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16.12.15
10:37 Uhr
B 90/Grüne

Rasmus Andresen zur HSH Nordbank und zur Errichtung eines "HSH Portfoliomanagement AöR" und zur Anpassung eines Staatsvertrages

Presseinformation

Landtagsfraktion Schleswig-Holstein Pressesprecherin Es gilt das gesprochene Wort! Claudia Jacob Landeshaus TOP 6 – HSH Nordbank Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel Dazu sagt der finanzpolitische Sprecher Zentrale: 0431 / 988 – 1500 der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Durchwahl: 0431 / 988 - 1503 Mobil: 0172 / 541 83 53 Rasmus Andresen: presse@gruene.ltsh.de www.sh.gruene-fraktion.de
Nr. 505.15 / 16.12.2015

Wir schützen unser Landesvermögen so gut wie möglich
Die Entscheidung, die wir zur HSH Nordbank in diesen Tagen treffen, ist die schwerste in dieser Wahlperiode, eine der schwersten überhaupt in der Geschichte des Landes.
Die Zustimmung zum Staatsvertrag zwischen den Ländern Hamburg und Schleswig- Holstein mit der EU-Kommission ist der Anfang vom Ende der HSH Nordbank im Eigen- tum der Länder. Und es geht darum, mit so geringem Schaden wie möglich aus der Bank auszusteigen. Es geht nicht um ein „weiter so“ mit vagen Hoffnungen, wie bei der Entscheidung zur Garantie über zehn Mrd. Euro in 2009.
Entweder führt die Abspaltung der faulen Kredite dazu, dass sich die operative Bank privatisiert erholt oder sie wird abgewickelt. Mit der Einigung in Brüssel entgehen wir ei- ner sofortigen Abwicklung. Dadurch schützen wir unser aller Landesvermögen so gut wie möglich. Alle Zahlen, die wir kennen, stützen diese Aussage.
Eine sofortige Abwicklung hätte zudem eine Krise des Sparkassensektors auslösen können. Auch diese Wahrheit gehört auf den Tisch.
Die Sparkassen sind mit 18 Prozent am Risiko der Gewährträgerhaftung beteiligt. Eine Kettenreaktion, die viele SparkassenkundInnen treffen könnte, wäre denkbar.
Die gefundene Lösung ist aus mehreren Gründen aller Voraussicht nach vermögens- schonender als eine sofortige Abwicklung:
a) Durch eine starke Absenkung der Gewährträgerhaftung von 12,2 Mrd. Euro im Okto- ber 2015 auf rund 2,5 Mrd. Euro ab Januar 2016.
Seite 1 von 4 b) Durch eine Fortzahlung von Garantiegebühren der Bank. Die Gebühren werden ver- ringert, aber sie bringen immer noch mehr als gar nichts. c) Mit der Verkaufsoption besteht die Möglichkeit, dass die Verluste durch den Erlös verringert werden.
CDU und FDP haben eigene Anträge vorgelegt. Die CDU akzeptiert das mit der EU- Kommission vereinbarte Modell inzwischen grundsätzlich. Ihre Änderungsvorschläge sind jedoch aus meiner Sicht nicht zielführend. Die EU würde eine Einschränkung des Kreditrahmens als Abkehr von der Einigung verstehen. Dieses Risiko können wir nicht eingehen.
Und wie soll Ihr Antrag praktisch umgesetzt werden? Nachverhandlungen mit der EU- Kommission wird es nicht geben, die Signale auf dem Markt und an die Ratingagentu- ren wären wohl unkontrollierbar. Verstehen Sie mich nicht falsch, die Abhängigkeit un- serer Beschlüsse von Ratingagenturen und Finanzmärkten widern mich an, aber wir können Sie nicht ausblenden.
Und auch rechtlich können Staatsverträge von Parlamenten nicht verändert werden. Wir können nur „Ja“ oder „Nein“ sagen, auch wenn das unbefriedigend und bitter ist. Sie wollen verhindern, dass das Land mehr Altlasten übernimmt als angekündigt. Nie- mand will, dass die Länder mehr ankaufen als die vereinbarten Portfolien mit dem Ur- sprungswert von 6,2 Mrd. Euro.
Mit dem Vorschlag der Finanzministerin, nach der Wertermittlung und dem Ankauf der Portfolien die Kreditermächtigung abzusenken, liegt ein guter Kompromiss auf dem Tisch. Ein Kompromissangebot, das anders als Ihre Abänderung des Staatsvertrags auch formal trägt.
Wenn Sie es ernst meinen, Herr Günther und Herr Koch, sollten Sie darauf eingehen. Werden Sie der Verantwortung gerecht, die Sie durch Ihre Regierungsjahre tragen.
Mit Ihnen, liebe KollegInnen der FDP, teilen wir Grüne eine gemeinsame Geschichte. Unsere Fraktionen waren beide 2009 skeptisch, als die Regierung Carstensen das zehn Mrd. Garantiekonstrukt entworfen hat und heute wissen wir, dass die Entschei- dung der Großen Koalition von damals die Probleme nur in die Zukunft, auf heute, ver- lagert hat.
