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20.02.15
12:57 Uhr
SSW

Flemming Meyer: Wir brauchen weiter die Fanggründe vor unseren Küsten

Presseinformation Kiel, den 20.02.2015

Es gilt das gesprochene Wort



Flemming Meyer TOP 04 Ernährungswirtschaft in Schleswig-Holstein Drs. 18/2478

„Wir brauchen weiter die Fanggründe vor unseren Küsten“


Die schleswig-holsteinische Ernährungswirtschaft ist nach wie vor ein wichtiger
Wirtschaftsfaktor in unserem Land. Das geht aus der Antwort der Landesregierung auf die Große
Anfrage deutlich hervor. Dort werden alle Aspekte der Ernährungswirtschaft in Schleswig-
Holstein beleuchtet. Von der Produktion, über die Veredelung und Vermarktung bis hin zu
Fördermöglichkeiten, um nur einige Bereiche zu nennen.


Es mag auch niemanden verwundern, dass dies so ist, da Schleswig-Holstein nach wie vor von
der Landwirtschaft und der Fischerei sowie dem dazu gehörenden verarbeitendem Gewerbe
stark geprägt ist.
Aber wie in vielen anderen Wirtschaftsbereichen, lässt sich gerade in der Landwirtschaft ein
Strukturwandel feststellen. Hierbei handelt es sich nicht um ein Phänomen der letzten Jahre,
sondern vielmehr der letzten Jahrzehnte. Daher gilt es, Strategien zu entwickeln, um diesen
Prozess abzufedern. 2
Der Strukturwandel ist insbesondere auf die Konzentrationsprozesse in der Landwirtschaft, der
Ernährungsindustrie und dem Lebensmitteleinzelhandel sowie die Verlagerung der
Verarbeitungsstätten in andere Bundesländer zurückzuführen. So geht beispielsweise aus der
Großen Anfrage hervor, dass große Schlachtkonzerne heute das Bild beherrschen. Die relativ
günstigen Transportkosten für Schlachtvieh sowie überregionale Überkapazitäten verschärfen
den Wettbewerb. Daher muss das Bestreben sein, die Schlachtkapazitäten in Schleswig-Holstein
zu halten und neue zu schaffen. Dabei sollte das Augenmerk insbesondere auf die Förderung der
Verarbeitung und Vermarktung von Tieren auf kleine und regional orientierte Unternehmen
gerichtet sein. Dies schafft qualifizierte Arbeitsplätze in den Regionen und steigert die
Wertschöpfung.
Auch die zunehmende Globalisierung stellt die Schleswig-Holsteinische Ernährungswirtschaft
vor große Herausforderungen. Sie bietet aber auch Chancen für unsere Land- und
Ernährungswirtschaft. Daher ist die Ausweitung des überregionalen Exports ein wichtiger
Bestandteil zukünftiger Entwicklungsstrategien. Die wichtigsten Exportabnehmer für Waren der
Ernährungswirtschaft sind derzeit Dänemark und die Niederlande.


Der Umsatzanteil der schleswig-holsteinischen Ernährungswirtschaft von 19,1 % liegt zwar über
dem Bundesdurchschnitt von rund 11 % - was natürlich erfreulich ist - er macht aber auch
deutlich, dass Schleswig-Holstein viel zu verlieren hat. Und weil dies so ist, sind Konzepte von
Seiten der Landesregierung notwendig.
Die Landesregierung ist hier nicht allein in der Verantwortung. Die Ernährungswirtschaft hat mit
der Landesregierung aber einen verlässlichen Partner an ihrer Seite. Gemeinsam müssen
langfristige Konzepte und Strategien erarbeitet werden, um die Ernährungswirtschaft weiterhin
so gut dastehen zu lassen.


