Lars Harms: Durch Minderheitenberichte entwickeln wir die kommunale Demokratie weiter
Presseinformation Kiel, den 18. November. 2015Es gilt das gesprochene WortLars Harms TOP 7, 10, 12 & 13 Kommunalrechtliche Vorschriften Drs. 18/3500, 3537, 3539 & 3559 „Durch Minderheitenberichte entwickeln wir die kommunale Demokratie weiter.“Angesichts der Fülle von Vorlagen und der Kürze der Zeit beschränke ich mich auf drei Punkte.Erstens: Berichtspflicht der Kommunen zum Stand der Förderung der Minderheiten. Schleswig-Holstein setzt damit seinen erfolgreichen Weg zur Erfüllung der Europäischen Charta derRegional- oder Minderheitensprachen fort, indem nun auch durch eindeutige,kommunalrechtlichen Regelungen der Schutz und die Förderung der Minderheiten gesichertwerden. Am Wochenende lobte bereits der Vorsitzende der Expertenkommission, die dieEinhaltung der Charta beobachtet, Prof. Stefan Oeter, diese Vorlagen. Auch die Minderheitenselbst haben gute Erfahrungen mit dem Berichtswesen gemacht; und zwar mit den freiwilligenBerichten aus Flensburg und Nordfriesland. So wie auch auf Landesebene erfüllen diesekommunalen Berichte zur aktuellen Situation der Minderheiten eine enorm wichtigeInformationspflicht. Gerade die Feierlichkeiten zum 60. Jahrestag der Bonn-Kopenhagener 2Erklärungen haben einmal mehr gezeigt, dass Minderheiten oft unter sich bleiben. DieMehrheitsbevölkerung kennt die Minderheiten nicht; von deren Problemen zur Anerkennungund Förderung einmal ganz zu schweigen. Die Landesregierung hat in dieser Hinsicht, also beider Sichtbarmachung der Minderheiten, viel geschafft; die kommunale Ebene, mit denen dieBürgerinnen und Bürger direkten Kontakt haben, zieht jetzt nach. Das Wissen um dieMinderheiten in Schleswig-Holstein zu vermehren, ist so wie ein dickes Brett zu bohren. Nur weretwas kennt, wird sich auch dafür einsetzen.Doch über die Information hinaus geben die Berichte auch einen guten Überblick über die Lage,in der sich die Minderheiten aktuell befinden. Wo und wie werden ihre Sprache und Kulturgefördert, sind nur einige der Fragen, die so ein Bericht beantwortet. Damit bilden die Berichte,wenn sie regelmäßig wiederholt werden, eine hervorragende Grundlage für eine an Faktenorientierte Maßnahmenkontrolle der kommunalen Minderheitenpolitik. Greifen dieMaßnahmen, oder laufen sie etwa ins Leere? Wenn letzteres der Fall ist, dann kann zeitnahgegengesteuert werden. Darum ist es gut, dass die Gemeindeordnung dementsprechenderweitert wird.Zweitens: Verhältnisberechnung im Wahlrecht. Das Gemeinde- und Kreiswahlgesetz orientiertsich an der Saint-Laguë/Schepers-Methode. Dieses Divisor-Verfahren wird - bis auf Mecklenburg-Vorpommern – in allen norddeutschen Bundesländern angewendet. Dieses moderneSitzzuteilungsverfahren setzt sich seit zwei Jahrzehnten langsam durch, weil es Wählerstimmensehr gut in Abgeordnetenmandate umrechnet. Eine Benachteiligung bzw. Bevorzugung großeroder kleiner Parteien ist wesentlich unwahrscheinlicher. Das war jahrzehntelang unsere Kritikam Verfahren nach d’Hondt. Darum seinerzeit die Entscheidung auch für die kommunale Ebenedie Sainte-Laguë/Schepers-Methode einzuführen. Mit deren Teilern wird das Wahlergebnisbesser abgebildet. Der Divisor wird allerdings etwas an schleswig-holsteinische Verhältnisseangepasst. Er soll bei 0,7 liegen, so dass die Hürde für das erste Mandat bei ca. 0,7 Sitzen liegtund nicht bei einem halben Sitz, wie es der Divisor 0,5 vorsieht. Wir werden allerdings genau 3prüfen, ob die gewünschten Effekte eintreten. Unser Ziel muss bleiben, dass jede Stimme zumgleichen Ergebnis führt. Das neue Verfahren minimiert die Abweichung Sitz pro Stimme, so dassdie Verhältnisausgleichberechnung aller teilnehmenden Parteien bzw. Wählergruppen nochgerechter wird.Drittens: Mandatsverteilung. In § 10 des Gemeinde- und Kreiswahlgesetzes wird zukünftig allenParteien, die mehr als 50% der Stimmen erhalten, aber durch die Verhältnisausgleichberechnungnicht die Hälfte der Mandate erhalten, ein Ausgleichssitz zugeteilt. Damit wird eineUngerechtigkeit im Wahlrecht ausgebügelt. Ich möchte an dieser Stelle aber ausdrücklichhervorheben, dass diese Konstellation eine absolute Ausnahme darstellt. In seltenen Fällen kannes überhaupt dazu kommen, dass sich durch die Verhältnisausgleichberechnung nicht dieMehrheit der Mandate erhält. Nichtsdestotrotz gilt es, für diesen Fall vorzusorgen. Dienachlassende Bereitschaft, sich an Kommunalwahlen zu beteiligen, würde weiter befördert,wenn es weiter dazu kommen würde, dass eine Partei zwar die Mehrheit der Stimmen hat, abertrotzdem nicht die Mehrheit der Mandate. Dem Wählerwillen muss unbedingt entsprochenwerden. Aus diesem Grund schlagen wir eine entsprechende Ergänzung des Wahlrechts vor, diezumindest die Sicherheit gibt, dass im Rat nichts gegen die Partei mit Stimmenzahl über 50%entschieden werden kann.Mit den Regelungen zum Ausgleichsmandat bei mehr als 50% der Stimmen und mit dem Teiler,der auf 0,7 gesetzt wird, korrigieren wir Ungenauigkeiten in unserem Wahlrecht und machen esnoch ein bisschen gerechter. Was die Regelungen zu den Minderheiten angeht, entwickeln wirdie kommunale Demokratie weiter. Es wird in Zukunft noch deutlicher, dass Minderheitenschutzauch eine kommunale Aufgabe ist und wir schaffen ein Instrument, das diesenMinderheitenschutz auch kontrolliert.