Lars Harms: Das Recht auf Asyl ist ein grundlegendes Menschenrecht und wir dürfen nicht nachlassen, dieses Recht zu verteidigen
Presseinformation Kiel, den 19. November 2015Es gilt das gesprochene WortLars HarmsTOP 19 Anträge zur Flüchtlingspolitik Drs. 18/3530 u.a. „Das Recht auf Asyl ist ein grundlegendes Menschenrecht und wir dürfen nicht nachlassen, dieses Recht zu verteidigen.“Der Ton in der Flüchtlingspolitik wird härter, vor allem von Seiten Berlins. Aber auch in unserenNachbarländern ändern sich die Positionen und Vorgehensweisen. Der Ruf wird laut, dieAufnahmepolitik zu verschärfen. Dazu muss man aber auch sagen, dass seit dem Sommernichts anderes geschehen ist. Woche für Woche werden neue Maßnahmen verkündet oderstehen zur Verhandlung. Und dabei kann jeder sehen, dass die Dinge sich nur in eine ganzbestimmte Richtung entwickeln: Nämlich zu einer Verschärfung der bisherigenAsylregelungen. Für uns als SSW steht in dieser Hinsicht fest, dass das Asylrecht nichtausgehöhlt werden darf. Im Moment, muss man sagen, stehen wir kurz davor. Asyl auf Zeit,Sichere Herkunftsstaaten, Streichung der Rechtsmittel – all diese Dinge, die derzeit diskutiertwerden, können letztendlich ein Ausdünnen des Asylrechts bedeuten. Davor kann und muss ich 2an dieser Stelle nur warnen. Das Recht auf Asyl ist ein grundlegendes Menschenrecht und wirdürfen nicht nachlassen, dieses Recht zu verteidigen.Die Politik darf jetzt nicht den Kopf in den Sand stecken und den einfachsten Weg wählen, indem nur noch Asyl für diejenigen gilt, die zuerst da waren. Auch die Errichtung vonGrenzzäunen und ähnlichem wären sicherlich eine verhältnismäßig einfache wie auchplakative Lösung. Jedoch handelt es sich dabei um nicht mehr als ein Placeboeffekt. EinGrenzzaun, um das gesamte deutsche Bundesgebiet, wird die Menschen jedenfalls nicht davonabhalten, ihren Weg zu uns zu finden. Und auch Grenzkontrollen oder Schleierfahndungenwerden sie wohl kaum aufhalten können. Fakt ist doch, dass es in Verbindung mit derFlüchtlingsfrage schlichtweg keine einfachen Lösungen geben kann oder gar geben darf. DieBestrebungen von Seiten des Bundesinnenministers, syrische Flüchtlinge nach einem Jahrwieder zurück in ihre Heimat zu schicken, ist schlichtweg zynisch. Ein Syrer kann derzeit nichtzurückkehren! Das wissen wir und dazu brauche ich an dieser Stelle auch nichts weiterhinzuzufügen. Wiedermal wird die einfachste Lösung hervorgetan, welche nach meinerAuffassung an Zynismus und Absurdität kaum zu übertreffen ist.Was auch nicht weiter angehen kann, ist die Tatsache, dass die verlauteten Zusagen, die inBezug auf das BAMF gemacht worden sind, bisher nicht in die Tat umgesetzt worden sind. Vonder großen Ankündigung, die Behörde mit 1000 zusätzlichen Mitarbeitern zu unterstützen, istbisher nichts erreicht worden. Warum das so ist, wüsste ich an dieser Stelle auch gerne. Esbleibt unverständlich. Wertvolle Zeit geht an dieser so entscheidenden Stelle verloren. Zeit, diewir wahrscheinlich nicht in Überfluss haben und die Flüchtlinge erst recht nicht. Ohneoffiziellen Bescheid von Seiten der Behörden, kann eine Integration nur erschwert angegangenwerden. Und genau das wollen wir nicht: Menschen in der Warteschleife verharren lassen. EinKommentar der Tagesschauredaktion hat es vor einigen Tagen ganz ähnlich formuliert: ,, JederSchritt, der das Warten der Flüchtlinge in den Camps, Turnhallen und Unterkünften verlängert,ist Desintegration mit Methode.