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21.01.16
11:25 Uhr
B 90/Grüne

Burkhard Peters zur Einbruchskriminalität

Presseinformation

Landtagsfraktion Schleswig-Holstein Pressesprecherin Claudia Jacob Landeshaus Es gilt das gesprochene Wort: Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel TOP 40, 18, 16 – Bekämpfung der Einbruchskriminalität Zentrale: 0431 / 988 – 1500 Durchwahl: 0431 / 988 - 1503 Dazu sagt der innen- und rechtspolitische Sprecher von Mobil: 0172 / 541 83 53 Bündnis 90/Die Grünen, presse@gruene.ltsh.de www.sh.gruene-fraktion.de Burkhard Peters: Nr. 026.16 / 21.01.2016


Die Täterinnen und Täter müssen ermittelt werden Meine Damen und Herren,
das Problem unserer heutigen Debatte ist folgendes, sehr geehrte Kolleginnen und Kolle- gen der CDU: Sie wollen sich doch gar nicht in einer rationalen Diskussion den komplexen Fragen stellen und an Fakten und an Lösungen orientieren.
Stattdessen tönen Sie lautstark im Wahlkampfmodus unter dem Motto: „Wer kann besser Innere Sicherheit?“
Da sieht sich die selbsternannte Sicherheitspartei CDU natürlich an vorderster Stelle. In diesem Fall mit der FDP im Schlepptau, schließlich ist das Privateigentum betroffen.
Meine Damen und Herren, diese Rechnung geht nicht auf. Die reine Parteibrille führt in die Irre. Unter CDU-Regierung war es keinen Deut besser. Ihr Versuch, sich als strahlender Retter in der Not zu präsentieren, ist bei jedem, der bis drei zählen kann, zum Scheitern verurteilt und entbehrt vor allem jeder Faktengrundlage.
Es gibt auch niemanden, wirklich niemanden in politischer Verantwortung, der die Lage beschönigt. Angesichts der Pressekonferenz des Innenministers vom 13.01.2016 kann ich diesen Vorwurf überhaupt nicht nachvollziehen.
Also zu den Fakten: Seite 1 von 4 Schaut man sich die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) des Bundeskriminalamtes an, liegt Schleswig-Holstein seit 20 Jahren kontinuierlich mit den Flächenländern NRW und Saar- land in der Spitzengruppe beim Wohnungseinbruch.
Diesbezüglich hat es auch keine Änderung in den Jahren 2005 bis 2012 gegeben. Ein Zu- sammenhang zwischen den Fallzahlen und Regierungsverantwortung - den Sie so gerne konstruieren möchten - gibt es schlicht nicht.
Nur die Stadtstaaten Bremen, Berlin und Hamburg kommen auf noch höhere Werte. Die Rangfolge der Bundesländer änderte sich in den Jahren seit 1999 übrigens kaum. Diese Länder, also auch Schleswig-Holstein, lagen und liegen immer deutlich über dem Bundes- durchschnitt.
Offenbar unterliegt Wohnungseinbruch gewissen Zyklen. 2014 hatten wir in Schleswig- Holstein 267 angezeigte Fälle auf 100 Tsd. Einwohnerinnen und Einwohner. Für 2015 deu- ten sich Zahlen von 303 Fällen an. 1993 bis 1995 waren die Fallzahlen schon einmal deut- lich höher, nämlich bei durchschnittlich 350. Den niedrigsten Stand erreichte das Land hin- gegen 2002 mit 172 pro 100.000 EW.
Ich halte fest: Diese erheblichen Schwankungen haben offensichtlich nichts mit der Partei- farbe der jeweiligen Innenminister oder Regierungskonstellation zu tun. Hören Sie auf, den Leuten zu erzählen, Sie könnten es besser!
Natürlich ist die äußerst geringe Aufklärungsquote ein großes Problem. Das Kriminologi- sche Forschungsinstitut Niedersachsen (KFN), führt seit 2012 bis 2016 eine Langzeitstudie durch. Ein sehr lesenswerter Zwischenbericht liegt seit 2014 vor. Bundesweit liegt danach die Aufklärungsquote bei Wohnungseinbruchdelikten bei 15,5%. Bei anderen Delikten liegt sie im Durchschnitt bei 54,5%. Auch hier ist die Spreizung beim Wohnungseinbruch in den Bundesländern erheblich. Hamburg z.B. hatte nach der Studie eine Quote von 7,7, Thürin- gen von 38,5.
Die Aufklärungsquote zu steigern, ist aber nur ein Ziel. Die Täterinnen und Täter zu ermit- teln und zu verurteilen, muss vorrangiges Ziel sein und darauf die ganze (Polizei-)Kraft zu konzentrieren ist der richtige Ansatz. Jeder verurteilte Täter und jede aufgedeckte Bande sind mehrere verhinderte Einbrüche in der Zukunft. Genauso richtig ist, dass der Innenmi- nister auf Prävention setzt.
Und das zeigt Wirkung. Über die letzten Jahre ist der Anteil der im Versuch aufgegebenen Wohnungseinbrüche immer größer geworden. Konnten 1993 noch ca. 72 % Täter die Beu-
2 te aus dem Haus schaffen, waren es 2014 nur noch 59 %. Bei kontinuierlicher Abnahme über die Jahre. Dies deutet darauf hin, dass der Ansatz der Prävention durch geeignete Schutzmaßnahmen tatsächlich zu Erfolgen führt und intensiv weiterverfolgt werden sollte.
