Navigation und Service des Schleswig-Holsteinischen Landtags

Springe direkt zu:

Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.

Datenschutzerklärung

Pressefilter

Zurücksetzen
19.11.15
15:13 Uhr
SSW

Heute gehen wir wieder einen Schritt voran, um in der Minderheitenpolitik ein Vorbild zu sein

Presseinformation Kiel, den 19. November 2015

Es gilt das gesprochene Wort



Lars Harms
TOP 9+57 Gesetzentwurf zur Stärkung der autochthonen Minderheiten und zum Handlungsplan Sprachenpolitik Drs. 18/3536


„Heute gehen wir wieder einen Schritt voran, um in der Minderheitenpolitik
ein Vorbild zu sein!“


Di hiire loondäispräsidänt, liiw följkens,



diling gunge we wider en trees foram, am önj e manerhäidepolitiik en forbil tu weesen. Än en
forbil tu weesen, dåt koone we nooch bekånd weese.



Die Sprachen der Minderheiten überleben nur dann, wenn ihnen auch Räume geschaffen
werden, in denen sie überleben können. Das gilt insbesondere für die friesische Sprache in
unserem Land, die als „besonders bedroht“ durch die UNESCO eingestuft wird. 2



Schon einer unserer ehemaligen Kollegen, der Landtagsabgeordnete Kurt Hamer hat als
Minderheitenbeauftragter die Vision von einem Modell Nordfriesland gehabt, in dem es darum
ging, der friesischen Sprache möglichst viele Lebensbereiche zu verschaffen. Genau das war auch
der Hintergrund, im Jahr 2004 das Friesisch-Gesetz zu beschließen. Es enthielt erstmals
Bestimmungen zur zweisprachigen Beschilderung von Verwaltungsgebäuden und zur Nutzung
der friesischen Sprache im öffentlichen Raum. Durch das Gesetz ist die zweisprachige
Beschilderung an Landesgebäuden eingeführt worden und auch der Kreis Nordfriesland hat an
seinem Gebäude eine mehrsprachige Beschilderung vorgenommen. Auch was die die
Beschilderung an Bahnhöfen und die straßenverkehrsrechtliche Beschilderung angeht, hatte
das Gesetz Erfolg. Die zweisprachigen Ortsschilder sind immer beliebter geworden und seit
Bestehen des Gesetzes ist immer öfter ein zweisprachiges deutsch-friesisches Ortsschild zu
sehen.



An diesem Punkt will unser neuer Gesetzentwurf ansetzen. Es geht darum, die friesische Sprache
noch besser nutzbar und noch besser sichtbar zu machen. Gerade diese Sichtbarkeit einer
Minderheitensprache und damit auch der Minderheit an sich, ist ein wichtiger Kern europäischer
Minderheitenpolitik. Was in der Bretagne, im Baskenland, in Kärnten, in der Lausitz oder in
Südtirol völlig normal ist, ist bei uns eben noch nicht vorhanden. Und genau hier setzen wir an.
Wir werden die zweisprachige wegweisende Beschilderung im nächsten und übernächsten Jahr
umsetzen und so in diesem Bereich den europäischen Standard des Minderheitenschutzes
erreichen. Das ist nicht trivial, sondern hier wird ein wichtiges Recht gewährt, dass in mancher
Region eben auch noch nicht erreichbar ist. Somit reihen wir uns in die Vorbilder ein, die zeigen
wollen, dass ein gemeinsames Miteinander möglich ist. 3



