Kai Vogel zu TOP 10: Den Rückschritt zur klassischen Sortierung lehnen wir ab
Es gilt das gesprochene Wort!Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html Kiel, 17. September 2015TOP 10, Gesetzentwurf zur Wiedereinführung der Schulübergangsempfehlung und zur Stärkung der Durchlässigkeit zwischen den Schularten (Drs. 18/3346)Kai Vogel:Den Rückschritt zur klassischen Sortierung lehnen wir abLiebe Frau Klahn, es kommt selten vor, doch bei diesem Antrag bin ich Ihnen dankbar, dass Sie ihn eingereicht haben. Die FDP will zur Regionalschule zurück – eine schönere Schlagzeile kann sich die Koalition kaum wünschen! Sie wollten sich mit diesem Gesetzentwurf wohl in der FDP Fleißpünktchen verdienen und uns die Gelegenheit geben, die Unterschiede zwischen Ihrer rückgewandten Schulpolitik und unserer auf Konsens beruhenden Schulpolitik öffentlich darzustellen.Kurz zusammengefasst sagt ihr Antrag folgendes aus: Die FDP fordert: Wir lösen den Schulfrieden auf, in dem wir eine neue Systemdebatte herbeiführen. Die FDP sagt: Wir führen die Regionalschule wieder ein, wir nennen sie aber Gemeinschaftsschule, die nicht zum Abitur führt. Die FDP sagt: Die Gemeinschaftsschulen mit Oberstufe sei eine unwichtige Randerscheinung. Denn – so schreiben Sie – zuvorderst sei die Gemeinschaftsschule für die Erlangung des ersten allgemeinbildenden und des mittleren Bildungsabschlusses zuständig. Damit ist klar: Gemeinschaftsschulen mit Oberstufe sind nicht gewollt. 2Frau Klahn, man könnte den Eindruck haben, Sie haben sich absolut schlecht beraten lassen oder der Gesetzentwurf ist einfach naiv – aber das kann ich mir bei Ihnen kaum vorstellen.Einstimmig haben sich die Verbände, die Landeselternbeiräte aller Schulen und die Landesschülervertretungen für die Umwandlung der Regionalschule zur Gemeinschaftsschule ausgesprochen. Es war gewagt, von der Koalition dieses in den Bildungskonferenzen zur Abstimmung zu stellen – doch das Ergebnis war im Falle der Regionalschule absolut eindeutig. Ich habe viele Regionalschulen vor der Umwandlung besucht und keine gesprochen, die sich das alte System zurückwünscht. Ich habe viele Gemeinschaftsschulen besucht und keine kennen gelernt, die sich nicht eine Oberstufe wünscht.Die FDP kehrt nun inhaltlich zur Regionalschule zurück und Oberstufen an den Gemeinschaftsschulen sind kein Ziel für sie.Der Landtag hat Anfang 2014 das neue Schulgesetz verabschiedet, das mit Beginn des Schuljahres 2014/15 in Kraft getreten ist. Im Mittelpunkt stand der Umbau des schleswig- holsteinischen Schulsystems mit zwei nicht gleichartigen, aber gleichrangigen Schularten in der Sekundarstufe und mit drei Wegen zum Abitur.Wir haben damit die Durchlässigkeit unseres Schulsystems, die es in vergangenen Zeiten praktisch nur nach unten gab, entscheidend erhöht und die gesetzlichen Voraussetzungen dazu geschaffen, dass die Bildungsreserven bei den Kindern und Jugendlichen auch tatsächlich ausgeschöpft werden.Es war deshalb unerlässlich, die Schulartempfehlung, die in der Vergangenheit immer wieder ein Stolperstein in den Bildungskarrieren war, abzuschaffen. Sie wurde durch Information und Beratung der Eltern auf der Grundlage eines kompetenzorientierten Entwicklungsberichtes ersetzt, ohne dass das Letztentscheidungsrecht der Eltern über den künftigen Bildungsweg ihres Kindes angetastet würde.Das Paket der FDP zur Änderung des Schulgesetzes und der zugehörigen Verordnungen unterstellt, die Neuregelungen im Gesetz und in der Grundschulverordnung hätten sich nicht bewährt und seien ein Fehler gewesen. Das ist durch nichts belegt. Natürlich werden Sie ohne große Mühe Eltern und Lehrer finden, die das alte System besser finden, ebenso wie wir keine Probleme haben werden, Ihnen Kronzeugen für unsere Position zu benennen. 3Was Sie verbesserte Durchlässigkeit nennen, ist nichts anderes als die Wiedereinführung der klassischen Sortierung, wonach die leistungsstärksten Schüler auf das Gymnasium gehen sollen, während die Gemeinschaftsschule das Auffangbecken für die kognitiv weniger Talentierten sein soll.Frau Klahn, ich frage mich, wo haben Sie sich in der bildungspolitischen Diskussion nun hin verirrt? Mit Ihren Forderungen haben Sie sich inhaltlich übrigens auch einzelnen rechten Parteien sehr angenähert. Die Lucke-Partei „Alfa“ setzt auf ein dreigliedriges Schulsystem und wie Sie auf eine verbindliche Grundschulempfehlung.Aus Sicht der SPD ist jedenfalls klar, dass wir den Gesetzentwurf der FDP in zweiter Lesung ablehnen werden.Da die FDP nun einmal der seltsamen Auffassung ist, dass wir im Bildungsausschuss noch nicht genügend Anhörungen haben, werden wir natürlich einer Überweisung in den Ausschuss und einer schriftlichen Anhörung zustimmen. Aber bei Ihrem bildungspolitischen Rücksturz in das 20. Jahrhundert werden Sie nicht auf uns als Mitreisende rechnen können.