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18.06.15
16:52 Uhr
SPD

Dr. Kai Dolgner zu TOP 15: Wir sind immer noch ein digitales Schwellenland

Es gilt das gesprochene Wort!
Kiel, 18. Juni 2015


TOP 15, Generalangriff auf freie WLAN-Netzwerke und Filehoster stoppen: Verschärfung der Störerhaftung verhindern (Drs. 18/2963)



Dr. Kai Dolgner:
Wir sind immer noch ein digitales Schwellenland

Reisen bildet. So wurde ich auf einer Fraktionsreise in die Niederlande leicht empört darauf angesprochen, warum man sich hier überall stressfrei in offene WLANs einloggen könnte und in Deutschland nicht. Begriffe wie Servicewüste und rückständig fielen. Zurückhaltend wie ich nun mal bin, widerstand ich zunächst lange dem Versuch, meine Kollegen zu belehren. Nach ca. 10 Sekunden entschloss ich mich dann doch, meinen Mitreisenden die ganze Misere um die sogenannte Störerhaftung zu erläutern und warum wir auch hier jeden Morgen fluchende Abgeordnete erleben, die sich händisch mit zwei 6stelligen Zahlen ins WLAN einloggen. Das waren doch gute Vorarbeiten für den heutigen Antrag.
Dabei waren wir doch eigentlich auf einem guten Weg. Vor gut 10 Jahren bekam das Internet endgültig Beine, Smart-Phones wurden erschwinglich und die ersten Städte dachten über eine offene und flächendeckende WLAN-Versorgung nach. Ein digitaler Sprung nach vorn?
Und das in einem Land, in dem vor 20 Jahren ein deutscher Kanzler die Datenautobahnen beim Straßenbau vermutete und unsere derzeitige Kanzlerin das Internet 23 Jahre nach der Freigabe für die kommerzielle Nutzung immer noch für Neuland hielt. Alle aber die –zumindest in Innenstädten und der Gastronomie – auf schnelle Datenraten hofften, um die Funktionen ihrer Smart-Phones auch vernünftig nutzen zu können, wurden bitter enttäuscht. Denn mit offenen WLANS könnte man ja das Verbrechen des Jahrhunderts begehen – die 2



Urheberrechtsverletzung. Und da hat Deutschland ein echtes Alleinstellungsmerkmal: die Störerhaftung.
Bei offenen WLANs haftet nämlich derjenige, der dieses zur Verfügung stellt, also wenn z.B. jemand während seines Café-Besuchs mit seinem Smart-Phone eine amerikanische Serienfolge aus rechtswidriger Quelle anschaut. Da war sie wieder, die deutsche Krankheit: das Internet – die dunkle Bedrohung. Die Folge war so klar wie absehbar: Im Gegensatz zu unseren Nachbarn ist Deutschland eine WLAN-Wüste, denn wer soll denn in seinem Straßencafé als Service ein offenes WLAN anbieten, wenn er Angst haben muss, für Urheberrechtsverstöße seines Gastes zu zahlen.
Und um der immer wieder verbreiteten Legende entgegenzutreten: Bei der Störerhaftung geht es nicht um die Strafverfolgung, sondern um das Durchsetzen zivilrechtlicher Ansprüche bzw. entsprechende Abmahnungen. Hierbei übersehen übrigens auch große Teile der Musik- und Filmrechteinhaber, dass sie den auch für sie notwendigen Strukturwandel vom klassischen Datenträgerkauf zu streaming- und on-demand-Angeboten behindern und sich selbst damit schaden.
Musikstreaming über GPRS ist eine Qual, von legalen Filmangeboten wie netflix ganz zu schweigen. Wenn man sich einmal die Zahlen auf dem amerikanischen Markt anschaut, dann bekommt man eine Ahnung, welche Umsätze verlorengehen, weil wir immer noch ein digitales Schwellenland sind; die viel zu geringen Bandbreiten im öffentlichen Raum sind da eine wichtige Entwicklungsbremse. Bei Regierungsantritt versprach die Bundesregierung, das Problem endlich zu lösen. Prima, dachte ich damals. Nun liegt der Referentenentwurf vor.
Wie soll da das Problem gelöst werden? Was verbindet man denn so mit dem Wort offen? Verschlüsselung, Nutzerregistrierung, Vorschaltseiten? Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich weiß nicht, welche Vorstellungen Sie haben von der offenen und unkomplizierten Nutzung eines Freifunkknotens, z.B. Slartibartfast in der Kieler Innenstadt. Der vorliegende Referentenentwurf ist jedenfalls das genaue Gegenteil. Hier besteht dringender Nachbesserungsbedarf, ansonsten gilt das weise Wort: „Wenn das die Lösung ist, will ich mein Problem zurück.“ 3



Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuell/mediathek/index.html