Wir Grüne tragen Verantwortung aus den rot-grünen Regierungsjahren bis 2005 bei der Fusion der Landesbanken. Die FDP muss sich den Vorwurf gefallen lassen, die Garan- tieabsenkung von zehn auf sieben Mrd. Euro zwischen 2009 und 2012 nicht verhindert zu haben. Dieser Schritt löste das Beihilfeverfahren, über dessen Ergebnisse wir heute diskutieren, erst aus.
CDU, FDP, Grüne und SPD - wir haben alle unseren Teil zur negativen Entwicklung der Bank beigetragen. Da sollte sich hier keiner künstlich erheben.
Uns überzeugt, anders als Sie, liebe FDP, nicht, dass die Ablehnung des Staatsver- trags dazu führen kann, dass wir in eine kontrollierte sofortige Abwicklung einsteigen können. Im Gegenteil: Märkte, Ratingagenturen und die EU würden sofort reagieren. Ab sofort wären wir in einem nicht steuerbaren Prozess. Das Risiko ist uns zu groß.
Und durch Ihren Vorschlag, der im Wesentlichen darauf hinaus läuft, das Verfahren zu verzögern, ist auch nichts gewonnen.
2 Ein großes Thema in den Ausschussberatungen und in der 1. Lesung war die Markt- preisermittlung für das Portfolio. Die Forderung der CDU klang einleuchtend. Nach den Beratungen im Ausschuss sieht es aber anders aus. Die Wertermittlung ist von unserer Entscheidung aber getrennt. Sie hat für das Land keine entscheidende Bedeutung.
Bei einem höheren Wert der Portfolios steigt der Verkaufspreis, bei einem niedrigeren Wert steigt der Verlust der Bank und damit die Abrechnung gegen die Garantie. Für das Land läuft es durch diese Verrechnungseffekte bei der Wertermittlung auf dasselbe hinaus.
Das Risiko, dass die Länder zu viel bezahlen und die Portfolien danach weiter an Wert verlieren und dadurch mehr Verluste entstehen, ist äußerst gering:
a) Es geht ohnehin um Schrottwerte. b) Der Preis wird im Stressszenario von externen GutachterInnen ermittelt. c) Danach wird die EU-Kommission möglicherweise noch einen Abschlag vornehmen. d) Eine verschlechterte Wirtschaftslage würde sich genauso im Abwicklungsszenario negativ auswirken.
Es bringt keinen entscheidenden Vorteil, das Gutachten abzuwarten und die Entschei- dung aufzuschieben.
Wir im Schleswig-Holsteinischen Landtag haben einen Punkt, den wir im Gegensatz zu unseren KollegInnen aus Hamburg noch verstärkt mitdenken müssen: die Standortfra- ge.
Die Beschäftigten in Kiel machen sich Sorgen um ihre Arbeitsplätze und auch für die Stadt und das Umland hätte eine Schließung des Standorts negative Auswirkungen.
Wir haben großes Verständnis für die vielen MitarbeiterInnen, die sich Sorgen um ihren Arbeitsplatz machen. Auch weil die allermeisten von ihnen mit den Altlasten der Ver- gangenheit nichts zu tun haben.
Erst mal sichert die angestrebte Lösung die Arbeitsplätze bis zu einer möglichen Priva- tisierung. Eine sofortige Abwicklung hätte für die MitarbeiterInnen keinen Vorteil. Auch wenn wir die Arbeitsplätze am Standort Kiel nicht um jeden Preis halten können, müs- sen wir über diese Fragen weiter diskutieren.
Wir machen uns die Entscheidung über die HSH nicht einfach. Ich habe die intensiven Beratungen, die leider teilweise hinter verschlossenen Türen stattfinden mussten, mit- erlebt.
Viele KollegInnen in der Grünen Fraktion hadern aufgrund der Reichweite und grund- sätzlicher Erwägungen mit der Zustimmung zum Staatsvertrag. Wer tut das nicht? Denn die Entscheidung geht an die Grenzen dessen, was wir beurteilen können, je tie- fer man in die Entscheidung eindringt, desto komplizierter wird es.
Und dass viele Informationen nur vertraulich zugänglich sind, verschärft das Problem. Wir befinden uns in einem unbefriedigenden Dilemma. Wir entscheiden allerdings nicht grundsätzlich über die Frage, ob wir eine Bank retten wollen, sondern wie wir bestmög- lich aussteigen.

3 Wir müssen uns darüber klar sein, dass die Verluste für das Land schon lange besie- gelt sind. Es geht nun darum, sie soweit wie möglich zu minimieren. Schon zu oft wur- den falsche Entscheidungen im Zusammenhang mit der HSH getroffen. Es ist gut, dass dieses Kapitel für unser Land zu Ende geht.
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