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17.09.15
12:58 Uhr
SSW

Flemming Meyer: Auftragsverwaltung muss endlich auch angemessen vom Bund gegenfinanziert werden

Presseinformation Kiel, den 17.09.2015

Es gilt das gesprochene Wort



Flemming Meyer TOP 12 Keine Bundesautobahngesellschaft – Auftragsverwaltung des Bundes für die Bundesfernstraßen und die Bundesstraßen durch die Länder beibehalten Drs. 18/3190

„Auftragsverwaltung muss endlich auch angemessen vom Bund gegenfinanziert werden“

Jahrelang wurde die Tatsache, dass Investitionen in den Erhalt von Straßen und Wegen
sträflich vernachlässigt worden, in Fachgremien versteckt. Aber jetzt geht es nicht mehr: die
Probleme sind so offensichtlich, dass sie wirklich jeder Laie und jeder Autofahrer erkennen
kann: Manches Schlagloch führt direkt in die Werkstatt und Speditionen in die Miesen.
Geschwindigkeitsbegrenzungen zeigen, wo Straßen einfach nicht mehr halten.


Also: Gefahr erkannt – Gefahr gebannt! Mitnichten. Die derzeitigen Entscheidungs- und
Finanzierungsstrukturen werden wohl auf absehbare Zeit nicht geändert. Die Verkehrsminister
der Länder haben erst im Juli noch einmal bestätigt, dass in der laufenden Legislaturperiode
wohl keine grundsätzlichen Änderungen zu erwarten sind. Erst müssen die Restrukturierung 2
des Systems Straßenbau und Straßenerhalt gründlich überlegt sein. Dem kann man trotz des
erheblichen Problemdrucks nur zustimmen.
Schließlich ist die Motivlage bei Bundesverkehrsminister Dobrindt, der eine
Bundesautobahngesellschaft gründen will, völlig klar. Die neue Liste der Straßenbauvorhaben
zeigt wieder einmal ganz deutlich, dass der Berliner Minister eher auf Anrufe bayerischer
Bürgermeister reagiert als denn auf Forderungen nach der Optimierung der Infrastruktur im
Transitland Schleswig-Holstein. Darum werden Ortsumgehungen in Bayern gleich reihenweise
finanziert, während der vierspurige Ausbau der Autobahn Richtung Fehmarnbelt erst einmal
auf Eis gelegt wird. Wir haben es also mit einem Verkehrsminister zu tun, der nicht nach
objektiven Kriterien, sondern lieber nach Wahlkampf entscheidet. Darum warne ich
ausdrücklich vor der unkritische Übernahme der Vorschläge. Dobrindt ist der König der
bayrischen Dorffürsten.


Die Verkehrsminister wollen gemeinsam eine neue Struktur entwickeln und Bau sowie
Unterhaltung des Verkehrsnetzes neu regeln. Die Kommission unter Leitung des ehemaligen
Verkehrsminister Bodewig hat sich zum Ziel gesetzt, Insellösungen zu vermeiden. Also: Keine
Bauprogramme mehr, nach dessen Abschluss gut ausgebaute Straßen nicht vernünftig
angebunden sind, sondern Programme, die ineinandergreifen. Gerade deswegen hat sich das
Prinzip der Auftragsverwaltung bewährt; zumindest was Schleswig-Holstein angeht. Die ca.
1.400 Mitarbeiter des Landesbetriebs Straßenbau und Verkehr kennen jeden Kilometer Straße
hierzulande, gerade weil sowohl für Autobahnen als auch für Bundes-, Landes- und
Kreisstraßen zuständig sind.


Diese vernetzten Kenntnisse bewähren sich angesichts der enormen Verkehrsdichte in
Schleswig-Holstein immer wieder. So werden zum Beispiel bereits in Dagebüll die Touristen per
Schild auf eine Baustelle aufmerksam gemacht, die 25 Kilometer weiter in Bredstedt in Gang
ist. Das Schild bietet eine Ausweichroute über Flensburg an. Die ist zwar ein Umweg, bedeutet
aber eine erhebliche Zeitersparnis auf dem Weg nach Hause. Das Beispiel zeigt, dass eine 3
Straße nicht isoliert gesehen werden kann, sondern immer im Verbund mit anderen Straßen.
Und genau da spielt es eben keine Rolle, was für eine Straße es nun ist.
Eine Bundesautobahngesellschaft, wie Dobrindt sie vorschlägt, würde sich ausschließlich mit
den Bundesautobahnen beschäftigten. Sie könnte also die dringend nötigen Vernetzungen gar
nicht leisten. Staus sind also vorprogrammiert. Bereits aus diesem Grund ist sie abzulehnen.
Allerdings ist nicht die Bundesautobahngesellschaft das Hauptproblem, sondern das neue
Finanzierungssystem, dass sie quasi im Gepäck hat. Dobrindt möchte mittels der neuen
Gesellschaft nämlich auch gleich die Finanzierung ändern. Letztlich droht also die
Privatisierung von öffentlicher Verkehrsinfrastruktur, bei der private Konzerne den Gewinn
einstreichen. Der Staat gibt Planungsmöglichkeiten aus der Hand und verringert seine
Steuerungstiefe. Das halte ich für grundverkehrt.


Allerdings warne ich auch davor, das System, wie wir es jetzt haben, einfach fortzuführen. Die
Auftragsabwicklung wird nicht immer angemessen durch den Bund gegenfinanziert. Darüber
hinaus muss die Bauerhaltung endlich nachhaltig finanziert werden und langfristig gesichert
sein. Darum ist es gut, dass Verkehrsminister Meyer Mitglied in der Bodewig-Kommission ist.