Ralf Stegner und Martin Habersaat: Hochschultour 2015
Kiel, 28. Juli 2015 Nr. 213 /2015Dr. Ralf Stegner und Martin Habersaat Hochschultour 2015 Finanzen - Hochschulgesetz - Initiativen - PerspektivenMitte Januar begann der SPD-Fraktionsvorsitzende Dr. Ralf Stegner mit seiner Besuchstour zu den Hochschulen im Land. Gemeinsam mit dem hochschulpolitischen Sprecher Martin Habersaat und den örtlichen Abgeordneten hat er neue Eindrücke vor Ort gewinnen und Gespräche über verschiedene hochschulpolitische Fragestellungen führen können. Neben Rundgängen über den jeweiligen Campus waren Gespräche mit den Präsidien, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie Studierenden Bestandteil der Besuchsprogramme. Zentrale Themen waren immer wieder die Finanzierung der Hochschulen sowie die anstehende Novelle des Hochschulgesetzes.Termine14. Januar: Musikhochschule Lübeck 15. Januar: Fachhochschule Kiel 4. Februar: Fachhochschule Westküste 4. Februar: Fachhochschule Wedel 25. März: Universität zu Lübeck 6. Mai: Fachhochschule Lübeck 7. Mai: Fachhochschule Flensburg 27. Mai: Christian-Albrechts-Universität zu Kiel 24. Juni: Muthesius Kunsthochschule 9. Juli: Europa-Universität Flensburg 2Weitere Besuche sind in Vorbereitung (u.a. Fachhochschule für Verwaltung und Dienstleistung in Altenholz, Wirtschaftsakademie)Die SPD-Politiker konnten auf ihrer Tour zahlreiche Eindrücke gewinnen:Dr. Ralf Stegner: „Unsere Hochschulen sind breit aufgestellt und bieten eine vielfältiges Angebot – von der Orgelmusik in Lübeck bis zur Energiewende in Flensburg haben wir spannende Wissenschafts-Leuchttürme im Norden. Immer wieder wurde uns deutlich gemacht, wie groß das Anliegen ist, einen verlässlichen Partner in der Landespolitik zu haben. Die Verunsicherung, die durch die schwarz-gelbe Landesregierung entstanden ist, sitzt noch tief. Bei allen Sparzwängen stellen wir - anders als die Vorgängerregierung - keine Hochschule in ihrer Existenz in Frage und halten daran fest, dass die Hochschulen im Rahmen der gemeinsam ausverhandelten Zielvereinbarungen Sicherheit hinsichtlich ihrer Zuschüsse haben müssen. Zur Verlässlichkeit gehört auch eine nachhaltige Finanzierung. Die haben wir nach dem Beschluss des Koalitionsausschusses zugesagt.“Martin Habersaat: „Wir sind überall im Land auf hohe Motivation an den Hochschulen getroffen. Hochschulen, die von engagierten Präsidien –oftmals mit neuen Präsidentinnen und Präsidenten -, Studierenden und Personalräten gestaltet und gelebt werden. Ihre Bedeutung geht dabei über den Campus hinaus. Ein gutes Beispiel dafür ist die Fachhochschule in Heide, die ich als Motor der Region bezeichnen möchte. Überall entsteht Neues auf dem Campus, etwa an der Universität zu Lübeck werden mit dem CBBM und dem Z.I.E.L. wichtige Schritte gegangen, die auch das neue Selbstbewusstsein der Stiftungsuniversität repräsentieren. Besonders hat gefreut haben mich neben den Rückmeldungen zu Inklusion und Lehrerbildung, die an den Hochschulen angekommen sind, die vielen positiven Rückmeldungen über die Zusammenarbeit der Statusgruppen an den Hochschulen, egal ob AStA und Präsidium an das CAU, Personalrat und Präsidium an der Muthesius Kunsthochschule. Eine große Baustelle bleibt, die Reduzierung von befristeten Arbeitsverhältnissen an den Hochschulen – einige machen hier vor, dass es sehr wohl geht.