Jette Waldinger-Thiering: Wir wollen einen möglichst optimalen Rahmen für gute Studienbedingungen schaffen
Presseinformation Kiel, den 17.12.2015Es gilt das gesprochene WortJette Waldinger-Thiering TOP 2 Entwurf eines Hochschulfreiheitsgesetzes und Änderung des Hochschulgesetzes Drs. 18/2984, 18/3156 und 18/3596„Wir wollen einen möglichst optimalen Rahmen für guteStudienbedingungen schaffen“Wenn man es nicht besser wüsste, könnte einen so manche Pressemitteilung oder manch einAntrag von Union und FDP zu Tränen rühren: Die böse Landesregierung macht sich an eineNovelle des Hochschulgesetzes. Das muss natürlich etwas ganz, ganz Schlimmes sein. Undsiehe da: Es ist wirklich kein einziger positiver Punkt und keinerlei Verbesserung zu sehen. Nochdazu tut man so, als wäre dieser Gesetzentwurf mal eben im luftleeren Raum entstanden.Ohne Beteiligung der Betroffenen. Ohne geordnetes Verfahren mit schriftlicher undmündlicher Anhörung. Und - noch viel schlimmer - ohne Berücksichtigung dieser Ergebnisse.Natürlich ist das nicht wahr. Kein einziger Punkt, der noch im Verlauf geändert wurde, ist neu. 2Mal ganz ehrlich: Grundsätzlich muss da schon mal die Frage erlaubt sein, ob man das wirklichernst meint? Nicht nur wir hier im Haus, sondern vor allem die Bürger im Land und nicht zuletztdie Menschen, die an den Universitäten arbeiten, haben doch zumindest ein gewisses Maß anErinnerungsvermögen. CDU und FDP haben sich hochschulpolitisch wirklich nicht mit Ruhmbekleckert. Wenn man bedenkt, wie ihre Hochschulpolitik vor gerade einmal 5 Jahren aussah,wirkt die aktuelle Haltung wirklich nicht nur höchst unglaubwürdig, sondern fast schonzynisch. Nur zur Erinnerung: Allein mit der damals drohenden Schließung der Uni Lübeckstanden tausende Stellen am UKSH Campus auf dem Spiel. Auch die Uni Flensburg solltezusammengestrichen werden. Auch hier hätte es erhebliche personelle Konsequenzengegeben. All dies zeigt doch überdeutlich, dass dieser Bereich für unsere Vorgänger eben keinebesondere Priorität hatte. Statt jetzt stur Fundamentalkritik zu üben und pauschal mitMaximalforderungen zu kommen, sollten sie sich endlich konstruktiv einbringen!Wir alle wissen, dass es an den Hochschulen verschiedene Gruppen mit unterschiedlichstenInteressen gibt. Dementsprechend sind bei einer so umfassenden Novelle natürlich auch nichtalle mit allem glücklich. Das geht gar nicht anders. Und doch ist es aus meiner Sicht gelungen,ein sehr ausgewogenes Gesetz zu erarbeiten. Unser übergeordnetes Ziel war und ist, einenmöglichst optimalen Rahmen für gute Studienbedingungen zu schaffen. Undselbstverständlich haben wir den Weg dahin nicht in irgendwelchen Hinterzimmernausgekungelt. Nein, dieses Gesetz ist im Gespräch mit den Betroffenen selbst entstanden.Wer das Profil einer Hochschule beschneiden oder eine Uni gar ganz dicht machen wollte, dermuss sich um eine Dialogkultur natürlich wenig Sorgen machen. Wir dagegen haben dasGespräch mit den Hochschulen nicht nur direkt gesucht, sondern auch weiter vertieft.Selbstverständlich war dieses Hochschulgesetz dabei immer ein ganz wichtiges Thema. Dasentsprechende parlamentarische Verfahren läuft jetzt seit fast einem halben Jahr. Viele 3Anregungen und Änderungswünsche finden sich im heute vorliegenden Entwurf wieder. Undes ist richtig: Auch recht kurzfristig hat sich noch Korrekturbedarf ergeben. Doch egal ob wirnun über Änderungen zur Ethikkommission, zum Senat oder zum Teilnehmerkreis imHochschulrat reden: All diese Punkte sind direkt mit den Betroffenen rückgekoppelt worden.Wer sich die Mühe macht und wirklich genauer hinschaut, wird vor allem eins feststellen: Invielen Punkten passen wir den rechtlichen Rahmen an die umfassenden Veränderungen an, diees in den letzten Jahren natürlich auch an den Hochschulen gegeben hat. Fakt ist nun einmal,dass doppelte Abiturjahrgänge, ein zunehmender nationaler wie internationaler Wettbewerbund vor allem die Bologna-Reformen zu einem ganz anderen Studienalltag