Völlig neben der Spur läuft meiner Ansicht nach die Diskussion über die Frage, ob die Stei- gerung der Wohnungseinbrüche mit den im Lande lebenden Asylsuchenden zu tun hat. Nach Aussage des Innenministers kamen 2015 insgesamt 80 Personen als mögliche Ein- brecher in das Visier der Ermittlungsbehörden, die sich irgendwann auf das Asylrecht beru- fen hatten. Das sind 0,16 % aller Asylsuchenden des Jahres 2015. Eine Zahl im Promill- Bereich !
Dass insgesamt das Täterfeld im Wohnungseinbruch von ausländischen Tatverdächtigen dominiert wird, wurde nie in Abrede gestellt und ist übrigens ebenfalls seit vielen Jahren so. In den 90er Jahren sprach man schon von den sog. „Rumänenbanden“. Der Skandal, den Sie heraufbeschwören wollen, das Innenministerium verschweige Informationen, besteht überhaupt nicht.
Meine Damen und Herren,
ich will mit diesen Bemerkungen das Problem nicht relativieren oder beschönigen. Jeder Wohnungseinbruch ist einer zu viel! Vor allem unter dem Gesichtspunkt, dass ein Woh- nungseinbruch für die betroffenen Bewohnerinnen und Bewohner ein fürchterliches Erleb- nis ist. Und dass Schleswig-Holstein seit vielen Jahren immer im vorderen Feld der beson- ders betroffenen Bundesländer liegt und bisher kein Kraut dagegen gewachsen ist, ist ein bleibendes Ärgernis.
Aber angesichts der Komplexität und Schwierigkeit der Probleme in einem Europa mit offe- nen Grenzen und einem Delikt, das von international operierenden Banden geprägt ist, ver- bietet es sich, dieses Thema zur Parteiprofilierung zu missbrauchen.
Dies vorausgeschickt, komme ich nun konkret zu Ihren Vorschlägen, meine Damen und Herren von der CDU. Sie werden entweder bereits umgesetzt oder sind nicht zielführend:
Eine landesweit operierende „Taskforce Einbruchskriminalität“ existiert beim LKA längst. Inzwischen auch ganzjährig.
Längst sind auch 27 Planstellen in den Bereich ‚Banden und Serienkriminalität’ umgesteu- ert worden. Das ist doch die richtige Schwerpunktsetzung!
Wie mit einem U-Boot versuchen Sie außerdem erneut, Ihre Wahlkampfparole „Kleine
3 Dienststellen erhalten“ in die Debatte einzuschleusen. Dabei ist auch dieser Vorschlag im Zusammenhang mit der Einbruchskriminalität völlig unsinnig.
Nicht nur wurde die Dienststellenzusammenlegung bereits unter Innenminister Schlie ein- geleitet, was Sie offensichtlich gerne mal auslassen. Viel wichtiger aber: Eine Dienststelle mit 1, 2 oder 3 Bediensteten, bei der zwar „Polizei“ draufsteht, aber allzu oft keine Polizei drin ist, kann keinen wirksamen Beitrag zur Bekämpfung der Wohnungseinbrüche leisten. Hier sind SpezialistInnen gefragt.
Die gut informierten und dreisten Täter scheren sich einen Dreck darum, ob eine nachts unbesetzte Polizeistation in der Nähe ist. Seien Sie ehrlich zu den Leuten im Lande oder in- formieren Sie sich, anstatt gefühlig klingende Parolen herumzuposaunen!
Es gibt auch längst die von Ihnen geforderte enge Zusammenarbeit mit der Hamburger Po- lizei, anderen Bundesländern bzw. dem BKA. Ob das noch intensivierungsfähig ist, können wir gerne im Ausschuss diskutieren. Ihre Behauptung - wir blieben untätig - läuft trotzdem ins Leere.
Auch Ihr Vorschlag §§ 244 und 244a StGB zu verschärfen ist ein alter Hut. Wie bei den Beratungen vor einem Jahr dazu bereits gesagt: Für Wohnungseinbrecher soll es keinen minder schweren Fall geben, bei Totschlag und Raub aber schon? Das können Sie nie- mandem erklären.
Auch die Einführung der Telefonüberwachung ist eine unsinnige Scheinmaßnahme: Gegen Bandeneinbrüche ist die Möglichkeit der Überwachung längst gegeben. Die Bundesratsini- tiative Bayerns ist deshalb vom BR abgelehnt worden. Verschonen Sie uns mit Ihren abge- standenen Vorschlägen.
Abschließend zum Antrag der geschätzten Frau Kollegin Ostmeier zur Stärkung der Justiz, namentlich der Strafverfolgung. Fünf zusätzliche Stellen für die Staatsanwaltschaft sollen es diesmal sein. Endlich mal ein Vorschlag, der sich hören lässt - wenn auch der einzige.
Ich ergänze: Auch eine Aufgabenkritik wäre sehr sinnvoll. Als Stichworte fallen mir ein: Ver- fahren wegen illegaler Einreise, Verfolgung von Cannabiskonsum in geringen Mengen oder Schwarzfahren. In den meisten Fällen arbeiten Polizei und StA direkt für die Aktenablage und das bindet unnötig wertvolle Kapazitäten.
Vielen Dank

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