Lars Harms: Die Ausweisung von dauerhaften Flächen außerhalb von Friedhöfen durch die Gemeinde ist in meinen Augen unproblematisch
Presseinformation Kiel, den 09.03.2016Es gilt das gesprochene WortLars Harms TOP 5 Änderung des Bestattungsgesetzes Drs. 18/3934„Die Ausweisung von dauerhaften Flächen außerhalb von Friedhöfen durch die Gemeinde ist in meinen Augen unproblematisch!“Ich denke, nur sehr wenige Dinge in Landeszuständigkeit sind so persönlich, wie die, die imBestattungsgesetz geregelt sind. Hier sind neben zulässigen Bestattungsarten und -fristen zumBeispiel auch Details zum Leichen- und Friedhofswesen oder zum Umgang mit Totgeborenenfestgeschrieben. Auch wenn der SSW einer Liberalisierung des Bestattungsrechts grundsätzlichoffen gegenübersteht, muss also eins ganz klar sein: Wir bewegen uns hier in einem äußerstsensiblen Bereich. Hier spielen nicht nur der letzte Wille der Verstorbenen, sondern auch dieWünsche der Angehörigen und nicht zuletzt die Bedürfnisse der Allgemeinheit eine wichtigeRolle. Das alles muss bei Änderungen der gesetzlichen Grundlage nicht nur mitbedacht,sondern auch mitberücksichtigt werden.Ohne Zweifel stehen wir bei Fragen rund um das Bestattungswesen vor spürbarenVeränderungen. Sowohl die Säkularisierung wie die religiöse Vielfalt nehmen zu. Auch die 2Familienmodelle in unserer Gesellschaft entwickeln sich weiter. In der Folge kann mandurchaus von einem Wandel der Bestattungskultur sprechen. Heute werden zum Beispiel überzwei Drittel der Bestattungen nicht mehr traditionell - als Erdbestattung - sondern aufalternativem Weg durchgeführt. Und auch, wenn die Friedhofskultur natürlich eine großetraditionelle Bedeutung hat, brauchen offenbar immer weniger Betroffene einen bestimmtenOrt, um zu trauern oder der Verstorbenen zu gedenken.Wir alle sollten also anerkennen, dass es in diesem Bereich mitunter sehr konkrete Wünschegibt, die bisher verwehrt bleiben. Viele Menschen wollen, dass die Asche der Verstorbenennicht nur auf zugelassenen Friedhöfen oder auf See, sondern auch an anderen Orten verstreutwerden darf. Daneben erfordern bestimmte religiöse Traditionen eine Bestattung innerhalbeines gewissen, kürzeren Zeitrahmens oder eine Bestattung in einem Leichentuch statt ineinem Sarg. Und man kann feststellen, dass auch für den normalen Menschen die Kostenfrageeine hohe Relevanz hat.Ob diese Wünsche im Einzelnen nun gerechtfertigt sind oder nicht, muss letztlich natürlichjeder für sich selbst beurteilen. Aber wir können zumindest einmal festhalten, dass dasgeltende Gesetz diesen Bedürfnissen nur unzureichend oder in manchem Fall sogar überhauptnicht gerecht wird. Und gerade, weil die Themen Tod und Bestattung sehr persönlich sind,halte ich es für sinnvoll, hier über neue Wege nachzudenken. Auch wenn man bei einerÖffnung sehr behutsam vorgehen muss, ist aus Sicht des SSW eins völlig klar: Wir sollten diesemitunter sehr persönlichen Entscheidungen nicht unnötig einschränken oder sogar blockieren,nur weil wir an einem veralteten Regelwerk festhalten.Übergeordnet betrachtet gehen die vorgelegten Änderungen also erst einmal in die richtigeRichtung. Denn sie erweitern ganz grundsätzlich die Möglichkeiten der Betroffenen. Im Detail 3stellen sich dann aber doch sehr schnell Fragen, die gründlich abgewogen werden müssen: DieAusweisung von dauerhaften Flächen außerhalb von Friedhöfen durch die Gemeinde ist inmeinen Augen unproblematisch. Da sind sogar gemeinsame Flächen von Gemeinde und Kirchedenkbar. Sympathisch hört sich auch die Forderung nach der kostenfreien Nutzung dieserFlächen an. Aber wie ist zum Beispiel die Öffnung für Ausnahmen außerhalb dieser Flächen inder Praxis zu handhaben, ohne dass beispielsweise auch Nachbarn sich gestört fühlen? DieGemeinde soll einvernehmlich über solche Ausnahmen oder Sonderwünsche entscheiden. Daliegt doch zumindest die Gefahr nahe, dass diese Einzelfälle nicht wirklich überparteilich undausschließlich anhand objektiver Kriterien geprüft und entschieden werden könnten.Auch bei der konkreten Handhabung der Zwei-Jahrs-Frist für die Aufbewahrung der Urne imeigenen Zuhause sehe ich Probleme. Die örtlich zuständige Gemeinde kann denHinterbliebenen hierfür die Genehmigung erteilen. Eine Bestattung im Anschluss sollsichergestellt sein. Aber wer überprüft die Einhaltung? In der Begründung heißt es nur: „DieHinterbliebenen haben die Beisetzung nach Ablauf des genehmigten Zeitraums gegenüber derörtlich zuständigen Gemeinde nachzuweisen.“ Mir erschließt sich nicht wirklich, wie das in derPraxis aussehen soll.Ich denke, in vielen Punkten wird hier also eine intensive, ergebnisoffene Debatte nötig sein.Hier müssen wir auf der einen Seite sehr genau zwischen öffentlicher und individueller Trauer,und auf der anderen Seite zwischen dem letzten Willen des Verstorbenen und den Interessender Hinterbliebenen abwägen.Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden:http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html