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20.03.15
15:30 Uhr
SPD

Tobias von Pein zu TOP 16: Prävention und Dialog tragen zu friedlichen Demonstrationen bei

Es gilt das gesprochene Wort!
Kiel, 20. März 2015


TOP 16, Unabhängige Beobachtung der Demos gegen den G7-Gipfel in Lübeck ermöglichen (Drucksache 18/2783)



Tobias von Pein:
Prävention und Dialog tragen zu friedlichen Demonstrationen bei


Demokratische Kultur und friedliches Miteinander leben davon, dass sie jeden Tag neu gelebt, gelernt und erstritten werden. Und um mit Stéphane Hessel zu sprechen: Es ist auch wichtig, sich an der einen oder anderen Stelle kräftig zu empören – ob im Betrieb, in der Schule, in der Stadt oder auf dem Dorf – in Parteien, Vereinen, Verbänden. Wenn es sein muss: Beim Treffen der G7 in Lübeck und Bayern muss es das meiner Meinung nach auch, auch auf der Straße. Gerne laut und unerträglich, aber in jedem Fall gewaltfrei!
Wenn sich Menschen friedlich und ohne Waffen zusammenfinden, ist das oft der Anfang jeder demokratischen Bewegung. Und es hält die Demokratie am Leben. Die Versammlungsfreiheit zu schützen und zu stärken sowie gegen unverhältnismäßige Einschränkungen oder Verbote zu verteidigen, muss deshalb unser Ziel sein.
Aufgabe des Staates mit seinen Ordnungsbehörden muss es sein, friedliche Meinungsäußerung zu ermöglichen und Gewalt zu verhindern. Bei allen Maßnahmen ist immer die zu wählen, welche ein Maximum an Versammlungsfreiheit beinhaltet. Polizeiliche Maßnahmen dürfen sich nur gegen die richten, die die friedliche Meinungsäußerung gefährden! Sie dürfen nicht als Vorwand genutzt werden, um pauschal in die Rechte aller Demonstrationsteilnehmer_innen einzugreifen! 2



Im Vorfeld einer Demonstration muss im Rahmen der Kooperation alles dafür getan werden, eine friedliche Demo zu erreichen. Konfliktmanagement muss dabei ein Teil der Kooperation sein. Ein gut organisiertes Konfliktmanagement kann viele Dinge, die während oder nach einer Veranstaltung passieren, regeln – und wenn nötig: zur Schlichtung beitragen. Hier gilt der Grundsatz „Prävention vor Repression“. Deshalb werden wir das Konfliktmanagement in Zukunft gesetzlich verankern!
Ebenfalls zu einer friedlichen Demonstration tragen Deeskalationsstrategien bei. Polizei und Verwaltung haben – jedenfalls in Schleswig-Holstein (und nur darüber reden wir hier) – hier vielfach bewiesen, dass sie auf diese Strategien setzen. Und ja, hier gibt es unterschiedliche Strömungen innerhalb der Polizeipraktiker. Wir in Schleswig-Holstein setzen schon länger (und erfolgreich) auf stärkere Prävention, Rechtsstaatlichkeit, Dialog und Kooperation. Dafür bin ich dankbar!
Selbstverständlich gehört dazu
- der Zugang für Medienvertreter im Sinne der Pressefreiheit, - eine vorbereitende, begleitende und nachbereitende Öffentlichkeitsarbeit, die alle polizeilichen Maßnahmen darstellt, - Möglichkeit für parlamentarische Vertreter, die Exekutive direkt und vor Ort zu kontrollieren. Zivilgesellschaftliche Demonstrationsbeobachtung (z.B. von der Humanistischen Union) war bisher überall möglich und wird es auch in Zukunft sein. Lageabhängig und auf die konkrete Situation angepasst!
Für die von den Piraten geforderten Sonderrechte, Immunitäten und Kompetenzen gibt es jedoch keine Grundlage. Aus gutem Grund sind diese Rechte nur solchen Institutionen vorbehalten, die durch Verfassung und Gesetz mit diesen Aufgaben betraut sind. Zur Durchsetzung des geltenden Rechts gibt es die dazu berufenen, legitimierten und vom Parlament kontrollierten Organe.
Deshalb rege ich an, dass wir uns – wie auch schon in der Vergangenheit bei anderen Veranstaltungen – ausführlich mit den Vertretern von Polizei und Behörden im Innen- und Rechtsausschuss über das G7-Treffen in Lübeck beraten. 3



Zurück zum Antrag. Hier wird gefordert, dass Aufzeichnungen von Demonstrationsbeobachtern nicht mehr beschlagnahmt werden dürfen. Abgesehen von dem Misstrauen, welches sich hier widerspiegelt, muss die Polizei im Falle von Straftaten jedes Beweismaterial sicherstellen. Oder soll hier ernsthaft die Strafprozessordnung ausgehebelt werden? Außerdem frage ich mich was „neutral und unabhängig“ an dieser Stelle heißen soll? Neutral und unabhängig jenseits der Gewalten? Jenseits aller staatlichen Institutionen?
Im Klartext: Aus dem Antrag geht ein abgrundtiefes Misstrauen gegenüber allen Formen der Staatsgewalt hervor! In Russland wäre das sicher angebracht, aber gegenüber Schleswig- Holstein schießt dieses Misstrauen mehr als über das Ziel hinaus! Wenn das Ziel ist, die Versammlungsfreiheit zu stärken und zu schützen und das G7-Treffen in Lübeck mit friedlichem, demokratischem Protest zu begleiten, dann bin ich dabei.
Was jedoch nicht geht, ist
- die Gewaltenteilung in Frage zu stellen, - mit Unterstellungen und Misstrauen gegenüber der Landespolizei zu arbeiten - oder die Verantwortung der Zivilgesellschaft auszublenden. Ich bin mir sicher, dass die bisher gut erprobten und durchgeführten Maßnahmen in punkto Kooperation, Prävention und Dialog ausreichen werden. Ob als friedlicher Demonstrant, verantwortlicher Organisator, Bürgerrechtler, zivilgesellschaftlicher Beobachter, Anwalt, Parlamentarier oder Polizist: Ich bin mir sicher, dass viele Demokratinnen und Demokraten vor Ort sein werden!