigen die Erfahrungen langjähriger Integrationsarbeit in Verbänden und Flüchtlingsinitiativen, dass Angebote zur sprachlichen und beruflichen Integration gern und freiwillig in Anspruch genommen werden und dass jedoch die Nachfragen das vorhandene Angebot weit übersteigen. Das geplante Integrati- onsgesetz des Bundes vermittelt wider besseres Wissen den Eindruck, als würden Förderangebo- te von Flüchtlingen nicht genutzt und von ihnen nur durch die Verschärfungen von Sanktionierun- gen in Anspruch genommen. Die Festschreibung von Sanktionierungen bis zur Reduzierung des Existenzminimums auf Null ist verfassungswidrig und entspricht nicht der geltenden Rechtspre- chung, so Kratz Hinrichsen. 2

Die geplante Wohnortzuweisung ist diskriminierend und widerspricht den Erkenntnissen der Migra- tionswissenschaft betont der Geschäftsführer des Flüchtlingsrates, Martin Link. Sie erschwert die Integration in Bildung oder Arbeitsmarkt und untergräbt die Motivation der Betroffenen. Darüber hinaus ist insbesondere das Wohnen mit der Familie oder mit Teilen der Familie wichtiger Unter- stützungsfaktor beispielsweise bei der Suche nach Ausbildung und der Verfestigung von Erwerbs- arbeit. Meint Link. Darüber hinaus bildet sie im psychosozialen Bereich eine wichtige Unterstüt- zung insbesondere bei traumatisierten Flüchtlingen.

Die Kostenregelung von Dolmetscher- und Übersetzungskosten für anerkannte Flüchtlinge bein- haltet nur eine gesetzliche Klarstellung, formuliert jedoch keine neuen Ansprüche, die in der Pra- xis, zum Beispiel bei der gesundheitlichen Versorgung dringend erforderlich wären, und zwar als eine Leistung der Krankenversicherung.

Der Flüchtlingsbeauftragte des Landes, Stefan Schmidt fordert stellvertretend für die AG Migration & Arbeit fordert ein Integrationsgesetz, das beschreibt und festlegt, wie nachhaltige Integration in unserer Gesellschaft gelingen kann; z.B.

- durch flächendeckende ausreichende Angebote zum Spracherwerb für alle Flüchtlings- gruppen, - einer Schulbildung bis zur Erreichung eines qualifizierten Schulabschlusses unabhängig vom Alter, - einer Quotenregelung für Unternehmen zur Beschäftigung von Flüchtlingen und - durch eine Systematik, die geeignet ist, die Motivation der Flüchtlinge zu wecken, ihre Potentiale und ihr Empowerment zu befördern, anstatt sie mit Sanktionsandrohung und Zwangsverortung zu demotivieren.

Ganz anders der Gesetzentwurf der Bundesregierung, dieser erweckt den Eindruck, es bräuchte weitere Sanktionen, um Flüchtlinge an bestehende Normen zu „gewöhnen“ und sie in unsere Bah- nen zu lenken. Der Ansatz des Fördern und Forderns, der seit der Hartz-IV-Gesetzgebung (SGB- II-Reform) eingeführt wurde, ist überholt und bedient überkommene Muster. Er widerspricht dem Gedanken chancengerechter Partizipation des internationalen Flüchtlingsschutzes und des Asyl- rechts, so Schmidt.

Die AG Migration & Arbeit fordert die Landesregierung Schleswig-Holstein auf, dem Gesetzentwurf ihre Zustimmung zu versagen.

Die AG Migration & Arbeit Schleswig-Holstein ist ein Zusammenschluss von Fachleuten o.g. Trä- ger, die sich seit Jahren auf diesem Gebiet engagieren.

Kontakt: Der Beauftragte für Flüchtlings-, Asyl- und Zuwanderungsfragen des Landes Schleswig-Holstein, Telefon (0431) 988 1290 3


Verfasser: Beauftragter für Flüchtlings-, Asyl- und Zuwanderungsfragen des Landes Schleswig-Holstein Diakonisches Werk Schleswig-Holstein IQ Netzwerk Schleswig-Holstein Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein e.V. Netzwerk „Mehr Land in Sicht! – Arbeit für Flüchtlinge in Schleswig-Holstein“ PARITÄTISCHER Wohlfahrtsverband Schleswig-Holstein e.V. Umwelt Technik und Soziales - UTS e.V. Zentrale Bildungs- und Beratungsstelle für MigrantInnen in Schleswig-Holstein - ZBBS e.V.