Navigation und Service des Schleswig-Holsteinischen Landtags

Springe direkt zu:

Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.

Datenschutzerklärung

Pressefilter

Zurücksetzen
27.04.16
10:59 Uhr
CDU

Heiner Rickers zu TOP 3: SPD, Grüne und SSW führen das Land zurück ins Jahr 2007

Umweltpolitik
Nr. 181/2016 vom 27. April 2016
Heiner Rickers zu TOP 3: SPD, Grüne und SSW führen das Land zurück ins Jahr 2007
Sperrfrist Redebeginn Es gilt das gesprochene Wort
Nach vierjähriger Beratungszeit ist es schon ein starkes Stück, als Tischvorlage direkt vor der abschließenden Beratung letzte Änderungen zum LNatSchG vorgelegt zu bekommen. Dies ist nicht nur unparlamentarisch, sondern es belegt auch nachträglich, wie verkorkst dieser Gesetzesentwurf ist.
Bei der Novelle des LNatSchG wird mal wieder deutlich, dass aus dem städtischen Bereich dem ländlichen Raum erklärt wird, was Umweltpolitik ist - dies ist ein Frontalangriff gegen alle, die in ihrer täglichen Arbeit mit Natur zu tun haben. Mit den sich daraus ergebenden Problemen werden die Betroffenen mal wieder allein gelassen.
Im Mai 2014 wurden Anforderungswünsche der Koalitionäre an ein neues Landesnaturschutzgesetz formuliert. Herausgekommen ist - wie man weiter südlich sagt - eine „olle Kamelle“.
Statt sich die Mühe zu machen, mal wirklich etwas Neues zu wagen – ich komme darauf später nochmal zurück – führen sie im Wesentlichen das wieder ein, was 2007 abgeschafft wurde. Das ist zu wenig. Mit den Rezepten von vorgestern lösen sie nicht die Aufgaben von morgen.
Pressesprecher Dirk Hundertmark Landeshaus, 24105 Kiel Telefon: 0431 988-1440 Telefax: 0431-988-1443 E-Mail: info@cdu.ltsh.de Internet: http://www.cdu.ltsh.de


Seite 1/5 Im Übrigen wird nicht nur das Landesnaturschutzgesetz, sondern auch noch Landeswald-, Landesjagd- und ein weiteres Gesetz, sowie drei Verordnungen geändert. Dabei kann ich nicht mal die Notwendigkeit erkennen, wo die Natur denn in den letzten zehn Jahren deutlich schlechter geworden ist. Und vor allem: mit welchen Mittel wollen Sie Verbesserungen erreichen?
Fest steht eines: mit diesem Entwurf zeigen Sie überdeutlich, mit wem Sie überhaupt nicht können und wem Sie zutiefst misstrauen: Land- und Forstwirte sowie Jäger. Wer nicht, wenn denn diese, hat in seiner täglichen Arbeit mit der Natur zu tun und geht schon allein aus Eigeninteresse verantwortungsvoll mit ihr um.
Dass Sie das Betretungsrecht der freien Landschaft wieder einkassiert haben, ist wenigstens ein Lichtblick. In der Tat ist es ja am maßgeblichen Widerstand der Jäger und Landwirte und meiner Fraktion gescheitert. Die 16.200 Unterschriften der Jäger, die in kürzester Zeit gesammelt wurden, haben dabei ihre Wirkung nicht verfehlt.
Letztlich mussten wir Ihnen erst die ganze Widersprüchlichkeit ihres Ansinnens vor Augen führen. Auf der einen Seite wollten Sie Knicks in den Gesetzesrang erheben und die pflegenden Landwirte mit Auflagen überziehen, sie auf der anderen Seite aber zum Betreten für Jedermann frei geben.
Wir werden unverändert dieses Gesetz ablehnen, weil wir es in vielen Punkten für falsch halten. Dies gilt insbesondere für:
1. Stichwort: Vorkaufsrecht (§ 50)
Die Möglichkeit des Vorkaufsrechtes auch für rechtsfähige Vereine und Stiftungen wird zwar zurückgenommen. Dennoch bleibt das Vorkaufsrecht des Landes nach § 66 Abs 4 BNatSchG erhalten. Dort ist es den Ländern erlaubt, auf Antrag auch das Vorkaufsrecht zugunsten u.a. von Stiftungen und Vereinen auszuüben. Neu eingeführt wird dagegen das Vorkaufsrecht nicht nur für die Gewässer, sondern auch für einen sie umgebenden 50-Meter-Streifen. Die Schleswig-Holsteinische Notarkammer macht einen umfangreichen Änderungsvorschlag aufgrund rechtlicher Bedenken geltend. Sie sehen sich nicht in der Lage, in jedem Fall beurteilen zu können, ob Interessen des Naturschutzes berührt sind. Die Folge wird sein – um Gesetzesverstöße zu vermeiden –, dass alle Verkäufe der zuständigen Naturschutzbehörde gemeldet werden. Ob und wie dies mit dem Datenschutz konform geht, kann ich nicht beurteilen.



