Lars Harms: In unserem Land sollen alle Menschen vor dem Gesetz gleich sein, dann muss das Gesetz auch für alle Menschen gleich sein
Presseinformation Kiel, den 28. April 2016Es gilt das gesprochene WortLars Harms TOP 20 Meinungs- Presse- und Kunstfreiheit sind nicht verhandelbar Drs. 18/4049„In unserem Land sollen alle Menschen vor dem Gesetz gleich sein, dann muss das Gesetz auch für alle Menschen gleich sein.“Wer demokratische Institutionen herabsetzt, vergreift sich an unseren demokratischen Werten.Das sage ich angesichts einer neuen Schmähwelle, die durchs Internet schwappt. Immer mehrantidemokratische Pöbeleien sind bei Facebook zu lesen. Werden diese nicht gelöscht, ist dasgenau das falsche Signal an die Nutzer; nämlich dass Demokratie falsch ist. Tausendmal gelesen,dann wird da schon was dran sein. Nein, ist es nicht. Die Demokratie stellt sich wehrhaft ihrenFeinden – und das muss auch Facebook begreifen. Wir leben in einer streitbaren Demokratie. DasBundesverfassungsgericht hat mehrmals darauf hingewiesen, dass unsere Demokratie sichgegenüber ihren Feinden nicht neutral verhalten kann. Wer gegen die freiheitlich demokratischeGrundordnung arbeitet, muss mit Widerstand rechnen. 2Andererseits hat jeder das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zuverbreiten. Das Grundgesetz verbietet in Artikel 5 jede Art von Zensur. Dort ist allerdings auchfestgelegt, dass die Meinungsfreiheit unter anderem dort ihre Grenzen findet, wo sie das Rechtder persönlichen Ehre verletzt. Und mit der persönlichen Ehre sind wir dann bei denBeleidigungen.Da muss man sich wundern, was da so alles geregelt ist. So kann die öffentliche Beleidigungeines ausländischen Vertreters nach § 103 StGB mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahrenbestraft werden. Zuvor muss allerdings die Bundesregierung zur Strafverfolgung erst einmalermächtigen. Dieser Paragraph zur Beleidigung ist wohl nur historisch zu erklären. AlsBeleidigung wurde nämlich in vordemokratischer Zeit jede Kritik eingeschätzt. Und daswiederum war Majestätsbeleidigung.Doch zurück zur aktuellen Sondervorschrift. Wir sprechen über die Konsequenzen des sogenannten Schmähgedichts, das Jan Böhmermann im ZDF vorgetragen hat, über dessen Niveauman in der Tat unterschiedliche Ansichten haben kann. Erst nach der Ermächtigung durch dieBundeskanzlerin hat die Staatsanwaltschaft nach § 103 StGB angefangen zu ermitteln. Genaudiese Ermächtigung wurde der Bundeskanzlerin als Kniefall und Gefälligkeit gegenüberPräsident Erdogan ausgelegt. Allerdings muss man auch sagen, dass wenn es einen solchenParagraphen gibt, man diesen im entsprechenden Rahmen auch anzuwenden hat. Sonst hättenwir keinen Rechtsstaat. Seit der Entscheidung der Bundeskanzlerin debattieren deshalb dieLeitartikel mit Recht darüber, welchen Sinn Majestätsbeleidigungs-Paragraphen überhaupt nochhaben, zumal diese immer auch noch ein höheres Strafmaß als im Normalfall beinhalten. Inunserem Land sollen alle Menschen vor dem Gesetz gleich sein, dann muss das Gesetz auch füralle Menschen gleich sein. Also sollte man die historisch gewachsenen, aber überlebtenRegelungen in Bezug auf ausländische Staatsoberhäupter einfach streichen.Strafgesetzbuch hat Regelungen zur Beleidigung und regelt in § 188 die üble Nachrede undVerleumdung gegen Personen des politischen Lebens. Es wird also beileibe kein Chaos 3ausbrechen, wenn der § 103 gestrichen werden wird. Es fällt also nur eine weitere, überflüssigeRegelung weg.Ich schließe mich ausdrücklich der Justizministerin an, die im Vertrauen in die deutsche Justizeine Streichung der Sondervorschrift für ausländische Staatsoberhäupter unterstützt. Undinzwischen sieht es ja so aus, als ob diese Regelung schnell abgeschafft werden könnte. Und daswäre dann auch gut so!Hinweis: Diese Rede kann hier ab den folgenden Tag als Video abgerufen werden:http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html