Tobias von Pein zu TOP 6: Wir stärken die Versammlungsfreiheit
Es gilt das gesprochene Wort! Kiel, 21. Mai 2015TOP 6, Gesetzentwurf zum Versammlungsrecht (Drs. 18/2988)Tobias von Pein:Wir stärken die VersammlungsfreiheitAlle Menschen haben das Recht, sich friedlich zu versammeln und zu Vereinigungen zusammenzuschließen. (Artikel 20, UN – Allgemeine Erklärung der Menschenrechte)Jede Person hat das Recht, sich frei und friedlich mit anderen zu versammeln (Artikel 11, Europäische Menschenrechtskonvention)Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln. (Artikel 8, Grundgesetz)Was in UN-Charta, europäischer Menschenrechtskonvention und Grundgesetz steht, ist ein elementarer Grundpfeiler moderner Demokratie. Das Grundrecht der Versammlungsfreiheit ist eines der höchsten Güter. Eine wichtige Errungenschaft freier Gesellschaften. Sich als freie Menschen mit anderen zusammen zu tun und seine Meinung auf die Straße, auf den Platz oder woanders hinzutragen, ist unser „gutes Recht“. Unser „richtig gutes“ Recht! Dieses Recht ist uns nicht freiwillig gegeben worden. Vielmehr haben aufrechte Demokratinnen und Demokraten für dieses Recht gekämpft und gestritten.Wenn sich junge Leute, Eltern, Kinder, Schüler, Azubis, Arbeiter, Angestellte und andere friedlich und ohne Waffen zusammenfinden, dann bringt das die Gesellschaft in Bewegung. Und es hält die Demokratie am Leben. 2Der Schutz der Versammlungsfreiheit gehört daher zu den wichtigsten Aufgaben der Staatsgewalt. Nur so kann demokratische Kultur erhalten und gefördert werden. Und für viele – und bei mir war das ähnlich – fängt politisches Engagement mit der Teilnahme an einer Demo an. Ob Schülerstreik, Anti-Nazi-Demo, Friedensprotest oder 1. Mai – es gibt viele Beispiele.Die weit überwiegende Mehrheit der bei uns stattfindenden Demos läuft dabei friedlich und ohne Gewalt ab. Und das muss auch so bleiben!Die CDU behauptet, dass in Schleswig-Holstein künftig Chaoten und Randalierer freie Bahn haben werden, während Herr Dr. Breyer uns erklären will, dass wir in Punkto Versammlungsfreiheit irgendwo zwischen Weißrussland und Nordkorea liegen werden. Beides ist natürlich Unsinn. Aber zu Herrn Dr. Breyer möchte ich anmerken: In einer optimalen Welt braucht es natürlich gar keine Restriktionen des Versammlungsrechts. Aber in dieser Welt leben nur die Piraten, nicht aber der Rest des Lands.Es geht darum, die Versammlungsfreiheit zu schützen. Aber auch zu stärken. Ich bin davon überzeugt: Wir haben einen guten Kompromiss der Freiheit des Einzelnen und der Verantwortung des Staates gefunden.Gut zwei Jahre haben wir über ein neues Versammlungsrecht in unserem Land diskutiert.Wir haben uns Zeit genommen. Denn wir wollten ein Gesetz vorlegen, welches die Versammlungsfreiheit nach vorne stellt und sauber und rechtssicher formuliert ist. Nach intensiver parlamentarischer Beratung mit vielen Akteuren aus Wissenschaft, Juristerei, Polizei bis hin zur Gewerkschaftsjugend kommen wir jetzt zum Finale.Das neue Versammlungsfreiheitsgesetz (VersFG SH) macht schon mit seinem Namen deutlich, dass es uns in seiner Ausgestaltung um die Wahrung des Grundrechts der Versammlungsfreiheit geht. Wir schaffen das modernste Versammlungsrecht in Deutschland. Gegenüber dem geltenden Bundesversammlungsgesetz werden viele Elemente im Sinne der Stärkung der Versammlungsfreiheit verbessert.Für uns als Sozialdemokraten war dabei besonders wichtig, die Zusammenarbeit zwischen Bürger und Verwaltung auf feste Füße zu stellen, den Staat – also Behörden und Polizei – als Dialogpartner und nicht als Gegner zu sehen, sondern als Partner auf Augenhöhe. 3Deshalb wollen wir Dialog und Konfliktmanagement mit diesem Gesetz einen hohen Stellenwert geben. Wir wollen, dass miteinander gesprochen wird. So können Konflikte schon im Vorfeld vermieden und Gewalt besser verhindert werden. Deeskalation ist auch hier besser als Repression. Davon sind wir überzeugt.Mit diesem Gesetz führen wir auch wichtige Liberalisierungen durch. So wird beim Thema der so genannten „Vermummung“ endlich Schluss gemacht mit der unnötigen Kriminalisierung von Demo-Teilnehmern. Ein Wunsch, der übrigens auch von Seiten der Polizei kam. Denn zukünftig wird dies nur eine Ordnungswidrigkeit sein. So ist der Ermessensspielraum wesentlich höher. Denn im Sinne der Deeskalation kann es manchmal besser sein, nicht sofort auf „Zugriff“ zu schalten. So trägt das neue Gesetz auch dazu bei, in der Praxis besser vorgehen zu können.Die Eingriffsbefugnisse der Polizei in das Versammlungsgeschehen sind durchgehend an präzise formulierte Voraussetzungen geknüpft. Die Hürden wurden dabei im Sinne der Versammlungsfreiheit so hoch wie möglich und so niedrig wie nötig gesetzt. Sicherheit wird gewährleistet. Freiheit geschützt. Versammlungen ein demokratischer Rahmen gegeben.Wir haben auch intensiv darüber beraten, wie wir Demonstrationen von Rassisten, Antidemokraten und Neonazis besser begegnen können. Herausgekommen sind Verbote von solchen Demos am 27.1. und 9.11. Und wenn klar ist, dass durch solche Demos die Nazi- Diktatur gebilligt, verherrlicht oder gerechtfertigt und dadurch der öffentliche Friede gestört wird.Wir haben uns nach langer Beratung und juristischer sowie gedenkstättenpolitischer Überprüfung aber gegen die Aufnahme von bestimmten Orten entschieden.Was bleibt, ist die Pflicht jedes aufrechten Demokraten, gegen Rassismus und Menschenfeindlichkeit in jeder Art aufzustehen. Und wenn es nötig ist auch laut und unerträglich und mit einer bunten Demo!Im ganzen Land nehmen viele Menschen ihr Versammlungsrecht wahr und tragen in vielfältiger Form ihre Meinung oder ihren Protest „auf die Straße“. Und die Erfahrung zeigt: Der überwältigende Teil davon ist bunt, vielfältig und zeigt, wie lebendig unsere Demokratie ist.Die Versammlungsfreiheit ist elementarer Teil unserer Gesellschaft und phänomenal wichtig für die demokratische Kultur in diesem Land. Deshalb freue ich mich, dass wir sie heute einen wichtigen Schritt weiter nach vorne bringen.