“ 3Zu den hochschulpolitischen Initiativen im Einzelnen:HSG-NovelleKonkreter Anlass für die Hochschulbesuche der SPD-Politiker war auch, sich rechtzeitig vor der Beschlussfassung über die anstehende Novelle zum Hochschulgesetz ein umfassendes Bild über den Regelungsbedarf zu machen. Folgende Themen spielten während der Besuche eine herausgehobene Rolle: Bauherreneigenschaft Die Hochschulen wünschen sich mehr Autonomie für die Durchführung von Bauvorhaben. Die im Gesetzentwurf enthaltene Möglichkeit einer Übertragung in Einzelfällen fand beim Gespräch des Bildungsausschusses mit den Präsidenten und Kanzlern viel Zustimmung und entspricht den auf der Hochschultour geäußerten Wünschen. Personalautonomie / Gute Beschäftigung Viele Hochschulen wünschen sich die Einführung einer Personalkostengrenze anstelle der bisherigen, als zu starr empfundenen Stellenpläne. Die Frage nach einer Personalkostenobergrenze wollen wir im Konsens mit den Hochschulgruppen regeln. Wichtig hierfür sind aus unserer Sicht: Transparenz über die Besetzung der vorhandenen Stellen, Quoten für den technisch-administrativen Bereich und regelmäßige Berichte an den Senat. Bei Befristungen ist generell zu überprüfen, ob eine entfristete Anstellung möglich ist, dies scheint uns besonders für das technische und das Verwaltungspersonal zu gelten, da diese auch bei wechselnden Projekten im Hintergrund benötigt werden. 4 Frauenförderung Das Kaskadenmodell haben wir in den Zielvereinbarungen verankert. Eine Aufnahme in das HSG ist rechtlich schwierig, weil nach Urteilen des EuGH immer der Einzelfall zu prüfen ist. Mitbestimmung Eine echte Drittel- oder Viertelparität, bei der den Professoren, den Studierenden und den übrigen Beschäftigten oder in der anderen Variante den wissenschaftlichen wie den nicht wissenschaftlich Beschäftigten ein gleiches Entscheidungsrecht eingeräumt wird, wird wegen der grundgesetzlichen Privilegierung von Forschung und Lehre nicht vollständig umsetzbar sein. Wir werden im Laufe des Anhörungsverfahren nach Möglichkeiten suche, dem Ziel einer entsprechenden Parität möglichst nahe zu kommen. Eine Variante bestände etwa in paritätisch besetzten Gremien mit unterschiedlichen Stimmrechten je nach der Betroffenheit von Forschung und Lehre. Zu Klären wäre in diesem Fall allerdings wer dies im Einzelfall definiert. Diversität Erstmals wird der Diversity-Ansatz im Hochschulgesetz verankert, die Wertschätzung von Vielfalt und ihre Nutzung für die Hochschulentwicklung. Einige Hochschulen haben uns mitgeteilt, dass sie sich für Diversitätsbeauftragte zu klein führen. An der CAU gibt es dagegen aufgrund der Größe der Hochschule Stimmen, die diese hauptamtlich einsetzen möchten. Wir erwägen unterschiedliche Regelung mit Bezug zur Hochschulgröße. Diese könnte nach fünf Jahren auf ihren Erfolg evaluiert werden. 