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27.04.16
12:08 Uhr
SSW

KORREKTUR Jette Waldinger-Thiering: Gerechte Bildungschancen und echte Durchlässigkeit erreicht man so sicher nicht

Presseinformation Kiel, den 27.04.2016

Es gilt das gesprochene Wort



Jette Waldinger-Thiering TOP 8 Entwurf eines Gesetzes zur Wiedereinführung der Schulübergangsempfehlung und zur Stärkung der Durchlässigkeit zwischen den Schularten Drs. 18/3346 (neu) und 18/4088

„Gerechte Bildungschancen und echte Durchlässigkeit erreicht man so sicher nicht“

Wir haben diesen Gesetzentwurf ja nicht nur hier, sondern auch im Ausschuss ausführlich
diskutiert. Leider hat die FDP auch im weiteren Verlauf keine besonders überzeugenden
Argumente geliefert, die für die Wiedereinführung der Schulübergangsempfehlung sprechen.
Mittlerweile ist durch Pisa und Iglu hinlänglich bewiesen, dass diese Empfehlungen bei fast der
Hälfte aller Kinder falsch lagen. Und warum war das so? Weil eben nicht nur die reine Leistung
der Schülerinnen und Schüler als Grundlage für die Schulübergangsempfehlung herangezogen
wurde. 2
Studien zeigen völlig eindeutig, dass viel zu oft auch die soziale Herkunft oder das Geschlecht
diese wichtige Weichenstellung beeinflusst haben. In der Folge wurde die Empfehlung für den
Besuch eines Gymnasiums für 20 Prozent mehr Mädchen als Jungen ausgesprochen. Und trotz
gleicher Fähigkeiten hatten Ärztekinder eine dreifach höhere Chance, eine
Gymnasialempfehlung zu bekommen als Arbeiterkinder. Auch wenn die FDP sicher ihre Gründe
dafür hat, zu diesen Zuständen zurück zu wollen, muss ich für meine Partei eins klar sagen:
Gerechte Bildungschancen und eine echte Durchlässigkeit im Bildungswesen sehen definitiv
anders aus.



Natürlich ist die Frage nach Sinn und Zweck einer Schulübergangsempfehlung kontrovers.
Deshalb findet man natürlich auch unter den Eltern Fürsprecher wie Kritiker. Doch auch wenn
man es sich kaum vorstellen kann, ist eins nun mal Fakt: Es gibt Eltern, die sich ganz bewusst
für das Modell des längeren gemeinsamen Lernens entscheiden. Nicht wenige halten den Weg
zum Abitur an der Gemeinschaftsschule für den besseren für ihr Kind. Und viele sehen es auch
ganz einfach als Mehrwehrt an, wenn Kinder mit und ohne Behinderung gemeinsam beschult
werden. Ginge es aber nach der FDP, dann müssten erst einmal möglichst viele Kinder
verbindlich in die Orientierungsstufe des Gymnasiums aufgenommen werden. Und nur wenn
der Erste allgemeinbildende Schulabschluss als erreichbar angesehen wird, heißt die
Empfehlung Gemeinschaftsschule. Wir dagegen wollen, dass Eltern frei wählen können.



Auch wenn es Teile der Opposition immer wieder behaupten, ist die Abschaffung der
Schulübergangsempfehlung mitnichten ideologisch motiviert. Ausschlaggebend hierfür ist
und bleibt der Wunsch, den Kindern die jeweils besten Chancen zu bieten. Es ist ganz einfach
nicht möglich, schon im Grundschulalter das Leistungspotenzial eines jeden Kindes zu
prognostizieren. Genau das will die FDP aber mit ihrem Entwurf erreichen. Und genau die
Kinder, die später noch erhebliche Entwicklungssprünge machen, hätten damit dann Pech 3
gehabt. Noch einmal: Wir halten den Weg, vermeintlich Schwache frühzeitig auszusieben für
falsch. Und wir halten es für verkehrt, wenn Kinder im Zweifel eine Erfahrung des Scheiterns
machen sollen, statt einer des Aufstiegs.



Ziel dieser Koalition ist es, dass jede Schülerin und jeder Schüler unabhängig vom finanziellen
und sozialen Status der Eltern den bestmöglichen Abschluss erreicht. Eigentlich sollte es in
unser aller Interesse liegen, möglichst viele junge Menschen zu hochwertigen Abschlüssen zu
führen. Natürlich brauchen wir hierfür Gemeinschaftsschulen und Gymnasien. Und natürlich
ist es dann auch ratsam, den Schülerinnen und Schülern dabei keine Steine in den Weg zu
legen.
Hinweis: Diese Rede kann hier ab den folgenden Tag als Video abgerufen werden:
http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html