führen. DenStudierenden wird mittlerweile ein deutlich höheres Pensum abgefordert, als noch vor einigenJahren. Studieren ist damit längst ein Vollzeitjob und gleichzeitig sind mit dem Nicht-Bestehenin einzelnen Bereichen oft lange Umwege und Verzögerungen verbunden.Wer unter diesen Bedingungen Erfolg haben will, muss sein Leben sehr effizient organisieren.Und wer sich selbst finanzieren muss, kann schon mal ohne weiteres in die Klemme kommen.Vor allem wenn ein Kind versorgt werden will oder Zuhause ein Krankheits- oder Pflegefallwartet, stehen Studierende unter einem erheblichen Druck. Gleichzeitig ist in Deutschland keinelternunabhängiges BAFÖG in Sicht. Vor diesem Hintergrund ist eine Anwesenheitspflicht unddas reine „Ersitzen“ von Scheinen wirklich nicht mehr zeitgemäß. Die weitgehendeAbschaffung dieser Pflicht ist daher folgerichtig und macht die Uni nicht nurfamilienfreundlicher. Nach meiner Einschätzung schafft sie auch Anreize für Dozierende, ihreLerninhalte abwechslungsreicher und spannender aufzubereiten und zu vermitteln. Damitverbinden wir nicht zuletzt die Erwartung, dass auch die Qualität der Lehre verbessert wird. 4Natürlich schmeckt eine solche Änderung nicht jedem. Hier gibt es - genau wie bei derbeschlossenen Erweiterung des Senats - sehr unterschiedliche Interessen. Doch auch wenn ichVerständnis für die Position der Landesrektorenkonferenz habe, die hier eine unnötigeBürokratisierung und ein Problem für strategische Beratung sieht, muss ich eins klar sagen: Ichbin fest davon überzeugt, dass die Erweiterung der richtige Weg ist. Entscheidungen werden sovielleicht nicht immer einfacher, aber es sind alle Statusgruppen vertreten. DieMitbestimmung in diesem wichtigen Gremium wird eindeutig gestärkt. Ganz grundsätzlichsind demokratischere Strukturen und eine größere Transparenz und Öffnung der Hochschulengegenüber der Gesellschaft wichtig. Nicht zuletzt aus Sicht des Steuerzahlers, der das Rechthat, zu erfahren wofür diese Mittel verwendet werden.Neben mehr Transparenz und Mitbestimmung tragen natürlich eine ganze Reihe weitererPunkte dazu bei, dass wir hierzulande zukünftig eine moderne hochschulgesetzliche Grundlagehaben. Der im Entwurf verankerte Kodex für gute Arbeit führt zu verlässlicheren Perspektivenund besseren Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten. Nachwuchswissenschaftler werdendurch die Orientierung am Tenure-Track-Verfahren mehr Planungssicherheit für ihrenKarriereweg erhalten. Und beruflich qualifizierten Studieninteressierten erleichtern wir denZugang zur Uni durch die Senkung von Hürden bei der benötigten Berufserfahrung.Darüber hinaus stärken wir die Position der Gleichstellungsbeauftragten und sorgen fürerweiterte Promotionsmöglichkeiten für Fachhochschulabsolventen. Und nicht zuletzt tragenwir mit der Angleichung der Vorlesungszeiten auch der zunehmenden InternationalisierungRechnung. Denn diese Änderung dient nicht nur der besseren Kooperation zwischenFachhochschule und Universität, sondern auch grenzüberschreitend mit Dänemark und imOstseeraum insgesamt. 5Ich bin weit davon entfernt, zu behaupten, wir hätten hier eine Komplettlösung für alleProbleme unserer Hochschulen auf den Tisch gelegt. Hier oder da gibt es bestimmt nochSchwächen. Und gewiss werden unsere Gespräche mit den Betroffenen und die Evaluation desGesetzes noch Nachbesserungsbedarf ergeben. Sei es aufgrund veränderterRahmenbedingungen oder aufgrund von Schwierigkeiten bei der praktischen Umsetzung. Abergenau das wollen wir unbedingt wissen. Denn wir wollen das Hochschulgesetz entsprechendweiterentwickeln. Ich denke, nicht zuletzt vor diesem Hintergrund sind die Behauptungen derOpposition, wir wären ignorant gegenüber den Betroffenen, schlicht und einfach haltlos. DochSkandalisierung hin oder her: Wir werden weiter für die bestmöglichen Bedingungen fürunsere Studierenden arbeiten.Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden:http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html