Erfreulich ist, dass das Thema Regionalität in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung
beim Verbraucher gewonnen hat. Die Ernährungswirtschaft reagiert bereits auf diesen 3
Verbrauchertrend, indem zunehmend regionale Produkte angeboten werden. Aber auch Aspekte
wie Tierwohl oder Nachhaltigkeit rücken stärker in den Focus der Verbraucher.
Diese Entwicklung gilt es auszubauen. Sie bietet insbesondere für kleine und mittelständische
Unternehmen in unserem Land Zukunftschancen neben dem globalen Markt. Aus diesem Grund
hat die Landesregierung Schwerpunkte herausgearbeitet, um auf zukünftige
Herausforderungen vorbereitet zu sein. Zu nennen sind hier unter anderem: Erhalt der
bäuerlichen Landwirtschaft, Schutz der Lebensgrundlagen, Tierwohl, Regionale Wertschöpfung
oder Lebensmitteltransparenz. Dies sind alles Aspekte, die einem verantwortungsvollen
Kaufverhalten gerecht werden.
Diese Entwicklung ist auch in der Gastronomie zu verzeichnen. Auch dort wird stärker auf die
Regionalität von Produkten geachtet. Somit ist dies auch ein touristischer Aspekt, der nicht zu
vernachlässigen ist. Qualitativ hochwertige und regionale Produkte und Angebote gehören zu
einem modernen Tourismus-Marketing heute einfach dazu. Das gilt für Produkte aus der
Landwirtschaft und ebenso für Produkte aus der Fischereiwirtschaft. Wer heute nach Schleswig-
Holstein kommt, um hier Urlaub zu machen, der möchte auch den Fisch oder die Krabben frisch
vom Kutter kaufen können und es wird erwartet, fangfrischen Fisch im Restaurant bestellen zu
können. Das gehört einfach zum Urlaubserlebnis dazu. Die traditionelle Fischerei in Nord- und
Ostsee kann nicht regionaler sein. Daher brauchen wir weiter die Fanggründe vor unseren
Küsten.


Die Maßnahmen der Landesregierung hinsichtlich der Qualitäts- und Absatzförderung sind
wichtig und richtig. Daher sollte nach Auffassung des SSW die Regionalisierung der
Ernährungswirtschaft weiter ausgebaut werden. Rohstoffe aus der Region sollen in der Region
verarbeitet werden und nach Möglichkeit sogar in der Region gehandelt und verzehrt werden.
Das trägt dazu bei, die Wertschöpfung im Lande zu steigern. Darüber hinaus erzielen wir Effekte,
die nicht unerheblich sind. Es kommt zu einer Verringerung des Transportaufkommens und das
schont die Umwelt und ist auch aus tierschutzfachlichen Aspekten positiv. Die 4
Direktvermarktung schafft zusätzliches Einkommen für die Landwirte und regionale Produkte
stärken das regionale Lebensmittelhandwerk.


Die Verknüpfung der Branchen spielt hierbei aber eine große Rolle. Die Landwirtschaftskammer
hat – mit finanzieller Unterstützung der Landesregierung – im Rahmen einer Fachveranstaltung
die Themen Nachfrage des Handels, Qualitätsanforderungen und Logistik mit Beteiligten aus
der Land- und Ernährungswirtschaft und des Handels diskutiert. Mit dabei waren Akteure aus
der Landwirtschaft, des Ernährungshandwerks, der Ernährungswirtschaft, des
Lebensmittelhandels und der Gastronomie. Daraus entstand seinerzeit der Verein „Nordbauern
Schleswig-Holstein – Vereinigung Norddeutscher Direktvermarkter Schleswig-Holstein“. Der
Verein verfolgt das Ziel Qualität und Absatz von Produkten heimischer Direktvermarkter zu
verbessern und den einzelnen Mitgliedern eine Stimme nach außen zu geben. Zur Vereinsarbeit
zählen Weiterbildungsmaßnahmen, gemeinsames Auftreten sowie die Intensivierung der
Zusammenarbeit in Vertrieb und Logistik – auch im Hinblick auf den Lebensmittelhandel. So ist
es der Homepage zu entnehmen.
Die Möglichkeit, das Gütezeichen „Geprüfte Qualität Schleswig-Holstein“ zu nutzen, verschafft
den teilnehmenden Betrieben zusätzliche Vorteile. Das Gütezeichen hat sich in Schleswig-
Holstein und darüber hinaus bewährt. Durch die Zusammenarbeit mit dem Gütezeichen werden
Doppelstrukturen vermieden und gleichzeitig das Qualitätsmanagement gesichert.


Auch wenn die Zusammenarbeit der Branchen zum Teil noch in den Kinderschuhen steckt, so hat
die Ernährungswirtschaft in Schleswig-Holstein mittlerweile den regionalen Markt für sich
erkannt. Und wir können davon ausgehen, dass dieser Sektor in den kommenden Jahren weiter
ausgebaut wird. Das Potential ist da, die Verbraucher wollen es und wir haben das Pfund mit
dem wir wuchern können. 5
Die Ernährungswirtschaft und die Politik müssen weiter im engen Kontakt bleiben. Nur so
können die richtigen Schritte weiter angegangen werden. Da wir hier und heute nicht alle
Aspekte der Großen Anfrage erörtern können, sollten wir dies im Ausschuss fortsetzen.
Hierbei sollte die Möglichkeit in Betracht gezogen werden, Vertreter der Ernährungswirtschaft
einzuladen, um auch deren Meinung zur Großen Anfrage zu hören und wie sie die künftige
Entwicklung in Schleswig-Holstein einschätzen.