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16.07.15
11:09 Uhr
SPD

Dr. Ralf Stegner zu TOP 28: Das Kindeswohl hat Priorität

Es gilt das gesprochene Wort!


Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html



Kiel, 16. Juli 2015


TOP 28, Kindeswohl sicherstellen: Stärkung des Schutzes von Kindern und Jugendlichen in stationären Einrichtungen (Drs. 18/3185)



Dr. Ralf Stegner:
Das Kindeswohl hat Priorität


Über die Vorgänge im „Friesenhof“ ist in den vergangenen Wochen viel geschrieben und gesprochen worden. Sehr schnell wurde aber deutlich, dass für einige Akteure weniger die Jugendlichen, sondern eher die Aktenführung im Sozialministerium von größerem Interesse sind.
Lassen Sie mich dazu eines festhalten: Es mag Kommunikationsfehler innerhalb der Landesverwaltung gegeben haben. Es besteht aber überhaupt kein Zweifel daran, dass diese aufgeklärt werden. Sowohl von Seiten der Landesregierung wie auch den Koalitionsfraktionen wird derzeit alles getan, was dazu notwendig ist.
Sozialministerin Kristin Alheit hat in der Frage einer möglichen Aktenmanipulation mit dem Einschalten der Staatsanwaltschaft zügig und verantwortlich gehandelt. Der Vorwurf, wir hielten Akten zurück, ist falsch. Die Akten liegen dem Sozialausschuss derzeit vertraulich zur Einsicht 2



vor. Ich betone „vertraulich“ – diese Bemerkung ist leider notwendig, denn es gibt durchaus schutzwürdige Interessen und damit meine ich nicht die Betreiber.
Wenn wir jetzt hören, dass die Opposition die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses vorbereitet, haben wir dies selbstverständlich zu respektieren. Ich persönlich denke, es wäre eine unnötige Verschwendung finanzieller und personeller Ressourcen. Und ich meine, dass es Ihnen in erster Linie darum geht, eine Sachdebatte zu vermeiden. Ihre Einlassungen, meine Damen und Herren von der Opposition, zum Schicksal der Jugendlichen wären deutlich glaubwürdiger – aber da herrscht Fehlanzeige.
Denn wie Sie sich den Kinder- und Jugendschutz vorstellen, darüber haben wir in den vergangenen Wochen wenig bis gar nichts gehört. Dabei erinnere ich mich durchaus an Vorschläge für Jugend-Task-Forces und Diskussionen über Boot-Camps und geschlossene Heimunterbringung.
Lassen Sie uns doch endlich einmal über den Kern des Themas sprechen, nämlich die Kinder- und Jugendhilfe. Dialogorientiert wie diese Landesregierung ist, hoffe ich, dass Sie uns an Ihren Ideen teilhaben lassen und endlich in eine Sachdebatte eintreten.
Von der Sozialministerin Kristin Alheit haben wir bereits Maßnahmen genannt bekommen, die der Stärkung des Kinder- und Jugendschutzes in Einrichtungen auf der einen Seite sowie der Optimierung von Abläufen innerhalb der Verwaltung auf der anderen Seite dienen. Das ist die richtige Konsequenz aus den Ereignissen in den „Friesenhof“-Einrichtungen; sie werden von uns ausdrücklich unterstützt. Letztlich geht es uns jetzt darum, die Demokratie in der Heimerziehung weiter zu stärken und den Kinderschutz auf allen Ebenen auszubauen:
1. Es ist dringend erforderlich, die gesetzlichen Regelungen zur Heimaufsicht und zur Betriebserlaubnis von stationären Einrichtungen zu überprüfen (§§ 45ff SGB VIII). Die Rechte und Handlungsmöglichkeiten der Heimaufsicht müssen deutlich gestärkt und ausgebaut werden, um das Kindeswohl zu sichern und den staatlichen Schutzauftrag angemessen wahrnehmen zu können. Das muss Priorität gegenüber wirtschaftlichen Interessen haben. 3



2. Landesrechtliche Regelungen werden mit der Zielsetzung einer angemessenen Personalausstattung in Einrichtungen überarbeitet. Aber auch Qualitätsstandards müssen wir konkretisieren und ausbauen.
3. Die personelle Verstärkung der Heimaufsicht des Landesjugendamtes ist schon auf den Weg gebracht. Wir reden hier über harte, schwierige Arbeit; wie oft werden die Mitarbeiter angelogen, wie schwer ist es, berechtigte von unberechtigten Vorwürfen zu unterscheiden.
4. Wir erwarten eine noch engere Zusammenarbeit zwischen den entsendenden Jugendämtern, den Jugendämtern vor Ort und der Heimaufsicht.
5. Dazu gehört darüber hinaus ein unabhängiger, direkter Ansprechpartner, z. B. ein Ombudsmann oder eine Ombudsfrau, an die sich auch Jugendliche in öffentlicher Erziehung wenden können. Das wäre eine Hilfe für die Betroffenen, sich schnell in Notsituationen Unterstützung zu holen. Auch das lehren uns die Ereignisse vom Friesenhof.
Darüber hinaus schlagen wir vor, einen Runden Tisch zur Situation der Heimerziehung in Schleswig-Holstein einzurichten, der die aktuelle Situation von Kindern und Jugendlichen in stationären Angeboten Schleswig-Holsteins mit Expertinnen und Experten diskutiert. Hieraus versprechen wir uns wichtige Erkenntnisse für die künftige Heimerziehung, wie übrigens auch aus den Beratungen des Landesjugendhilfeausschusses.
Einmal mehr zeigt sich: Während die Opposition noch mit zwanghaften Skandalisierungen beschäftigt ist, geht es uns um die Sache. Erste konkrete Vorschläge liegen auf dem Tisch und dürfen gerne diskutiert werden. Wir sind gespannt und hoffen, dass Sie das Thema endlich ernst nehmen. Wir wissen aus der traurigen Geschichte der Heimerziehung der letzten Jahrzehnte, wie schwierig das alles ist! Worum es einzig und alleine geht, ist das Wohl der Kinder und Jugendlichen und das hat bei uns Priorität!