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14.10.15
18:00 Uhr
B 90/Grüne

Marlies Fritzen zur Grenzdokumentationsstätte Lübeck-Schlutup

Presseinformation

Landtagsfraktion Schleswig-Holstein Pressesprecherin Claudia Jacob Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 Es gilt das gesprochene Wort! 24105 Kiel
Zentrale: 0431 / 988 – 1500 TOP 16 – Bewusstsein für die Bedeutung der Durchwahl: 0431 / 988 - 1503 Deutschen Einheit aufrecht erhalten – Förderung Mobil: 0172 / 541 83 53 der Grenzdokumentationsstätte Lübeck-Schlutup presse@gruene.ltsh.de www.sh.gruene-fraktion.de Dazu sagt die kulturpolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Nr. 421.15 / 14.10.2015
Marlies Fritzen:

Alles in einen Topf geworfen Meine Damen und Herren,
Mauerfall und deutsche Einigung vor 25 Jahren sind – neben „9/11“ – die historisch bedeutendsten Ereignisse, von denen meine Generation als Zeitzeugen berichten kann. Die friedliche Revolution gegen Unfreiheit und Unrecht ist ein beispielloses, ein beeindruckendes Kapitel in unserer Geschichte, auf das die BürgerInnen der DDR zu Recht sehr stolz sein können.
Das Jahr 1989 markiert eine Zeitenwende. Für Deutschland und die Welt. Die inter- nationale Politik war danach eine andere. Die Konfrontation zwischen Ost und West, die jahrzehntelang die Machtverhältnisse in der Welt ausbalancierte, war aufgeho- ben. Die einzelnen Staaten mussten neue Rollen und neue Strategien finden.
Ein Zurück zu den Nationalstaaten – wie es derzeit im Zusammenhang mit der aktu- ellen Flüchtlingssituation diskutiert wird – schien unmöglich. Im Gegenteil: das „neue“ Deutschland wäre ohne die europäische Integration nicht denkbar. Auch daran ist zu erinnern, wenn wir heute den historischen Moment feiern.
Er gemahnt uns wie die Erfahrung des nationalsozialistischen Gewaltregimes an un- sere humane Pflicht zum Asyl, an unsere Verantwortung in Europa sowie aber auch an unsere Kraft, Herausforderungen, wie sie derzeit die Aufnahme und Unterstüt- zung von Geflüchteten darstellen, zu meistern.
1919, 1939, 1949, 1989/90, 2015 sind Daten deutscher Geschichte, die zusammen gehören, weil sie sich aufeinander beziehen. Sie sind Teil des kollektiven Gedächt-
Seite 1 von 2 nisses unseres Landes. Eines Gedächtnisses, das wach bleiben muss, um die Ent- scheidungen in der Zukunft an diesen Erfahrungen zu messen und auszurichten. Deshalb braucht es auch Stätten des Erinnerns und des Innehaltens. Und deshalb ist es auch richtig, hier und heute über die Grenzdokumentationsstätte Lübeck- Schlutup zu sprechen.
Der CDU-Antrag für eine Landesförderung dieses Museums rückt dieses in einen größeren öffentlichen Blickpunkt. Das ist gut und richtig. Nicht gut ist es, wenn dieses Grenzmuseum mit den Gedenkstätten zur Erinnerung an die Verbrechen der Natio- nalsozialisten im Land gleich gesetzt wird, wie in einer Pressemitteilung der CDU vom April 20115 geschehen.
Diese Gleichsetzung insinuiert auch eine Gleichsetzung der NS-Verbrechen mit dem Unrecht in der DDR. Eine solche Gleichsetzung ist historisch falsch und politisch nicht akzeptabel. Das Landesgedenkstättenkonzept betrifft die Weiterentwicklung und Sicherung der Gedenkstättenarbeit zur Erinnerung an die NS-Herrschaft in Schleswig-Holstein.
Diese Arbeit, die zum Teil auch schmerzhafte Aufklärung der Nachbarschaftsge- schichte in den einzelnen Orten war, wurde jahrzehntelang behindert und massiv be- kämpft. Der Vorgängerregierung aus CDU und FDP war sie – obwohl nur gering ge- fördert – ein willkommener Spartopf.
Sie haben sich auch gegen die Erhöhungen der Mittel für Gedenkstätten durch die Küstenkoalition ausgesprochen und diesen Haushaltstitel bei den letzten Etatbera- tungen erneut für massive Kürzungen vorgesehen. Jetzt eine Unterstützung der Grenzdokumentationsstätte Lübeck-Schlutup zu fordern ist, vor diesem Hintergrund weder konsistent noch sachangemessen.
Um es klar zu sagen: ich bin sehr dafür, dass das Schlutuper Grenzmuseum unter- stützt wird. Ich bin sehr dafür, dass wir uns auch über dessen Aufgabenstellung, sei- ne Ausstattung, seine wissenschaftlich Begleitung, seine didaktische Modernisierung und seinen Beitrag zur historischen Bildung unterhalten. Ich bin aber nicht dafür, al- les in einen Topf zu schmeißen und die Erkenntnisse sowohl historischer Forschung als auch politischer Debattenkultur über Bord zu werfen.
Wenn der Antrag dazu dienen sollte, hat er dem Grenzmuseum Schlutup einen Bä- rendienst erwiesen. Wenn nicht, dann sollten wir im Ausschuss ernsthaft darüber sprechen, wie angemessene Erinnerungskultur sowohl dem historischen Gegen- stand als auch dessen Deutung gerecht wird.



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