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18.02.16
16:14 Uhr
SSW

Lars Harms: In Sachen Body-Cams müssen iele Fragen und Probleme erst geklärt werden

Presseinformation Kiel, den 18. Februar 2016

Es gilt das gesprochene Wort



Lars Harms TOP 29 Body-Cams unverzüglich einsetzen Drs. 18/3849

,,Es gibt Fragen über Fragen und Probleme über Probleme, die erst einmal geklärt werden sollten.“



Polizisten werden nicht selten angegriffen. Laut CDU sollen nun Mini-Schulter-Kameras bei der
Landespolizei eingesetzt werden, um Polizistinnen und Polizisten besser vor Übergriffen zu
schützen. In Hamburg und Hessen hat man diese bereits eingesetzt und sammelt erste
Erfahrungswerte. Gleiches gilt für die Bundespolizei, dort werden Body-Cams in einigen Gebieten
bereits eingesetzt und getestet. Laut Union gibt es keinen Grund, der gegen eine Einführung von
so-genannten Body-Cams spricht.



Dann will ich ihnen an dieser Stelle mal einige Gründe nennen. Im Innen- und Rechtsausschuss
durften wir uns bereits einen ein-minütigen Ausschnitt von der Räumung des Flensburger
„Luftschlosses“ ansehen. Da wurde sehr schnell deutlich, wie schwer es sein kann, eine 2
Bewertung dieses Videoausschnittes vorzunehmen. Die Krux ist doch, die Geschehnisse vor und
nach der Aufnahme bleiben völlig unbekannt. Diese können jedoch entscheidend sein im
Tatverlauf. Vor allem was den Aspekt der Handlungen vor dem Einschalten der Kamera betrifft.
Ob jemand bewusst oder unbewusst provoziert wurde, bleibt völlig unbekannt. Im vorhinein
abgesprochene Verhaltensweisen bleiben unbekannt. Zudem ist das Blickfeld sehr eingeschränkt
und kann eine größere Gruppe von Menschen nicht berücksichtigen. Gleiches gilt für das
Geschehen an anderen, benachbarten Schauplätzen, die dennoch für das Verhalten von Seiten
des Bürgers sowie der Polizei relevant sind. Eine solche Aufnahme bleibt nichts Weiteres als ein
Puzzleteil, das mühsam ins große Ganze eingefügt werden muss. Zumal die
datenschutzrechtlichen Fragen noch beleuchtet werden müssten. Wie sieht es mit den
Speicherfristen aus? Wie sieht es mit dem Nutzungsrecht des Bürgers aus? Wie hoch ist der zu
erwartende Verwaltungsaufwand? Müssen diese Videosequenzen öffentlich zugänglich sein, um
Rechte Dritter zu wahren?



Ein anderer Aspekt ist das Ankündigen vom Einschalten der Kamera. Dazu müssen die Polizisten
dementsprechend geschult werden. Zumal sich eine solche Situation naturgemäß bei
Entscheidungen und Handlungen innerhalb von Sekunden nicht immer möglich ist. Zudem
ergeben sich weitere Hindernisse, wie etwa das Vergessen des Einschaltens der Kamera, oder
eben das bewusste Nichteinschalten. Alle diese Tätigkeiten oder eben auch das Unterlassen des
Einschaltens kann in der juristischen Bewertung einer Situation eine Rolle spielen. Wie wäre es
zum Beispiel, wenn eine unterlassene Einschaltung einer Kamera dergestalt gedeutet werden
würde, dass ein Polizist beispielsweise eine Handlung bewusst nicht filmen wollte. Dann steht
womöglich irgendwann ein Polizist in der Rechtfertigungspflicht. Das wäre etwas, was wir
eigentlich verhindern sollten. In den USA ist man jedenfalls auch deshalb schon dazu
übergegangen, die Kameras dauerhaft bei Außeneinsätzen einzuschalten. Das allerdings
bedeutet, dass immer alles und jeder gefilmt wird. Ob wir das wirklich wollen, ist zumindest 3
fraglich. Man sieht, hier entstehen Fragen über Fragen und Probleme über Probleme, die erst
einmal geklärt werden sollten.


Apropos Selbstschutz: Das ist ja auch eine Argumentation pro Body-Cams. Unsere Landespolizei
weiß sehr wohl, sich selbst zu schützen. Dies ist regulärer Teil ihrer Ausbildung. Ich würde sogar
vermuten, dass im Einsatz ein Polizeigriff nicht weniger effektiv ist, als eine Mini-
Schulterkamera. Die Frage ist doch, ob eine Kamera die Gewaltspirale tatsächlich durchbrechen
kann. Es mag möglich sein, dass im Einzelfall sich jemand von Gewalthandlungen abhalten lässt.
Aber im Regelfall wird das, glaube ich, eher nicht der Fall sein. Und wenn, dann ist die Polizei
auch so gut vorbereitet.



Der einzige wirkliche mögliche Wert solcher Body-Cams liegt wahrscheinlich in der
Dokumentation vor Vorgängen, die aber mit den gerade beschriebenen Problemen behaftet sind.
Insgesamt sind gibt es aus Sicht des SSW deshalb noch erheblichen Beratungsbedarf. Eine ganze
Reihe von Fragestellungen sind zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht geklärt. Über diese
Fragestellungen sollte man sich im zuständigen Ausschuss erst einmal unterhalten.



Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden:
http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html