Hierzu gibt es noch zwei Anmerkungen zu machen, damit keine Missverständnisse entstehen.
Bei der zweisprachigen wegweisenden Beschilderung wird nicht eine Minderheit gegenüber den
anderen Minderheiten bevorzugt. Die Minderheit der Sinti und Roma wünscht nicht, dass ihre
Sprache im öffentlichen Raum genutzt wird und das ist zu respektieren. Und auch bei der
dänischen Minderheit gibt es hier noch keine abgeschlossene Haltung zu dieser Frage, so dass
wir auch hier noch nicht solche Maßnahmen planen. Wenn so etwas kommen soll, dann muss
es durch die Minderheit selbst gewünscht sein und dies ist bei den Friesen der Fall. Darüber
hinaus setzen wir dies aber nicht nur um, um ausschließlich Minderheitenförderung zu
betreiben, sondern wir sehen auch dem Mehrwert, den diese Maßnahme für den Tourismus hat.
In Nordfriesland wird man durch die zweisprachige Beschilderung noch besser auf ein absolutes
Alleinstellungsmerkmal gestoßen, dass es dann auch zu vermarkten gilt. Letztendlich trägt diese
Beschilderung somit auch zu einer Verstetigung der wirtschaftlichen Entwicklung und zum
Erhalt von Arbeitsplätzen bei. Und das Ganze gibt es für die Region zum Nulltarif, weil ja das
Land die Beschilderung für die Kommunen übernimmt.



Im Friesisch-Gesetz wollen wir aber noch mehr spezielle Regelungen einführen, um auch im
Verwaltungsbereich noch mehr Friesisch zu ermöglichen. So soll es eine Zielsetzung im Gesetz
geben, die dazu führen soll, dass mehr Mitarbeiter Friesisch sprechen können. Das
Einstellungskriterium Friesisch soll schon im Vorwege abgefragt werden. Das heißt, die
Verwaltung soll sich schon vor der Stellenausschreibung überlegen, ob eine zusätzliche
Qualifikation „friesische Sprachkenntnisse“ notwendig oder wünschenswert ist und dann soll
entsprechend ausgeschrieben werden. Wir erhoffen uns von dieser Bestimmung, dass man nicht
nur wie bisher das Recht hat, Friesisch als Einstellungskriterium nachzufragen, sondern dass
man es dann auch vermehrt tut. 4



Und wir wollen den Artikel 10 Abs. 4 der Europäischen Charta der Regional- und
Minderheitensprachen auch landesrechtlich umsetzen. Hier geht es darum, dass Mitarbeiter auf
Wunsch in dem Gebiet eingesetzt werden können, in dem ihre friesische Sprachform gesprochen
wird. Das macht nicht nur Sinn für den einzelnen Mitarbeiter, sondern auch Sinn für die jeweilige
Verwaltung oder auch für die jeweilige Schule. Ein Lehrer, der eine bestimmte friesische
Sprachform unterrichten kann, sollte am besten auch dort unterrichten können, wo die
Sprachform gesprochen wird. Die Bestimmung aus der Sprachencharta ist weder bei der
Bevölkerung noch bei den Behörden oder Schulen hinlänglich bekannt, so dass es Sinn macht,
sie ins Landesrecht mit aufzunehmen.



Men i sammenhæng med frisisk-loven ændrer vi også en lovbestemmelse der har en særlig
betydning for det danske mindretal. I de sidste år har medlemmer af det danske mindretal flere
gange stået foran særlige vanskeligheder når de var anvist på at fremvise papirer der var skrevet
på dansk.
Hatte man dänischsprachige Unterlagen, die beispielsweise beim Lohnsteuerjahresausgleich
mit berücksichtigt werden sollten, dann konnte es vorkommen, dass diese durch den
Steuerbürger kostenpflichtig übersetzt werden mussten. Da Angehörige der dänischen
Minderheit besonders häufig zur Arbeit nach Dänemark pendeln, war dies ein besonders
Ärgernis. Und dieses Ärgernis zog sich durch alle möglichen weiteren Lebensbereiche. Deshalb
ist es ein riesiger Schritt für die Menschen, dass nun nicht mehr kostenpflichtige Übersetzungen
beigebracht werden müssen, wenn man im Landesteil Schleswig Urkunden und Belege in
dänischer Sprache, in Nordfriesland und auf Helgoland in friesischer Sprache und im ganzen
Land auf Niederdeutsch einreicht. Das erleichtert im Grenzland die deutsch-dänische 5
Zusammenarbeit und es ist auch ein Zeichen dafür, dass alle Minderheiten- und
Regionalsprachen in Schleswig-Holstein gefördert werden.