Seite 2/5 2. Stichwort: Zuständigkeiten, Aufgaben, Befugnisse … (§ 2 Abs 5)
Dort wird die bisher geltende zwingend vorrangige Prüfung vertraglicher Vereinbarungen in eine Kann-Regelung für Maßnahmen des Naturschutzes abgeschwächt. Ich frage mich warum? Ist es auch ihr schon fast krankhafter Glaube daran, dass der Staat alles besser kann und jeder Einzelinitiative grundsätzlich misstraut werden muss?
3. Stichwort: Gesetzlich geschützte Biotope (§ 21)
„Knicks“ - bisher in einer Verordnung geregelt - erhalten Gesetzesrang und werden neu ins LNatSchG eingefügt. Dies belegt erneut die Geringschätzung der bisherigen Arbeit der Knickeigentümer. Genauso verhält es sich bei „arten- und strukturreichem Dauergrünland“. Die sich dahinter verbergenden Lebensraumtypen werden in den Erläuterungen detailliert aufgeführt. Mit der Änderung in Abs. 5 wird die Verordnungsermächtigung für die Änderung der Biotopverordnung festgeschrieben. Eine Gebietskulisse ist nicht bekannt, dennoch ist dies ein Freifahrtschein für die Landesregierung auf großen Teilen Schleswig-Holsteins den Landwirten die Bewirtschaftung zu verbieten – im Ergebnis eine stille Enteignung.
Beide Maßnahmen werden sich in der Praxis als kontraproduktiv erweisen. Jeder, der in diese „Falle“ laufen könnte, wird doch bestrebt sein, durch das Schaffen von Fakten es gar nicht erst soweit kommen zu lassen. Bäume werden also vorsorglich vor Erreichen der Mindestgröße gefällt, nasse Wiesen werden noch schnell trocken gelegt
4. Stichwort Schutzstreifen an Gewässern (§ 35)
Im Gegensatz zu anderen Bundesländern mit eigener Küste, wird Schleswig-Holstein zukünftig nicht mehr von einer Länderöffnungsklausel Gebrauch machen. Aus Sicht des Tourismus und aus Sicht der Gemeinden ist diese Blockierung jeglicher Zukunftsgestaltung nicht vermittelbar. Wo, Herr Meyer, haben Sie eigentlich in Ihrem Zuständigkeitsbereich die entsprechenden Interessen wahr genommen?
5. Stichwort: LWaldG, Naturwald (§ 14)
Es bleibt bei der Einführung des Naturwaldes. Ein überhastetes und wenig durchdachtes Vorgehen. Die Landesregierung will wieder erster sein; aber nicht jeder, der erster wird, erfüllt die Aufgabe auch am besten. Wir kritisieren, dass alles am Parlament vorbei entschieden wurde. Auch hätte man Ökopunkte vergeben können – so jedenfalls eine Auskunft aus Berlin –

