Lars Harms: Vormundschaften sind Gold wert
Presseinformation Kiel, den 20. November 2015 Es gilt das gesprochene WortLars Harms TOP 25 Inobhutnahme von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen Drs. 18/3529 „Vormundschaften sind Gold wert.“ Die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge kommen aus Afghanistan, Eritrea, Somalia, und immer häufiger auch aus Syrien. In diesem Jahr werden etwa 2500 allein reisende Kinder und Jugendliche erwartet, die zu uns nach Schleswig-Holstein fliehen. Das sind drei Mal so viele wie im letzten Jahr. Wie viele es im kommenden Jahr werden, das weiß kein Mensch und lässt sich auch nicht hervorsagen. Dies ist ohne Zweifel eine große Herausforderung. Dieser Herausforderung gilt es nun, gerecht zu werden und zukunftsgerichtet Schritt für Schritt bessere Standards für die jungen Menschen zu erwirken. Denn klar ist, das die bisherigen Strukturen nicht für eine so große Anzahl von Jugendlichen ausgerichtet ist. Eine völlig dezentrale Unterbringung ist in dieser Hinsicht nicht immer möglich; oder gar von maßgebenden Vorteil. Denn erst einmal sollte die Fachkenntnis gebündelt werden, damit so viele Kinder und Jugendliche wie möglich von ihr profitieren können. Denn es ist ein 2entscheidender Unterschied, ob man mit seiner Familie seine Heimat verlässt, oder allein – unddas gerade als junger Mensch. Vor diesem Hintergrund braucht es schlichtweg diespezialisierte Fachkompetenz der örtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Vor demHintergrund der angespannten Lage und oftmals ausgeschöpften Kapazitäten, begrüße ich,dass eine Summe von 40.000 € für den Verein Lifeline fest zugewiesen ist. Denn schließlichnimmt der Verein eine wichtige Brücken- und Aufklärungsfunktion ein. Neben denhauptamtlichen Kräften geht es auch an dieser Stelle nicht ohne das Ehrenamt. EhrenamtlicheVormundschaften sind quasi Gold wert. Denn sie können den regelmäßigen Kontakt zumJugendlichen auf eine andere Ebene bringen, als es die Jugendämter können. Nun muss manaber ehrlicherweise auch sagen, dass die Übernahme einer Vormundschaft kein Spaziergangist. Schließlich geht es auch um Verantwortung für einen jungen Menschen, der sonst keineoder kaum Bezugspersonen in seiner Nähe hat. Diejenigen, die eine Vormundschaftübernommen haben, leisten unverzichtbare Arbeit in unmittelbarer Ergänzung zu denbestehenden Institutionen und Vereinen. Der Flüchtlingsrat hat eine detaillierte Checklisteausgearbeitet, für diejenigen, die eine Vormundschaft übernehmen wollen oder dies bereitsgetan haben. Dieses Heftchen ist mehr als nur ein Informationsflyer, sondern er arbeitetnahezu alle Fragen ab, die sich in diesem Zusammenhang ergeben können. Von daher kann ichan dieser Stelle nur dafür werben, sich diese Lektüre noch einmal genauer anzusehen, sollte einInteresse an der Übernahme einer Vormundschaft bestehen. Doch natürlich geht es auch umeine vernünftige Unterbringung. Die Unterbringung der jungen Flüchtlinge erfolgt imAllgemeinen nach den Jugendhilfevorgaben des SGB VIII. Hier müssen Abwägungsprozessestattfinden, damit trotzdem das Wohl der zu uns kommenden unter 18 –Jährigen gewährleistetwerden kann. Kompromisse gehören in gewisser Weise zum Alltagsgeschäft. Dazu reicht einBlick auf die Zahlen. So konnte der Kreis Rendsburg-Eckernförde noch Mitte September etwa 63minderjährige Flüchtlinge verzeichnen, während es in Neumünster um die 400 sind. Da kannman sich leicht zusammenrechnen, dass wir es mit sehr unterschiedlichen Verhältnissen zu tun 3haben. Ähnliches wurde auch schon in den Ausschussberatungen thematisiert. Dabei geht esnatürlich um eine ganz wichtige Frage, nämlich die nach der Bewerkstelligung der ungleichverteilten Aufgabenlast, um die Weiterbildung von hauptamtlichen Mitarbeitern und natürlichauch um adäquate Schulung für das Ehrenamt. Genau an diesen Stellschrauben müssen wirdrehen, damit sich der Alltag der jungen Flüchtlinge auch bei uns in Schleswig-Holsteinverbessert. Denn letztendlich geht es doch nur um eins, nämlich um das Miteinander.