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16.07.15
16:44 Uhr
SSW

Lars Harms: Für uns als SSW gilt die absolute Solidarität den Menschen in Griechenland

Presseinformation Kiel, den 16. Juli 2015

Es gilt das gesprochene Wort



Lars Harms
TOP 34A Europa muss in der Krise zusammen stehen Drs. 18/3216
„Für uns als SSW gilt die absolute Solidarität den Menschen in Griechenland.“


Vor sechs Jahrzehnten begann eine leise Revolution, die einen Großteil des Kontinents
verändert hat: Die Europäische Union hat gezeigt, dass es geht: Demokratie, Gerechtigkeit,
Freiheit und Solidarität miteinander zu verbinden. Vieles sehen wir heute als selbstverständlich
an. Wenn wir zurück blicken, wird uns bewusst, dass es eben doch alles andere als
selbstverständlich ist. Die Europäische Union hat sich nicht vom Weg abbringen lassen und ist
immer wieder für Frieden und Menschenrechte eingestanden. Unser Auftrag ist es, genau
hinzusehen und darauf zu appellieren, dass sie dies auch in Zukunft tun wird. Für uns als SSW
ist eine fortschrittliche Minderheitenpolitik ein untrennbarer Teil von funktionierenden
Menschenrechten. Entscheidend ist es, Vorbilder zu schaffen und gleichzeitig Anreize geben zu
können, für eine friedliche und ebenbürtige Minderheitenpolitik innerhalb der gesamten EU.


Mit Blick auf die hiesige Medienlandschaft und die derzeitige Debatte, möchten ich eins vor
weg schicken: Für uns als SSW gilt die absolute Solidarität den Menschen in Griechenland, die 2
seit Generationen mit Korruption, Missmanagement und schwindenden Sicherheiten zu
kämpfen haben. Wie groß das Schuldenloch der Griechen tatsächlich ist, wissen wir nicht.
Doch die Vermutung liegt nahe, dass es riesig ist und seit Jahren gewachsen ist,
beziehungsweise fortbestanden hat. Dies ist mit Sicherheit kein Geheimnis. Alle haben es
gewusst. Wenn in der EU derzeit überall von der Krise gesprochen wird, sollte man sich einmal
erinnern, wo diese Schuldenserie eigentlich angefangen hat. Begonnen hat alles mit der
Aufnahme der jeweiligen Mitgliedsstaaten und die Einführung des Euros. Griechenland war
quasi von Anfang an dabei und verabschiedete die eigene Währung im Jahre 2001. Nationen
die es gewohnt waren, in die eigene Währungspolitik einzugreifen, konnten dies nun nicht
länger tun. Man hat versucht, auf einer dünnen Basis, eine gemeinsame Währungspolitik
überzustülpen. Dass das vielleicht nicht die beste Idee war, kann man in diesen Wochen
augenscheinlich erkennen. Leider wird zu wenig über mögliche Strukturfehler oder
wirtschaftliche Sackgassen gesprochen. Wir vom SSW vermissen den Willen der höheren
europäischen Ebenen, auch mal vor der eigenen Haustür kehren zu wollen.


Was wir an dieser Stelle feststellen müssen ist, dass die Situation in Griechenland eskaliert ist.
Es ist längst keine wirtschaftspolitische Frage mehr, sondern eine geopolitische Frage
geworden. Wir als EU-Mitgliedsstaaten müssen bereit sein, Risiken zu tragen. Das schließt
nicht aus, den Griechen im Gegenzug auch etwas Abzuverlangen. Ob es richtig war, von der
Regierung in Athen so hoch zu pokern, ist fraglich. Das Provokationsniveau hätte ohne Zweifel
kaum höher sein können – von beiden Seiten.



Wenn man will, dass die Griechen in einem gewissen Grad ihren Verpflichtungen nachkommen
können, dann kann man ihnen auch nicht wirtschaftlich das letzte Bein abreißen. Sondern ein 3
Mindestmaß an Bewegungsfreiheit muss bestehen bleiben. Denn die Gesellschaft hat
schlichtweg ihre Ansprüche. Das für uns derzeit denkbarste Modell, wäre eine
Umstrukturierung der Kredite und Zinszahlungen. Aus Respekt vor den Portugiesen, Iren und
anderen Mitgliedsstaaten, kommt ein vollständiger Schuldenschnitt aus unserer Sicht
jedenfalls nicht in Frage.


Klar ist, dass es Hilfe nur geben kann, wenn der Wille da ist, auch etwas dafür zu tun. Die
Europäische Union ist eine Gemeinschaft. Die Wirtschaft sollte da nur Mittel zum Zweck sein.
Eine Solidargemeinschaft kann es nur als Ganzes geben. Was nicht funktioniert, ist eine
Situation, in dem sich einige Mitgliedsstaaten einfach mal abmelden und so versuchen sich
von den Aufgaben zu entziehen. Ein solches Handeln lehnen wir klar ab.


Was wir nicht nur in den vergangenen Wochen beobachten konnten ist, dass das
Verbundenheitsgefühl zum Nationalstaat immer noch sehr ausgeprägt ist. Die
nationalstaatlichen Interessen sind allgegenwärtig und unterscheiden sich deutlich von
Mitgliedsstaat zu Mitgliedsstaat. Die Interessen sind naturgemäß auf völlig unterschiedlichen
Sichtweisen aufgebaut. Die nationalen Interessen haben einen enormen Einfluss auf das
Agieren auf EU-Ebene. Die immer weiter praktizierte Abgabe von Souveränität auf höhere
Ebenen, hat sich aus unserer Sicht nicht bewährt.


Alles in allem müssen wir uns heute im Zusammenhang mit den Entwicklungen auf
europäischer Ebene unangenehme Fragen stellen, auf die wir keine schnellen Antworten
haben. Der gesellschaftliche Auftrag ist klar formuliert. Die EU ist eine Wertegemeinschaft.
Aber diese Werte müssen sowohl für Griechen und alle anderen gelten.