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10.03.16
17:00 Uhr
SSW

Lars Harms: Wir brauchen eine detaillierte Befragung zu Risikofaktoren und kein Komplettverbot

Presseinformation Kiel, den 10.03.2016

Es gilt das gesprochene Wort



Lars Harms TOP 11 Generellen Ausschluss von homo- und bisexuellen Männern von der Blutspende aufheben Drs. 18/3809

„Wir brauchen eine detaillierte Befragung zu Risikofaktoren und kein Komplettverbot“

Ich denke, wir sind uns in dieser Sache weitgehend einig. Die Tatsache, dass homosexuelle und
bisexuelle Männer grundsätzlich kein Blut spenden dürfen, ist ganz einfach diskriminierend.
Diese Gruppe pauschal auszuschließen, ist schlicht irrational. Sowohl die grundlegende EU-
Richtlinie wie auch die nationale Umsetzung in Form des Transfusionsgesetzes sind längst
überholt. Zwar sind homosexuell aktive Männer statistisch gesehen eine HIV-Risikogruppe.
Aber das rechtfertigt noch lange nicht ihren generellen Ausschluss von der Blutspende. Auch
hier ist der jeweilige Einzelfall zu prüfen. Das habe ich für den SSW an verschiedenen Stellen
immer wieder klar gesagt. 2
Wir wissen, dass der Europäische Gerichtshof das zumindest ähnlich sieht. Denn hier wurde im
letzten Jahr ein Fall aus Frankreich verhandelt und entschieden, dass ein solches Spendeverbot
nur rechtens ist, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Ein pauschales Verbot ist dagegen
nicht zulässig. Voraussetzung, um vom Spenden ausgeschlossen zu werden, ist zum Beispiel
ein hohes Übertragungsrisiko für Infektionskrankheiten wie Aids. Und dieses Risiko können
Heterosexuelle natürlich ganz genauso haben, wie homosexuelle Menschen.



Bekanntlich sind die Ausschlusskriterien nicht im Transfusionsgesetz selbst festgeschrieben.
Hier wird auf Richtlinien verwiesen, die die Bundesärztekammer in Zusammenarbeit mit dem
Paul-Ehrlich-Institut entwickelt hat. Neben dem Sexualverhalten sind demnach auch
Krankheiten wie Diabetes oder eine Drogenabhängigkeit ein Ausschlusskriterium. All diese
Dinge werden vorab per Fragebogen abgefragt. Offenbar sind selbst Vegetarier, die in einem
gewissen Zeitraum in Großbritannien gelebt haben, von einer Spende ausgeschlossen. Der
Grund hierfür ist, dass sie rein theoretisch durch den Verzehr von Fleisch den Erreger der
Creutzfeldt-Jakob-Krankheit in sich tragen könnten. Und gerade weil sich auch im Bereich der
Diagnostik vieles getan hat, muss man sich hier dringend mit einer Überarbeitung befassen.



Aus Sicht des SSW geht der vorliegende Antrag also in die absolut richtige Richtung. Wir halten
jeden potentiellen Spender für vernunftbegabt und gewissenhaft. Wir brauchen mehr
Menschen, die Blut spenden und dadurch Leben retten. Und ganz ohne Frage muss der
umfassende Schutz der Empfänger immer oberste Priorität haben. Dafür müssen wir aus
meiner Sicht jeden Einzelfall genau prüfen. Letztlich muss die detaillierte Befragung zu
verschiedenen Risikofaktoren an die Stelle des Komplettverbots treten. Denn Homosexuelle
leben ja nun genauso häufig monogam, wie Heterosexuelle. Und in beiden Gruppen gibt es
Menschen, die sich besonders risikoreich verhalten. 3
Ich erkenne hier eine große Bereitschaft, sich im Sinne des Antrags einzusetzen. Wir sollten uns
also die Zeit nehmen, um dieses Thema gründlich im Ausschuss zu beraten. Auch eine
Anhörung könnte hier wichtige Erkenntnisse liefern. Und ganz nebenbei bemerkt, wird sich
unsere Ministerin sicher auch im Rahmen der Gesundheitsministerkonferenz für eine
Aufhebung dieser unsinnigen Regelung einsetzen.



Hinweis: Diese Rede kann hier ab dem Folgetag als Video abgerufen werden:
http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html