Jette Waldinger-Thiering: Die EU muss weit mehr sein, als nur eine Währungsunion
Presseinformation Kiel, den 28.04.2016Es gilt das gesprochene WortJette Waldinger-Thiering TOP 34 Europa auf dem Prüfstand Drs. 18/4102 „Natürlich hat die große Herausforderung der Flüchtlingskrise ihre Spuren hinterlassen.“Mittlerweile gibt es 28 Partner in der EU. Und es ist kein Geheimnis, dass eine Partnerschaftimmer wieder vor neuen Herausforderungen stehen kann. Fakt ist, dass sich dieMitgliedsstaaten der EU gemeinsam den globalen Herausforderungen stellen müssen. Und wiralle wissen, dass der Koordinierungsbedarf nicht nur in Zeiten von Banken- oderFlüchtlingskrisen immens hoch ist. Der Weg zu Lösungen besteht häufig aus vielen kleinenSchritten. Schritte, die für viele Bürgerinnen und Bürger sicher kaum zu erkennen oder zuspüren sind.Und doch dürfen uns diese kleinen und teilweise auch sehr zähen Einzelschritte natürlich nichtdavon abbringen, an der Idee eines freien, sozialen und solidarischen Europas festzuhalten. AusSicht des SSW muss die Erkenntnis, dass man gemeinsam viel mehr erreichen kann als im 2nationalen Alleingang, wieder viel stärker in den Mittelpunkt gerückt werden. DerSolidaritätsgedanke muss wieder im Fokus Europas stehen.Unser Ziel ist ein soziales Europa. Wir wollen die Mobilität der Arbeitskräfte erleichtern und ihreinen gerechteren Rahmen geben. Für uns ist klar, dass entsendete Arbeitnehmer nicht nur denim Gastland geltenden gesetzlichen Mindestlohn, sondern auch künftig dort geltende Prämienerhalten sollen. Ich persönlich halte die Frage, wie wir in Zukunft mit den erworbenenSozialversicherungsansprüchen umgehen, für ganz zentral. Der Reform der Entsenderichtliniekommt damit eine große Bedeutung zu. Und natürlich gehören zu einem sozialen Europadringend auch Perspektiven zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit. Unterm Strich istvöllig klar: Die EU muss weit mehr sein, als nur eine Währungsunion.Ganz ohne Frage gehört die Freizügigkeit zu den größten Errungenschaften im Schengenraum.Wer wenn nicht wir, die im deutsch-dänischen Grenzland leben, haben diese Errungenschaftschätzen gelernt? Egal ob es die Fahrt zur Arbeit oder zur Uni, der tägliche Einkauf oder derBesuch einer kulturellen Veranstaltung ist: Die Freizügigkeit ist aus unserem Alltag kaum mehrwegzudenken. Ich hoffe wir sind uns darin einig, dass diese Freizügigkeit nicht der Preis für dieFlüchtlingskrise sein darf. Zwar müssen Grenzkontrollen an den Außengrenzen stattfinden.Aber wir wollen keine Abschottung. Auch für die Zukunft gilt: Wer Anspruch auf Schutz hat,muss diesen auch bekommen. Und zwar, ohne dabei sein Schicksal Schleusern anzuvertrauenund sein Leben riskieren zu müssen.Für uns ist klar, dass Europa eine gemeinsame Asyl-und Zuwanderungspolitik braucht. Wirdürfen die Staaten an den EU-Außengrenzen nicht mit der Aufgabe der Grenzsicherung alleinlassen. Die Grenzschutzagentur Frontex muss ihrer Verantwortung nachkommen. Und siemuss dabei selbstverständlich demokratisch kontrolliert und für ihre Aufgaben immer wiederlegitimiert werden. 3Ohne Zweifel hat die große Herausforderung der Flüchtlingskrise ihre Spuren hinterlassen.Aber nach unserer Überzeugung wird Europa nicht scheitern, sondern an dieser Aufgabewachsen. Sicher, es gibt denkwürdige Entwicklungen. Es gibt Tendenzen, die die Erosion dereuropäischen Solidarität vermuten lassen. Aber gerade in diesen Zeiten ist doch eins völlig klar:Statt vor dieser Entwicklung die Augen zu verschließen, müssen wir doch gerade jetzt dieDebatte über die Grundlagen der Union führen.Ich denke, ein ganz wesentlicher Punkt ist hier zum Beispiel die Frage der Beteiligung der 500Millionen EU-Bürger. Viele fordern nicht nur mehr Rechte für das von ihnen gewählteeuropäische Parlament, sondern auch mehr direkte Einflussmöglichkeiten. Sie wollen inwichtigen Fragen, die die Union betreffen, unmittelbarer beteiligt werden und fordern mehrVolksabstimmungen bei Übertragung von Souveränität auf die EU. Sie wollen nicht mehrlänger vor vollendete Tatsachen gestellt werden. Das kann ich - und das kann der SSW - sehrgut nachvollziehen. Aus unserer Sicht sind es zuallererst die Bürgerinnen und Bürger, die überdie Zukunft der Europäischen Union entscheiden müssen.Die Weiterentwicklung Europas hängt vom aktiven Handeln ab. Im Antrag haben wir esformuliert: Europa kann sich nur entwickeln, wenn solidarisches gemeinsames Handeln an dieStelle von nationalen Egoismen tritt. Und ich bin zuversichtlich, dass wir hier auf einem gutenWeg sind.Hinweis: Diese Rede kann hier ab den folgenden Tag als Video abgerufen werden:http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html