5 „Praktische Promotion“ Die Rolle der Fachhochschulen bei der akademischen Ausbildung wird gestärkt. Deren Absolventinnen und Absolventen erhalten über das neue Promotionskolleg Schleswig- Holstein eine zusätzliche Promotionsgelegenheit. An der Muthesius Kunsthochschule und der Musikhochschule Lübeck wurde uns das Anliegen einer Möglichkeit zur „praktischen Promotion“ erläutert. Dieses halten wir grundsätzlich für nachvollziehbar und wünschenswert. Interessante Beispiele gibt es in anderen Bundesländern (z. B. Münster: Der Doktorgrad „Dr. philosophiae in artibus“ setzt sich aus einer künstlerischen und einer wissenschaftlichen Komponente zusammen.) Entsprechende Graduiertenkollegs wären einzurichten. Wir erwarten im Laufe des Anhörungsverfahren einen konkreten Formulierungsvorschlag aus Kiel und Lübeck. Vorlesungszeiten Die Europauniversität Flensburg und die Fachhochschule Flensburg wünschen sich, vor allem im Interesse einer engeren Kooperation mit der Syddansk Universitet, eine Anpassung der Vorlesungszeiten an internationale Gepflogenheiten (Frühlings- und Herbstsemester). Das kann sinnvoll sein, wenn bestehende oder angestrebte Kooperationen in Schleswig- Holstein dadurch nicht gefährdet werden. Hochschulmedizin Das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) ist mit 80 Kliniken und Instituten in Kiel und Lübeck eines der drei größten Universitätskliniken in Deutschland und mit über 12.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einer der größten Arbeitgeber in Schleswig-Holstein. Die rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts der Universitäten Kiel und Lübeck und spielt eine wesentliche Rolle in der Entwicklung beider Universitäten. An den Hochschulen werden jährlich rund 400 Medizinstudierende in der Humanmedizin und 65 in der Zahnmedizin ausgebildet. Derzeit befindet sich der bauliche Masterplan für das UKSH in Umsetzung, die nötigen Voraussetzungen wurden von dieser Landesregierung geschaffen. Der Fortschritt der 6 Bauarbeiten kann vor Ort oder online verfolgt werden. Das Projekt wird in öffentlich-privater Partnerschaft realisiert. Die Kosten für Planung, Neubau und Sanierung von Immobilien des UKSH betragen rund 520 Millionen Euro. Das Gesamtprojekt weist über eine Vertragslaufzeit von 30 Jahren ein Vertragsvolumen von rund 1,7 Milliarden Euro aus und beinhaltet den anschließenden Betrieb und die laufende Instandsetzung der Immobilien. Neu - und umgebaut sowie renoviert werden 255.301 Quadratmeter Nutzfläche. Eine gesetzliche Neuordnung der Hochschulmedizin ist für 2016 angekündigt. Derzeit arbeitet das Wissenschaftsministerium im Dialog mit den Hochschulen und dem UKSH am Referentenentwurf.FinanzenGrundfinanzierungDer Koalitionsausschuss hat am 7. Juli einen Beschluss über die Anhebung der Grundfinanzierung für unsere Hochschulen beschlossen. Hinzu kommen die bereits zugesagte Verstetigung der Mittel für den Hochschulpakt nach dessen Auslaufen.2012-2014 2016 2017 2018 2019 Summe+ 5 Mio. + 10 Mio. + 5 Mio. + 5 Mio. + 5 Mio. + 30 Mio. + 30 Mio. nach Auslaufen des HSP + 60 Mio. 7Damit befinden sich unsere Hochschulen auf Augenhöhe mit Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen.Mittel für HochschulbauHinzu kommen die bereits vereinbarten Mittel für den Hochschulbau: Hochschulbauetat 2015: 51,3 Mio. Euro Sondervermögen Hochschulbau: 83 Mio. Euro Sanierungsvereinbarung 2013 mit der CAU: 165 Mio. Euro (Laufzeit 10-15 Jahre, geplanter Baubeginn 2016)Ab 2015 ist die Mitfinanzierung von Landeshochschulbaumaßnahmen durch die Hochschulen ausdrücklich erlaubt; verwendet werden dürfen Mittel aus bereits gebildeten Rücklagen aus Globalzuweisungen (die allerdings keine konkreten Auszahlungen, sondern lediglich Zusagen des Landes sind; es gibt also diese Rücklagen nicht als Sparbuch bei den Hochschulen). Das Interesse der Hochschulen hieran ist groß.Hochschulpakt 3Bund und Land geben jeweils 225 Mio. Euro für die dritte Phase des Hochschulpakts. Diese dauert von 2016 bis 2020/23. 