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22.05.15
15:03 Uhr
SPD

Beate Raudies zu TOP 51: Steuergerechtigkeit gewährleisten - Rede zu Protokoll!

REDE ZU PROTOKOLL gegeben!
Kiel, 22. Mai 2015


TOP 51, Abbau der Kalten Progression ab 2016 (Drs. 18/2995



Beate Raudies:
Steuergerechtigkeit gewährleisten


Steuergerechtigkeit hat viele Facetten. Wir können uns, das haben wir immer wieder deutlich gemacht, und das haben wir auch mit Bündnis 90/Die Grünen und SSW im Koalitionsvertrag vereinbart, eine ganze Reihe von Maßnahmen vorstellen, um eine gerechtere Verteilung von Lasten umzusetzen: Die Einführung einer Klimaschutzsteuer gehört ebenso dazu wie eine höhere Besteuerung bei Vererbung oder Schenkung großer Vermögen, eine Erhöhung des Steuersatzes für Spitzenverdienerinnen und Spitzenverdiener und die Einführung einer Vermögensteuer bzw. Vermögensabgabe.
Fehlsteuerungen im Steuerrecht wie das Ehegattensplitting in seiner derzeitigen Fassung oder der Abbau von Fehlsteuerungen bei der Mehrwertsteuer sollten ausgeglichen / reduziert werden.
Steuern haben Steuerungswirkungen. Und dass gesellschaftliche Verteilungskämpfe sich auch am Steuersystem festmachen, ist so banal wie selbstverständlich. Aktuell ist es also die Kalte Progression. Also der Umstand, dass die Eckwerte des Einkommensteuertarifs nicht an die Preissteigerungsrate angepasst werden. Dadurch kann es bei Lohn- und Gehaltssteigerungen zu der Situation kommen, dass man in einem höheren Steuertarif mehr Abgaben hat als ohne die Einkommenssteigerung. Die Folge können Verluste beim Realeinkommen sein. 2



Vor einem halben Jahr, im Dezember 2014, kam eine Analyse des Bundesfinanzministeriums zu dem Ergebnis, dass es Kalte Progression für 2014 faktisch nicht gebe. Grund seien die Kombination aus geringer Inflation und Erhöhung des steuerlichen Grundfreibetrags Anfang 2014.
Im Jahr 2013 habe die Belastung durch Kalte Progression bei durchschnittlich 16 Euro gelegen. Und die prognostizierten höheren Belastungen für die Folgejahre verschwinden mit der bereits beschlossenen Erhöhung des steuerfreien Existenzminimums. Das geht aus dem 1. Steuerprogressionsbericht hervor, den das Bundeskabinett im April verabschiedet hat.
Ungeachtet dessen bleibt für die Bundesregierung, so Finanzminister Schäuble, „der Abbau der kalten Progression (…) aus steuersystematischen Gründen ein wichtiges Anliegen.“ Grundsätzlich ist es richtig, den Faktor Arbeit steuerlich zu entlasten. Aber das reicht nicht! So fordert zum Beispiel der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann in einem Interview des Deutschlandfunks: „Wir brauchen weitere Reformen, zum Beispiel bei der Kapitalertragsteuer. Es ist überhaupt nicht einzusehen, dass Arbeit mit bis zu 42% besteuert wird und Kapitaleinkünfte sich mit 25% davonschleichen können.“
Bereits im letzten Dezember hat der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Bundesfraktion, Johannes Kahrs, deutlich gemacht, „die SPD steht bereit, die normalen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei der kalten Progression zu entlasten“. Ich möchte hinzufügen, dass dies nur geschehen kann, wo es tatsächliche Mehrbelastungen gibt.
- Eine faire und sozial gerechte Verteilung steuerlicher Belastungen, - solide Gegenfinanzierungen sowie - die Einbettung der Steuererleichterung in ein vernünftiges, nachhaltig wirksames Konzept sind dauerhaft sicherzustellen. Neue komplizierte Steuerrechtsänderungen, neue Ausnahmetatbestände oder Umverteilungen von unten nach oben sind dabei nicht akzeptabel.
Die Anhebung des steuerlichen Existenzminimums habe ich schon angesprochen. Dies ist verfassungsrechtlich geboten. Wir haben in Deutschland immer noch eine Schere zwischen hohen und niedrigen Einkommen, Unterschiede zwischen Einkommen von Männern und Frauen, einen – auch im Vergleich zu europäischen Nachbarländern – niedrigen Mindestlohn und viel zu hohe Kinderarmut. 3



Ich möchte offen sagen, dass mir die Abschaffung der Kalten Progression nicht als erstes einfallen würde, wenn ich über das Thema Steuergerechtigkeit nachdenke. So zitierte die Zeitung „Die Welt“ in der vorvergangenen Woche aus Berechnungen, wonach sich die Steuerersparnis für unterschiedlichste Einkommen von 20.000 € bis 260.000 € auf 57 Euro bis 113 Euro belaufen; pro Monat würden Bürger also zwischen 4,75 Euro und 9,42 Euro in der Tasche haben. Nicht der ganz große Wurf…
Und ich würde mir auch wünschen, dass der zu erwartende Vorschlag des Bundesfinanzministers einen Vorschlag zur Gegenfinanzierung enthält. Jetzt sprudeln die Steuereinnahmen, das ist gut. Und der Bund kann sich – trotz des sklavischen Festhaltens am Erreichen der Schwarzen Null bis 2019 – Einnahmeausfälle leisten. Das gilt aber nicht für alle staatlichen Ebenen.
Wenn dieser Abbau kommt, muss er ein Baustein sein in einem gerechteren Steuersystem, in dem starke Schultern mehr tragen als schwache.
Ich beantrage Überweisung des Antrags der CDU in den Finanzausschuss.