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11.03.16
10:44 Uhr
CDU

Barbara Osmeier zu TOP 17 und 20: Lücken im Sexualstrafrecht müssen unbedingt und zweifelsfrei geschlossen werden

Justizpolitik
Nr. 142/2016 vom 11. März 2016
Barbara Osmeier zu TOP 17 und 20: Lücken im Sexualstrafrecht müssen unbedingt und zweifelsfrei geschlossen werden
Es gilt das gesprochene Wort Sperrfrist Redebeginn
Ich begrüße es, dass wir uns dem Thema Verbesserung des Schutzes vor sexualisierter Gewalt heute morgen widmen. Wir tun dies vor dem aktuellen Hintergrund des Phänomens der sexuellen Gewalt durch organisierte Gruppen im Öffentlichen Raum . Ich danke insoweit auch der FDP für Ihren Berichtsantrag.
Wir widmen uns aber auch der Herausforderung, wie wir den Schutz der sexuellen Selbstbestimmung in unserem Sexualstrafrecht nachhaltig verbessern können.
In beiden Fällen sind zumeist Frauen Opfer der Gewaltübergriffe und in beiden Bereichen stehen wir vor der großen Herausforderung, wie wir die Opfer bestmöglich schützen können.
Lassen Sie mich zunächst auf den Antrag auf Unterstützung der Bundesratsinitiative der Bundesländer Hamburg, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz eingehen.
Mit der Unterzeichnung der sogenannten Istanbul-Konvention haben wir uns
Pressesprecher Dirk Hundertmark Landeshaus, 24105 Kiel Telefon: 0431 988-1440 Telefax: 0431-988-1443 E-Mail: info@cdu.ltsh.de Internet: http://www.cdu.ltsh.de


Seite 1/4 verpflichtet, nicht einvernehmlichen Sexualverkehr unter Strafe zu stellen.
Unstrittig ist, dass die Rechtprechungspraxis der vergangenen Jahre deutlich vor Augen geführt hat, dass die derzeit geltenden Gesetze, insbesondere die §§ 177 ff. StGB, entgegen der Absicht des Gesetzgebers nach wie vor große Lücken aufweisen.
Diese Lücken sind inakzeptabel, denn sie lassen zu viele Opfer von sexueller Gewalt schutzlos und allein. Und wir sind uns alle einig, dass diese Lücken unbedingt und zweifelsfrei geschlossen werden müssen.
Seit der Reform von 1997 ist dies bis heute offensichtlich nicht gelungen, weil die Ausnutzungsvariante vom BGH eng interpretiert wurde. Dies zeigt, wie komplex das Thema ist und wie wichtig es ist, für jedes Phänomen das tatsächlich wirksame Maßnahmenpaket zu entwickeln.
Und liebe Kolleginnen und Kollegen, insbesondere, wenn es um den Schutz vor häuslicher Gewalt geht, bewegen wir uns in dem ganz sensiblen Bereich zwischenmenschlicher Beziehungen. Da ist es von großer Bedeutung, dass die gesetzlichen Regelungen eindeutig aufzeigen, wo die Grenze zwischen legal und illegal verläuft.
Dieses ist auch die Erwartungshaltung der Frauenorganisationen, wie sie sich durch beeindruckende Anzahl von Unterschriftenaktionen, öffentliche Demonstrationen und Postkartenaktionen manifestiert.
Mit der klaren Ansage :„Nein heißt Nein“ kämpfen sie nämlich für ein, und ich zitiere aus der Schleswig-Holsteinischen Landeszeitung vom 9. März 2016: „Praxistaugliches und opfergerechtes“ Sexualstrafrecht. Und das ist genau das, um das es gehen muss.
Doch so einfach das Ziel definiert ist, so schwer ist die Umsetzung in einem Gesetz und seine spätere Anwendung.
Kritische Anmerkungen in Literatur und Rechtsprechung weisen nicht ganz zu Unrecht auf die entstehenden Beweisschwierigkeiten hin, wenn ein Straftatbestand auf den Willen des Opfers, seinen inneren Willen, abgestellt wird.
Lassen sie mich als Beispiel auch den §184h StGB nennen.
Darin heißt es: „sexuelle Handlungen [sind] nur solche, die im Hinblick auf das jeweils

Seite 2/4 geschützte Rechtsgut von einiger Erheblichkeit sind.“
Wann „einige Erheblichkeit“ vorliegt, ist nicht aus dem Gesetz ersichtlich. Es bleibt der richterlichen Wertung überlassen. Bislang habe ich zum Beispiel diesen Punkt in der Diskussion vermisst.
Weiterhin bleibt die juristische Bewertung einer inneren Einstellung ebenfalls für die Beweisführung problematisch. Wie beweist man ein „inneres Nein“?
Auch der Bundesgesetzgeber hat den dringenden Reformbedarf bereits erkannt. Auf Bundesebene werden verschiedene Entwürfe diskutiert. Hier gilt es gründlich zu arbeiten, denn weitere Fehlversuche dürfen wir uns nicht leisten.
Ich hoffe, dass in den Beratungen auch die viel diskutierten Problemstellungen gelöst werden und wir ein Sexualstrafrecht bekommen, dass eben dem berechtigten Anspruch gerecht wird, praxistauglich und opfergerecht zu sein.
Dem Reformwillen der Bundesregierung Nachdruck zu verleihen, da sind wir selbstverständlich ganz bei dem breiten Bündnis der Frauenorganisationen und unterstützen die Bundesratsinitiative.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie die Vorfälle, die sich in der Silvesternacht in einigen deutschen Städten ereignet haben, rechtlich zu bewerten sind und ob das gemeinsame Vorgehen in einer Gruppe bereits unter das heute bestehende Sexualstrafrecht zu subsumieren ist, ist ebenfalls keine leichte Fragestellung. Und natürlich erfordern gesellschaftliche Veränderungen das Überdenken bestehender Handlungsmöglichkeiten und Instrumente.
Ob es auch hier einer Anpassung der bestehenden Vorschriften bedarf, wird auch in unserem Land von namhaften Juristinnen recht kontrovers diskutiert.
Ich erwarte, dass dies ebenfalls in die laufenden Reformberatungen auf Bundesebene einbezogen wird.
Wie aber bereits die Debatte in der vergangenen Plenartagung und der heute abgegebene Bericht zeigen, ist dieses Phänomen vielschichtig. Die eventuelle Gesetzesänderung wäre aber nur ein Baustein eines wirksamen Maßnahmenpaketes.
Dazu gehört es eben auch, Polizei und Justiz in die Lage zu versetzen, Gewalt, Nötigung, Raub und sexuellen Übergriffen im öffentlichen Raum wirksam zu

Seite 3/4 begegnen und die Menschen wirksam zu schützen.
Präzise Absprachen zwischen Justiz und Polizei, beschleunigte Strafverfahren, wie sie der Generalstaatsanwalt Zepter gemeinsam mit der Landespolizei verabredet hat, sind ebenso wichtig, wie die bedarfsgerechte personelle und sächliche Ausstattung von Polizei und Staatsanwaltschaft. Nehmen sie es mir nicht übel, aber insbesondere im Bereich der Staatsanwaltschaften haben wir bereits heute eine Unterbesetzung festgestellt. Die Reaktion der Justizministerin hierauf müssen wir nun abwarten.
Die CDU hat seit Jahren mehr Videoüberwachung an Bahnhöfen und anderen Gefahrenpunkten gefordert. Auch die Polizeipräsenz an Gefahrenschwerpunkten muss gewährleistet sein.



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