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26.03.15
15:14 Uhr
Landtag

Zuwanderungsbeauftragter zum Positionspapier der flüchtlingspolitischen Fachkonferenz der CDU-Fraktion

44/2015 Kiel, 26. März 2015


Zuwanderungsbeauftragter zum Positionspapier der flüchtlingspolitischen Fachkonferenz der CDU-Fraktion
Kiel (SHL) - Der Beauftragte für Flüchtlings-, Asyl- und Zuwanderungsfragen des Landes Schleswig-Holstein, Stefan Schmidt, hält die Intention einiger der 10 Grundsatzpositionen und die damit verbundenen Forderungen der CDU-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, die in dem entsprechenden Positionspapier enthalten sind, für unterstützenswert, andere werden von ihm abgelehnt oder eigene Schwerpunkte entgegengesetzt.

So begrüßt Schmidt ausdrücklich das Bekenntnis der CDU-Fraktion zur Aufnahme von Flüchtlingen sowie die Feststellung, dass die Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern eine gemeinsame Aufgabe von Bund, Ländern und Kommunen sei.

Unter Punkt 2 Bundesmittel zielgerichtet einsetzen hat die CDU u.a. die Forderung, dass mit den vom Bund zu zahlenden zusätzlichen 15 bis 17 Millionen Euro nicht zusätzlich Lehrerstellen an Regelschulen finanziert werden sollten. Stefan Schmidt hält diese Forderung nicht für zielführend. Grundsätzlich begrüßt Schmidt, dass zusätzliche Lehrerinnen und Lehrer eingestellt werden sollen, insbesondere mit DaZ-Qualifikationen, denn die schulische aber auch die daran anschließend berufliche Bildung ist der richtige Einstieg für Zuwanderinnen und Zuwanderer und Flüchtlinge.

Hinsichtlich der weiteren Forderung der CDU, durch diese Geldmittel Mehrbelastungen der Kommunen, die durch hohe Mietkosten entstehen, auszugleichen, möchte der Zuwanderungsbeauftragte andere Akzente gesetzt haben.

Nach Schmidts Ansicht sollte hinsichtlich der Finanzierung der Aufnahme von Flüchtlingen eine zukünftige Regelung derart sein, dass nicht nur 70 % der Kosten der Errichtung von Gemeinschaftsunterkünften vom Land getragen werden, sondern 70 % der Errichtungs- oder Anschaffungskosten von sämtlichen Unterkünften, die für Flüchtlinge genutzt werden, jedoch
Verantwortlich für diesen Pressetext: Tobias Rischer, Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel ǀ Tel. 0431 988-1120 ǀ Fax 0431 988-1119 E-Mail: pressesprecher@landtag.ltsh.de ǀ Medien-Informationen im Internet: www.ltsh.de ǀ Der Landtag im Internet: www.sh-landtag.de 2


unter der Bedingung, dass diese auch die Mindeststandards erfüllen, die von seiner Dienststelle herausgegeben worden sind, zumindest aber die, die auch für Gemeinschaftsunterkünfte gelten, mit Ausnahme der Mindestbelegungszahl. Durch eine derartige Regelung würde es auch zu einer Entlastung der Kommunen kommen.

Unter Punkt 3 Verteilung flexibilisieren und koordinieren - Wohnraum effektiv nutzen hat die CDU diverse Forderungen, wobei der Zuwanderungsbeauftragte mit der CDU-Fraktion d'accord geht, dass sich nicht starr an der Aufnahmequote der Kommunen orientiert werden sollte. Statt die Quote strikt durchzuziehen, sollte es Mindestvoraussetzungen für die Gemeinden geben, denen Flüchtlinge zugewiesen werden, u.a. schnellen fußläufigen Zugang zu medizinischer Versorgung, zu Bildungseinrichtungen - von Kindertagesstätten über Grundschulen bis zu weiterführenden Schulen -, schnelle Erreichbarkeit von Lebensmittelhändlern und sonstigen Angeboten des täglichen Lebens sowie zu Integrationsangeboten wie z. B. Sprachkursen. Wie Schmidt zur Unterbringung ergänzt, sollte es keine Unterbringung von Flüchtlingen in oder unmittelbar am Rand von Gewerbegebieten oder Obdachlosenunterkünften geben. Die Forderung der CDU, dass die Kreise mehr Informationen über die zugewiesenen Personen haben sollten, werden von vom Flüchtlingsbeauftragten begrüßt, zumindest dann, wenn diese Informationen dazu dienen, den Bedarfen der Schutzsuchenden gerecht zu werden.