“ Harte Worte, die aber deswegen es nicht weniger Wert sind, 3gehört zu werden. Leider ist es derzeit so, dass sich Wunsch und Realität immer weitervoneinander entfernen. An dieser Stelle muss dringend gegengesteuert werden. Und das gehtnur, wenn die Arbeitsverträge für die 1000 neue Mitarbeiter beim BAMF endlich ausgestelltwerden.Auf der anderen Seite gibt es aus unserer Sicht auch erfreulicheres von Seiten derBundesrepublik zu berichten. So ist es beispielsweise nicht zur Errichtung von den intensivdiskutierten Transitzentren, in Anlehnung an das Flughafenmodell, gekommen. Wir begrüßenes, die betroffenen Flüchtlinge auch wie in der Vergangenheit nach rechtsstaatlichenPrinzipien zu behandeln. Ohnehin würde die viel erörterte Zielgruppe der Balkanflüchtlingelediglich ungefähr 5 % der Gesamtzahl an zu uns kommenden Menschen ausmachen. Was sichin Bezug auf die verbleibenden 95% ändern oder gar verbessern soll, wurde einfachausgeklammert.Auf Landesebene hat die rot-grün-blaue Regierung das jedenfalls nicht getan und hat imAllgemeinen die 100% in Blick. Dazu braucht man sich nur die Nachschiebeliste zum Haushaltansehen. Mit den Änderungsvorschlägen zum Haushaltsentwurf zeichnet sich einestrategische Aufstockung, der Behörden und anderen Einrichtungen bei uns im Land ab. Diesesoll zur Entlastung und Besserstellung in Bezug auf Flüchtlinge und Asylbewerber bei uns inSchleswig-Holstein führen. Zweifelsfrei ist dies eine große haushälterische Herausforderung,die auch in Zukunft nicht von Anpassungen frei ist. Für das kommende Jahr wird es daher einenhöheren Personalstand an den Familiengerichten geben. Auch für die regelmäßig anfallendenAusgaben, wie etwa für Dolmetscher an den Gerichten, werden mehr Mittel zur Verfügunggestellt. Zudem werden die heutigen und künftigen Erstaufnahmeeinrichtungen mit einerzusätzlichen Summe von 180 Millionen Euro unterstützt. Darüber hinaus wurden zusätzlicheMittel für Minderjährige unbegleitete Flüchtlinge, Deutschkurse für Flüchtlinge, der Betreuung 4von geflüchteten Kindern in den Kitas sowie für die IT-Ausstattung derErstaufnahmeeinrichtungen bereitgestellt. Hinzu kommen 300.000 € für die kreisfreienStädte, die besonders von Transitflüchtlingen betroffen sind. Damit werden insbesondereFlensburg, Kiel und Lübeck entlastet und das, obwohl dies strenggenommen keine Aufgabe desLandes darstellt. Deswegen ist es jedoch nicht weniger wichtig, den weiterreisenden Männernund Frauen beim Zwischenstopp bei uns im Land einen vernünftigen Aufenthalt gewähren zukönnen.Was aus unserer Sicht nicht zu einem vernünftigen Aufenthalt, egal ob nun kurz- oderlangfristig, gehört sind Gutscheine, elektronische Konsumkarten oder ähnliches. Der Vorrangvon Sach- gegenüber Geldleistungen für Asylbewerber ist unserer Meinung weder zeitgemäß,noch finanziell vorteilhaft. Ganz im Gegenteil, Sachleistungen haben etwas Erniedrigendes. Sieentmündigen die Flüchtlinge zusätzlich in ihrer eigenständigen Lebensführung. Spätestenswenn man vorm Regionalbus steht, der zum Fußballverein in den Nachbarort fährt, ist Bargeldeinfach unerlässlich. Integration heißt manchmal eben auch, sich eine Brause in der lokalenSportschänke kaufen zu können. Zur Problematik kommt hinzu, dass Sachleistungen für dieKommunen besonders kostspielig sind, weil sie die Vergabe der Sachleistungen gründlichadministrieren, eventuell sogar noch lagern müssen und dementsprechend den Bestandkontrollieren, abrechnen und managen müssen. Wir als SSW meinen, dass ein kompletterVerzicht auf Bargeldauszahlungen für Flüchtlinge einfach völlig lebensfremd ist. Von daherhaben wir auch Bedenken, wenn es um die Einführung einer Zahlungskarte, wie es etwa inBaden-Württemberg gerade der Fall ist, geht. Wir wollen jedenfalls keinen Gutschein aufUmwegen. Klar ist, dass wir in diesen Zeiten herausgefordert sind und dafür den einen oderanderen Umweg in Kauf nehmen müssen. Doch gilt es, diesen vor Krieg und entsetzlichstenErfahrungen fliehenden Menschen gerecht zu werden. Unsere Aufgabe ist es ihr Leid und ihreWürde ernst zu nehmen. Und davon sollten wir uns um nichts in aller Welt abbringen lassen.