Seite 3/5 was die Flächenknappheit hätte entschärfen helfen können. Im Ergebnis wurden 14 Millionen Euro Landesvermögen durch Abschreibung vernichtet. Die Landesforsten werden für ihre gute Arbeit noch mit einem negativen Haushaltsabschluss bestraft. Wie die Ökobilanz bei den stattdessen einzuführenden Holzmengen aussehen wird, bleibt völlig offen. Neuwaldbildung überwiegend mit Laubbäumen, lässt außer Acht, woher zukünftig die Bauhölzer kommen sollen?
6. Stichwort: LJagdG, Tierarten, die der Jagd unterliegen (§ 2 a)
In Art. 3 Landesjagdgesetz wird ein neuer § 2 a „Tierarten, die der Jagd unterliegen“ eingefügt, worin - abweichend vom Bundesjagdgesetz - Hermelin und Mauswiesel aus dem Jagdrecht herausgenommen werden, obwohl beide nicht mal ansatzweise in ihrem Bestand gefährdet sind. Damit wird in der Konsequenz die Aufstellung von Marderfallen ausgeschlossen, denn zukünftig darf nur noch selektiv gefangen werden und Fallen unterscheiden nicht zwischen Marder, Hermelin und Mauswiesel. Es ist zu befürchten, dass sich – dadurch begünstigt – auch der Steinmarder noch weiter ausdehnen wird. Die Probleme in besiedelten Bereichen werden zunehmen. Alles in Allem eine grün motivierte ideologische Vorgabe, die mir wieder wenig durchdacht erscheint. Wie kann man auf der einen Seite den Schutz der Wiesenbrüter glaubhaft einfordern, wenn man auf der anderen Seite die Prädatoren unter Schutz stellt.?
7. Stichwort: LJagdG, Befriedete Bezirke (§ 4)
Nach § 4 Abs. 2 werden zukünftig - abweichend vom Bundesjagdgesetz - auch Flächen, die im Eigentum einer juristischen Person stehen, auf Antrag der Grundeigentümer zu befriedeten Bezirken erklärt. Diese müssen nur glaubhaft darlegen, dass sich die Jagdausübung aus ethischen Gründen ablehnen. Der Bundesgesetzgeber hat dies bewusst ausgeklammert. Anders als eine Einzelperson, kann eine Gruppe ein Gewissen nicht nachweisen. Nach dem Willen dieser Landesregierung können also nun zukünftig Flächen z. B. von Kirchen, der Stiftung Naturschutz o.ä. zu befriedeten Bezirken erklärt werden. Diese Regelung ist bundesweit ohne Vorbild und ob sie Bestand hat, wird sich zeigen. In diesen beiden letzten die Jagd betreffenden Punkten werden wohl Gerichte das letzte Wort haben.
Dabei will ich es hier belassen. Allein dies sind schon ausreichende Gründe das Gesetz abzulehnen.
Ein durchgängiges, immer wieder auftretendes Muster ist, dass sie kein Vertrauen in die handelnden Menschen vor Ort haben. Das beginnt schon mit

Seite 4/5 dem neu gefassten § 1. Wenn sie selbst mit einem anerkannten Naturschutzverein, wie dem Landesjagdverband, im Dauerclinch liegen, hilft das der Natur herzlich wenig. Was mit der Diskussion um bleifreie Munition begann, findet in befriedeten Bezirken und der Jagdzeitenregelung seine Fortsetzung.
Statt die Menschen nur am Gängelband zu führen, frage ich: wo sind denn zukunftsgerichtete wirklich neue Ideen? In Schleswig-Holstein werden unverändert täglich über 3 Hektar versiegelt, in eine andere Nutzungsform überführt und verlieren ihre natürliche Funktion. Wer hier jedoch Lösungen erwartet hat, wird enttäuscht. Die Landesregierung hat keinen blassen Schimmer, wie sie diesem Phänomen begegnen soll. Sie wissen also nicht, wie es weiter gehen soll, sind aber gleichzeitig gegen die Bundeskompensationsverordnung, die immerhin eine Möglichkeit darstellt, dem Flächenfraß entgegenzutreten. Flächenrecycling, Abrissprämie und Innenstadtbegrünung sind offensichtlich bei Ihnen noch nicht angekommen.
Ich fasse zusammen:
Die Chance der Befriedung und Aussöhnung für den gesamten Bereich des Naturschutzes haben Sie nutzlos verstreichen lassen. Statt dessen bleiben Sie ideologisch verhaftet und reaktivieren alte Positionen aus dem LNatSchG von vor 2007.
Der Gesetzentwurf ist also nichts innovatives, sondern die Politik von vorgestern, die das Land schon einmal nicht weiter gebracht hat.
Natur und Umweltschutz sollten nicht nur für den ländlichen Raum, sondern auch für Verdichtungsräume gelten, das wird aber bei Ihnen überhaupt nicht thematisiert. Ich bescheinige dem Gesetz eine kurze Halbwertszeit. Versehen mit dem notwendigen Wählerauftrag werden wir das Gesetz erneut novellieren – dann aber zukunftsfähig.



Seite 5/5