Unter Punkt 4 Erstaufnahme des Landes stärken fordert die CDU-Fraktion eine Ausweitung der Kapazitäten der Erstaufnahmeeinrichtungen. Grundsätzlich hält Schmidt die Erhöhung der Aufnahmekapazitäten der Erstauf- nahmeeinrichtungen ebenfalls für erforderlich, er möchte aber keine sehr lange Aufenthaltsdauer in den Erstaufnahmeeinrichtungen, sondern wünscht sich, dass es maximal einen Aufenthalt von bis zu 6 Wochen in Erstaufnahmeeinrichtungen gibt. Diese maximalen 6 Wochen sollen dann aber auch mitgerechnet werden bei der Gesamtdauer eines Aufenthalts in großen Unterkünften der Kommunen, sprich in Gemeinschaftsunterkünften oder Unterkünften, die Gemeinschaftsunterkunftscharakter haben, mithin maximal 6 Monate Aufenthalt in derartigen Gebäuden (maximal 6 Wochen Erstaufnahmeeinrichtung + x in Gemeinschaftsunterkünften).Im Übrigen sollte angestrebt werden, dass die Flüchtlinge möglichst schnell in Wohnungen untergebracht werden.

Anders als die CDU-Fraktion ist Stefan Schmidt dafür, dass auch die Schutzsuchenden aus sicheren Herkunftsländern oder die Flüchtlinge, die möglicherweise unter die Dublin- Verordnung fallen, in die Kreise und kreisfreien Städte verteilt werden.

Unter Punkt 5 Betreuung und soziale Begleitung stärken fordert die CDU-Fraktion u. a. ein landesweites Kataster für ehrenamtliche und hauptamtliche Hilfsangebote, die Fortbildung ehrenamtlicher Helfer und Mentoren-Programme für minderjährige Flüchtlinge. 3


Schmidt hält ebenso wie die CDU die Vernetzung und Qualifizierung der ehrenamtlichen und hauptamtlichen Hilfsangebote für erforderlich. Er selbst und seine Dienststelle haben in den letzten Monaten viele Vorträge und Fortbildungen für ehrenamtlich Tätige durchgeführt und sind auch für die nächste Zukunft so gut wie ausgebucht. Der Flüchtlingsbeauftragte geht davon aus, dass das Ehrenamt das Hauptamt braucht und dass die ehrenamtlich Tätigen begleitet und qualifiziert werden sollten durch in dem Bereich hauptamtlich tätige Personen, die auch regelmäßig Ansprechpartner sind/bleiben, denn es besteht die große Gefahr der Falschberatung im ausländerrechtlichen Bereich. Ergänzend hält Stefan Schmidt es für erforderlich, dass die Migrationssozialbera-tungsstellen finanziell besser ausgestattet werden und dass mehr Migrationsfachdienste geschaffen werden. Nach Schmidts Meinung sollten die vom Land finanzierten Migrationsfachdienste die Flüchtlinge gleichberechtigt mit auf Dauer aufenthaltsberechtigten Zuwanderinnen und Zuwanderern beraten dürfen. Im Zusammenhang mit Trauma und Stress, schließt sich Schmidt den Forderungen der CDU-Fraktion an.

Unter Punkt 6 Aufenthaltsrecht konsequent anwenden spricht sich die CDU-Fraktion u.a. gegen den Winterabschiebestopp der Landesregierung aus. Hier widerspricht der Zuwanderungsbeauftragte ganz entschieden und begrüßt ausdrücklich das Wintermoratorium. Er weist aber auch darauf hin, dass längst nicht alle Personengruppen, die vermeintlich in dem Abschiebungsstopperlass genannt waren, nämlich die aus den 16 Herkunftsländern, tatsächlich hätten während der Winterzeit abgeschoben werden können. Genau das Gegenteil ist der Fall. Die meisten hätten nämlich gar nicht abgeschoben werden können, beispielsweise aus den Herkunftsländern Afghanistan, Irak, Iran. Bei den anderen müsste dann ja auch individuell geprüft werden, ob das Abschiebungshindernis beseitigt worden wäre.

