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09.03.16
17:07 Uhr
B 90/Grüne

Eka von Kalben zur Schweinefleischpflicht

Presseinformation

Landtagsfraktion Schleswig-Holstein Pressesprecherin Claudia Jacob Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 Es gilt das gesprochene Wort! 24105 Kiel
Zentrale: 0431 / 988 – 1500 TOP 25 – Pluralismus statt Ideologie im Nahrungsmittel- Durchwahl: 0431 / 988 - 1503 angebot öffentlicher Kantinen Mobil: 0172 / 541 83 53
presse@gruene.ltsh.de Dazu sagt die Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die www.sh.gruene-fraktion.de Grünen, Eka von Kalben: Nr. 123.16 / 09.03.2016
Niemand will uns die Wurst von der Stulle stehlen Meine Damen und Herren,
Liebe CDU-Fraktion, Was hat Sie geritten, so einen Antrag zu schreiben? Die Reaktionen haben gezeigt, dass sich dieser Antrag für alles Mögliche eignet, nur nicht dazu, die Probleme dieses Landes zu lösen. Der Antrag wäre eine wunderbare Gelegenheit dazu, noch mehr Politiksatire zu zeichnen. Doch wissen Sie was? Ich finde den Antrag so ärgerlich und so brandgefährlich, dass man ihn eigentlich nicht ver- albern darf. Liebe CDU, worum geht es Ihnen eigentlich: Um gesunde Ernährung? Um die Schweinebauern und -bäuerinnen? Oder um die Ihre Vor- stellung von „deutscher Kultur“ und die Ängste vor Überfremdung? Oder gar um Stimmen- fang am rechten Rand? 1. Bei der gesunden Ernährung kann ich Sie beruhigen: Ein Kind überlebt auch acht Stun- den ohne Schweinefleisch: Bei den Gefahren der kindlichen Gesundheit sollten wir uns stärker Gedanken über zu viel Zucker, zu viel Essen und zu wenig Bewegung machen - al- les keine Frage des Schweinefleischs. Und außerdem: Sich hier hinzustellen und zu be- haupten, Schweinefleisch sei ein gesundheitlicher Glücksbringer: Das ist doch der blanke Hohn!
2. Was die Interessen der Schweinebauern und -bäuerinnen angeht, konnten wir alle in den Zeitungen lesen. Die Unterstützung blieb einfach aus, vielmehr wurden Sie kritisiert. Der Bauernverband, die SchweinebäuerInnen, alle haben sich gegen ihren Vorschlag gewandt. Das kann es also auch nicht sein. Außerdem: Der Bedarf zum Beispiel an Bioschwei- nefleisch steigt stetig. Und die Rettung der Landwirtschaft hängt auch nicht mit den Minipor- tionen zusammen, die in den Kitas in Schleswig-Holstein konsumiert werden.
Seite 1 von 3 Ich wundere mich schon, dass sie einen Aufschrei für die Schweinezucht produzieren und bei den Milchbauern so reagieren, dass nicht nur die Milch darüber sauer wird. Ihr Antrag ist unter diesen Gesichtspunkten ziemlich gaga. Und wenn Sie Parallelen zum Veggieday unbedingt ziehen wollen: Der wurde zwar auch als Bevormundung empfunden, aber er hatte wenigstens einen Sinn: Nämlich den Schutz un- serer endlichen Ressourcen! Mehr Fleischkonsum als weniger macht jedenfalls weder für die Gesundheit des Einzelnen noch für die von Mutter Erde irgendeinen Sinn. 3. Bleibt also der dritte Punkt: Die vermeintliche Angst vom Untergang des Abendlands. Im Ernst: Wir können doch die Debatte um Integration nicht an einem Tier mit Ringel- schwanz festmachen. Es kann doch jeder essen, was und wie er will. Aber jeder Kantine vorzuschreiben, was auf dem Speiseplan stehen soll, damit eine vermeintlich deutsche Kul- tur erhalten bleibt?! Das ist doch wirklich eine Glosse. Meine Damen und Herren, Kita- und Schulverpflegung wird vor Ort entschieden. Viel wichtiger als die Frage nach dem Schwein ist doch: Woher kommen die Zutaten? Regional und ökologisch? Bereiten die Kin- der das selber vor? Wird gemeinsam gegessen? Das sind die Fragen, die vor Ort interes- sieren? Die CDU aber hat nichts Besseres zu tun als den engagierten Menschen vor Ort Knüppel zwischen die Beine zu werfen. Ohne Zweifel stimme ich Ihnen zu: Die Frage, in welche Richtung sich unsere Gesellschaft entwickelt, ist sehr wichtig. Aber bei einer solchen Frage ist auch wichtig, „wie“ sie diskutiert wird. Und das ist das Gefährliche an Ihrem Antrag, der eine Sprache irgendwo zwischen PEGIDA und besorgter Bürger spricht. Es gibt Kitas, die pragmatisch entschieden haben, Schweinefleisch zu streichen. Das kommt Allergikern, Vegetariern und auch muslimischen und jüdischen Kindern entgegen. Vielmehr ist dazu im Grunde nicht mehr zu sagen. Wichtigere Debatten sollten geführt werden: Um das Tragen des Kopftuches im Staats- dienst oder Islamunterricht an Schulen, die Frage von Feiertagen. Da gibt es noch viele of- fene Baustellen. Das müssen wir doch ernsthaft diskutieren - und nicht was eine Erzieherin eine Kitaleiterin oder gar eine Tagesmutter auf den Mittagstisch bringt. Aber was Sie da machen, wehrte CDU, das spaltet in „unsere“ Kultur und „deren“ Kultur. Die Betonung von Unterschieden hilft nicht weiter. Niemand will uns die Wurst von der Stulle stehlen. Lassen sie uns ernsthaft diskutieren: Über Identitäten und wie wir zusammenkommen. Aber bitte ernsthaft. Und nicht über die Freiheit eines vermeintlichen Abendlandes, das sie nicht nur am Hindukusch sondern jetzt auch in der Kantine verteidigen wollen. Vielen Dank



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