8Initiativen auf BundesebeneGesprächsthemen betrafen häufig auch die bundespolitische Gesetzgebung. Auch hierfür werden wir entsprechende Initiativen anstreben. Hochschulpakt 4 Der Landtag hat die Landesregierung aufgefordert, sich bei der Bundesregierung und im Bundesrat für eine vierte Programmphase des Hochschulpaktes für die Zeit nach 2023 einzusetzen (Drucksache 18/3222). Wir würden es begrüßen, wenn dieser als Einstieg des Bundes in die Grundfinanzierung der Hochschulen gelänge. Dies wäre eine gute Entwicklung weg von befristeten Projekten, hin zu einer verlässlichen Finanzierung. Fortsetzung der Exzellenzinitiative Die Exzellenzinitiative des Bundes ist 2007 gestartet und befindet sich seit 2012 in einer zweiten Runde. Ab 2017 stehen für zehn Jahre vier Milliarden Euro zur Verfügung. Die bisherige Förderung bezog sich auf Zukunftskonzepte, Cluster und Graduiertenkollegs. Künftig soll sie voraussichtlich auf Spitzenzentren und Forschungsfelder ausgerichtet werden. Im Gegensatz zu CDU/CSU, die nur wenige Eliteuniversitäten („vier oder fünf wissenschaftliche Spitzenzentren“) wollen, strebt die SPD eine breitere Förderung unter intensiver Beachtung der Lehre an. In Deutschland existieren traditionell weniger einzelne Top-Standorte, als vielmehr Topfachbereiche an unterschiedlichen Standorten. Darüber hinaus brauchen seit 2007 geförderte Cluster (in Schleswig-Holstein „Entzündungen an Grenzflächen“ und „Ozean der Zukunft“) eine Perspektive. Eine Fortsetzung der Graduiertenschulen in bekanntem Rahmen wird es wohl nicht geben (in Schleswig-Holstein „Human Development in Landscapes“ und „Computing in Medicine and Life Science“). 9 Derzeit evaluiert die Imboden-Kommission das Exzellenz-Programm und seine Auswirkungen. GWK-Vorschläge zur dessen Zukunft dürfte es nach dem ersten Zwischenbericht der Kommission im Herbst 2015 geben. Gute Beschäftigung Der Schleswig-Holsteinische Landtag hat die Bundesministerin für Bildung und Forschung aufgefordert, bei der geplanten Novellierung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes Mindeststandards für Zeitverträge einzuführen (Drucksache 18/3222). BAföG Unser Ziel ist die kontinuierliche Erhöhung des BAföG, die sich an den Lebenshaltungskosten orientieren muss. Als Beitrag zur Finanzierung könnten wir uns die Abschaffung des „Deutschlandstipendiums“ vorstellen.Perspektiven Erstaufnahmeeinrichtungen Die Einrichtung von Erstaufnahmeeinrichtungen wurden uns gegenüber an allen Standorten sehr positiv und konstruktiv begleitet. Wir danken für das vielfältige Engagement. Die Landesregierung muss im Dialog mit den Hochschulen die jetzt notwendigen Schritte veranlassen. Studieren ohne Abitur Beim Studium ohne Abitur liegt Schleswig-Holstein noch unter dem Bundesschnitt (bundesweit 2013 2,6% der StudienanfängerInnen, in Schleswig-Holstein 1,43%). Vorreiter 10sind die FH Kiel (60,84% der 1,43%), die CAU (13,29%) und AKAD FH Pinneberg (9,79%). Wir wollen über Schritte zur weiteren Öffnung unserer Hochschulen nachdenken.