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28.04.16
11:35 Uhr
SSW

Lars Harms: In unserem Land sollen alle Menschen vor dem Gesetz gleich sein, dann muss das Gesetz auch für alle Menschen gleich sein

Presseinformation Kiel, den 28. April 2016

Es gilt das gesprochene Wort



Lars Harms TOP 20 Meinungs- Presse- und Kunstfreiheit sind nicht verhandelbar Drs. 18/4049

„In unserem Land sollen alle Menschen vor dem Gesetz gleich sein, dann muss das Gesetz auch für alle Menschen gleich sein.“

Wer demokratische Institutionen herabsetzt, vergreift sich an unseren demokratischen Werten.
Das sage ich angesichts einer neuen Schmähwelle, die durchs Internet schwappt. Immer mehr
antidemokratische Pöbeleien sind bei Facebook zu lesen. Werden diese nicht gelöscht, ist das
genau das falsche Signal an die Nutzer; nämlich dass Demokratie falsch ist. Tausendmal gelesen,
dann wird da schon was dran sein. Nein, ist es nicht. Die Demokratie stellt sich wehrhaft ihren
Feinden – und das muss auch Facebook begreifen. Wir leben in einer streitbaren Demokratie. Das
Bundesverfassungsgericht hat mehrmals darauf hingewiesen, dass unsere Demokratie sich
gegenüber ihren Feinden nicht neutral verhalten kann. Wer gegen die freiheitlich demokratische
Grundordnung arbeitet, muss mit Widerstand rechnen. 2
Andererseits hat jeder das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu
verbreiten. Das Grundgesetz verbietet in Artikel 5 jede Art von Zensur. Dort ist allerdings auch
festgelegt, dass die Meinungsfreiheit unter anderem dort ihre Grenzen findet, wo sie das Recht
der persönlichen Ehre verletzt. Und mit der persönlichen Ehre sind wir dann bei den
Beleidigungen.
Da muss man sich wundern, was da so alles geregelt ist. So kann die öffentliche Beleidigung
eines ausländischen Vertreters nach § 103 StGB mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren
bestraft werden. Zuvor muss allerdings die Bundesregierung zur Strafverfolgung erst einmal
ermächtigen. Dieser Paragraph zur Beleidigung ist wohl nur historisch zu erklären. Als
Beleidigung wurde nämlich in vordemokratischer Zeit jede Kritik eingeschätzt. Und das
wiederum war Majestätsbeleidigung.
Doch zurück zur aktuellen Sondervorschrift. Wir sprechen über die Konsequenzen des so
genannten Schmähgedichts, das Jan Böhmermann im ZDF vorgetragen hat, über dessen Niveau
man in der Tat unterschiedliche Ansichten haben kann. Erst nach der Ermächtigung durch die
Bundeskanzlerin hat die Staatsanwaltschaft nach § 103 StGB angefangen zu ermitteln. Genau
diese Ermächtigung wurde der Bundeskanzlerin als Kniefall und Gefälligkeit gegenüber
Präsident Erdogan ausgelegt. Allerdings muss man auch sagen, dass wenn es einen solchen
Paragraphen gibt, man diesen im entsprechenden Rahmen auch anzuwenden hat. Sonst hätten
wir keinen Rechtsstaat. Seit der Entscheidung der Bundeskanzlerin debattieren deshalb die
Leitartikel mit Recht darüber, welchen Sinn Majestätsbeleidigungs-Paragraphen überhaupt noch
haben, zumal diese immer auch noch ein höheres Strafmaß als im Normalfall beinhalten. In
unserem Land sollen alle Menschen vor dem Gesetz gleich sein, dann muss das Gesetz auch für
alle Menschen gleich sein. Also sollte man die historisch gewachsenen, aber überlebten
Regelungen in Bezug auf ausländische Staatsoberhäupter einfach streichen.
Strafgesetzbuch hat Regelungen zur Beleidigung und regelt in § 188 die üble Nachrede und
Verleumdung gegen Personen des politischen Lebens. Es wird also beileibe kein Chaos 3
ausbrechen, wenn der § 103 gestrichen werden wird. Es fällt also nur eine weitere, überflüssige
Regelung weg.
Ich schließe mich ausdrücklich der Justizministerin an, die im Vertrauen in die deutsche Justiz
eine Streichung der Sondervorschrift für ausländische Staatsoberhäupter unterstützt. Und
inzwischen sieht es ja so aus, als ob diese Regelung schnell abgeschafft werden könnte. Und das
wäre dann auch gut so!



Hinweis: Diese Rede kann hier ab den folgenden Tag als Video abgerufen werden:
http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html