Unter Punkt 7 Arbeit und Integration fordert die CDU-Fraktion u.a. eine frühzeitige Dokumentation der beruflichen Qualifikation der Ankommenden. Auch der Flüchtlingsbeauftragte ist sehr dafür, dass die berufliche Qualifikation der ankommenden Schutzsuchenden frühzeitig erkannt und diese Schutzsuchenden unterstützt werden, um auf dem Arbeitsmarkt schnell Fuß zu fassen. Die berufliche Qualifikation der Flüchtlinge darf aber weder mittelbar noch unmittelbar Einfluss auf den Erfolg des Asylverfahrens haben.

Schmidt regt an nachzudenken, ob nicht die bereits jetzt vorhandenen rechtlichen Möglichkeiten - das sind nur sehr wenige wegen der rigiden Einreisebestimmungen und der Visumsvoraussetzungen - genutzt werden sollten oder rechtliche Rahmenbedingungen geschaffen werden können, damit Personen, die beruflich ein anderes Aufenthaltsrecht erhalten könnten, beispielsweise Blaue Karte EU gemäß § 19a AufenthG, dieses erhalten und aus dem Asylverfahren ausscheiden. 4


Für Schmidt ist bei all diesen Überlegungen aber wichtig, dass ausschließlich humanitäre Aspekte im Vordergrund stehen und nicht der wirtschaftliche Nutzen für die Bundesrepublik.

Unter Punkt 8 Finanzielle Möglichkeiten effektiv nutzen fordert die CDU-Fraktion u.a. kostenträchtige Mehrfachstrukturen abzubauen. Laut Schmidt ist es nicht zu kritisieren, wenn Verwaltungsabläufe und Strukturen effektiver werden.

Unter Punkt 9 Sprache und Integration fordert die CDU-Fraktion, dass die Kommunen verstärkt unterstützt werden sollten, Sprachförderangebote für Flüchtlinge zu schaffen und vorzuhalten und die sprachliche Förderung ehrenamtlicher Kräfte unterstützt werden sollten. In diesem Zusammenhang weist Stefan Schmidt darauf hin, dass im Innenministerium ja zzt. ein Konzept erarbeitet wird, wie die in den Landeshaushalt eingestellten 2 Millionen Euro eingesetzt werden, um effektiv Flüchtlinge zu erreichen. Schmidt fordert qualifizierte Sprachkurse für Flüchtlinge. Die so genannten STAFF-Kurse der Volkshochschulen, die aus 100 Stunden Orientierung bestehen, reichen bei Weitem nicht aus. Es muss mindestens 300 besser 600 Stunden Deutschunterricht für Asylsuchende geben.

Unter Punkt 10 Bürgerinnen und Bürger mitnehmen fordert die CDU u.a., dass die Bürgerinnen und Bürger aktiv in die Entscheidungsprozesse bei der Unterbringung von Flüchtlingen einbezogen werden. In diesem Zusammenhang betont Schmidt, wie wichtig er die ehrenamtliche Arbeit der überall im Land arbeitenden Unterstützerkreise findet, dass diese Arbeit aber angebunden werden sollte an hauptamtlich Tätige. Grundsätzlich ist Stefan Schmidt natürlich nicht dagegen, dass die Bevölkerung einbezogen wird in die Planung von Flüchtlingsunterkünften. Es darf, so Schmidt nachdenklich, natürlich nicht vergessen werden, dass es nicht um die Unterbringung von„ Außerirdischen“ geht, sondern um Menschen wie „Du und ich“. Wie Schmidt meint, macht es im Prinzip keinen so großen Unterschied, ob eine Familie aus Hamburg oder aus Frankfurt an der Oder in ein Wohngebiet in Schleswig-Holstein zieht oder ein Familienvater aus Aleppo oder Kunduz, dass Notwendigkeit besteht, die Nachbarn darauf hinzuweisen, welcher ethnischen Zugehörigkeit die Zugezogenen sind. Hier muss ganz sensibel gehandelt werden, um nicht durch zu starkes Herausstellen des vermeintlich „andersartig Seins“ rassistische Vorurteile zu bestärken.

Abschließend begrüßt der Zuwanderungsbeauftragte ausdrücklich, dass die CDU-Fraktion sich in der Fachkonferenz mit Expertinnen und Experten intensiv der Thematik „Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen in Schleswig-Holstein“ angenommen hat.