Dr. Ralf Stegner zu TOP 34A: Die EU braucht dringend weitergehende Reformen
Es gilt das gesprochene Wort!Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html Kiel, 16. Juli 2015TOP 34A: Dringlichkeitsantrag „Europa muss in der Krise zusammen stehen“ (Drs. 18/3216)Dr. Ralf Stegner:Die EU braucht dringend weitergehende ReformenZum neuen Hilfsprogramm: Wir begrüßen die Einigung der Staats- und Regierungschefs der Eurozone, mit Griechenland in konkrete Verhandlungen über ein Hilfsprogramm einzusteigen. Griechenland gehört zum Euroraum – wir wollen, dass es dabei bleibt. Die Verhandlungen zwischen Griechenland und der EU sind nicht immer einfach, aber sie müssen schnell zu tragfähigen Lösungen führen. Unsere Solidarität gilt der griechischen Bevölkerung, die seit vielen Jahren unter Korruption, schlechter Verwaltung und gravierenden politischen Fehlleistungen leidet, nicht der Regierung (links außen, rechts außen)! Auch die Einsparmaßnahmen haben teils verheerende Folgen und – da darf man sich auch nichts vormachen – die griechische Bevölkerung wird noch vieles erdulden müssen. Gleichzeitig ist die Solidarität aller Mitgliedstaaten gefragt, auch die Griechenlands gegenüber all den anderen Staaten, die bereits harte und für ihre Bürgerinnen und Bürger schmerzhafte Reformprogramme 2 durchgeführt haben. Echte Reformen wären Besteuerung der Reichen, Kapitalverkehrskontrollen, Kürzung des Militärbudgets, Verwaltungsaufbau. Wir bekennen uns deshalb um so mehr zu einer europäischen Stabilitäts- und Wachstumspolitik und gegen eine einseitige Austeritätspolitik mit einem Reformverständnis, das alle Lasten auf die Bevölkerung abwälzt. Mit Stammtischparolen macht man sich vielleicht beliebt bei diesem Thema, aber wir wollen es uns nicht leicht machen. Keiner kennt in Wahrheit die Konsequenzen eines Grexit und wir setzen alles daran, es auch gar nicht erst auszuprobieren. Deutsche Rhetorik (Strobel, „Der Grieche hat genug genervt“, Scheuer, aber auch Schäuble)Zur Lage der Europäischen Union:Es ist heute wichtiger denn je, dass Europa zusammenbleibt und sich auf seine Grundwerte (nach der Grundrechtecharta: Würde des Menschen, Freiheit, Gleichheit, Solidarität, Bürgerrechte, justizielle Rechte) besinnt. Europa hat viele aktuelle Probleme wie die Lage in Griechenland, das Fehlen einer gemeinsamen humanitären Flüchtlingspolitik (dazu gehört auch eine solidarische Verteilung der Flüchtlinge) und die EU-Russland-Beziehungen vor dem Hintergrund der Ukraine-Krise ebenso wie das bevorstehende Referendum in Großbritannien und die Demokratie-Krise in Ungarn sowie überall das Erstarken nationalistischer Kräfte. Diese Herausforderungen können nur gelöst werden, wenn wir uns wieder auf unsere gemeinsame Vision für Europa besinnen und ein soziales Europa als solidarische Wertegemeinschaft verstehen und leben. Nationale Egoismen können wir uns nicht mehr leisten. Wir brauchen endlich neben der Wirtschaftsunion auch eine Sozialunion. Wir brauchen wieder ein Bewusstsein dafür, warum wir dieses Europa haben, was der Sinn des Zusammenhalts ist – nämlich an erster Stelle Frieden und daraus resultierend Wohlstand für alle unsere Bürgerinnen und Bürger.Fazit:Die aktuellen Krisen sind ein Zeichen, dass die EU dringend weitergehende Reformen braucht. Sie braucht mehr gemeinsame Politik, ein starkes Parlament mit Mitwirkungsrechten in allen 3Politikbereichen, aber auch mit einem echten Initiativrecht, auch bei Fragen der Wirtschafts- und Währungsunion, mehr Demokratie sowie eine europäische Öffentlichkeit.Europa braucht auf der Grundlage gemeinsamer Werte die Fähigkeit zum Kompromiss, um die aktuellen Krisen zu bestehen und den globalen Herausforderungen gewachsen zu sein. Wir brauchen mehr denn je eine politische Union mit handlungsfähigen demokratischen Institutionen.Europa muss in der Krise zusammen stehen!