Ich bin mir auch sicher, dass es hier nicht zu einem riesigen Verwaltungsaufwand kommen wird.
Erstmal bin ich ohnehin der Überzeugung, dass die meisten Verwaltungen und Behörden „ihre“
Regional- und Minderheitensprachen verstehen können. Und in den Fällen, wo dies nicht der Fall
ist, kann man über eine kluge Personalplanung kurzfristig Abhilfe schaffen.



Aber alles ist nichts, wenn wir uns nicht auch um den Spracherwerb bei den Kleinsten kümmern.
Wenn de lütten Kinners en Sprock lernen doot un se dann uk noch gode Berufschancen in de
Verwaltung hebbt, dan geiht dat in´t ganze Land barchop mit de Sprocken. Un dor wüllt wi jo
hin!
Deswegen wollen wir auch noch das Kindertagesstättengesetz ändern. In Zukunft sollen auch
Angebote zu den Minderheiten- und Regionalsprachen in die Zielsetzung des
Kindertagesstättengesetzes aufgenommen werden. Damit sollen in Zukunft
Sprachbildungsmaßnahmen in den Minderheiten- und Regionalsprachen gefördert werden.
Bisher war alles auf Freiwilligkeit angelegt und es gab keine explizite Förderung für diesen
Bereich. Wer aber will, dass unsere heimischen Sprachen belebt werden, der muss auch Anreize
setzen. Und mit diesem Passus, der dann in die jährlichen Erlasse zur Förderung der
Betriebskosten und Sprachbildungsmaßnahmen der Kindertagesstätten Eingang finden wird,
wird eine neue Förderung für die Regional- und Minderheitensprachen eröffnet. Das heißt, dass
auf der einen Seite klassische zusätzliche Sprachangebote in friesischer, niederdeutscher oder
auch dänischer Sprache gefördert werden, aber ich könnte mir auf der anderen Seite auch
vorstellen, dass eine solche Gesetzespassage auch eine Förderung von Mediatoren in 6
Kindergärten für die Kinder der Sinti und Roma zulässt – ähnlich wie bei den Projekten in den
betreffenden Schulen.



Im Übrigen wäre dies auch eine Ergänzung zu den Angeboten, die wir schon an den Schulen
haben. Wir haben eine stabile Zahl an Schülern an den dänischen Schulen. Wir haben seit einigen
Jahren wieder steigende Zahlen von Schülerinnen und Schülern, die am Friesischunterricht
teilnehmen.
Hier wird sich in Zukunft auch das neue Konzept im Handlungsplan Sprachenpolitik auswirken,
durch das Schulen ihr Profil, was Friesisch angeht, schärfen sollen und wo es darum geht, eine
feste Zusammenarbeit zwischen Grundschulen mit Friesischunterricht und ihren
weiterführenden Schulen zu etablieren. Die Insel Föhr ist hier ein leuchtendes Beispiel, aber ich
weiß auch, dass auf dem nördlichen Festland in Nordfriesland und auf der Insel Sylt
entsprechende Ideen umgesetzt werden sollen. Und auch auf Helgoland denkt man über die
Ausweitung des Friesischunterrichtes nach, der an den dänischen Schulen im Übrigen schon
ausgeweitet wurde. Nimmt man dann noch die vielen Schulen im ganzen Land mit
Niederdeutschunterricht dazu, dann wird das Ganze eine runde Sache.



Unser Ziel ist es, die Sprachenvielfalt, wie es unsere Verfassung auch vorgibt, in den
Kindergärten und in den Schulen zu fördern und auch im Berufsleben zu verankern. Nur, wenn
auch diese Bereiche für die Sprachenvielfalt offen stehen, haben wir eine reelle Chance, die
Sprachenvielfalt in unserem Land als etwas Prägendes zu erhalten.



Ik seed foole tunk, dåt jam me tuhiird hääwe. Än ik wörd fernäid weese, wan we näist iir dåtheer
gesätse-påk gemiinsom beslite wörden.