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18.02.15
11:24 Uhr
B 90/Grüne

Eka von Kalben zum Ausbruch eines multiresitenten Keims im UKSH

Presseinformation

Landtagsfraktion Schleswig-Holstein Pressesprecherin Claudia Jacob Landeshaus Es gilt das gesprochene Wort! Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel TOP 7 – Konsequenzen aus dem Ausbruch eines multiresis- Telefon: 0431 / 988 - 1503 tenten gramnegativen Acinetobacter baumanii am UKSH Fax: 0431 / 988 - 1501 Mobil: 0172 / 541 83 53 Dazu sagt die Fraktionsvorsitzende presse@gruene.ltsh.de der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, www.sh.gruene-fraktion.de

Eka von Kalben: Nr. 060.15 / 18.02.2015



Das UKSH ist als einziger Maximalversorger unver- zichtbar
Was ist passiert?
Am 12. Dezember 2014 wurde ein Patient im UKSH aufgenommen Er war zuvor in der Tür- kei behandelt worden. Der 74 Jährige wurde gemäß der aktuellen Empfehlungen des Ro- bert Koch Institutes und Kommission für Krankenhaushygiene auf MRSA und MRGNE gescreent. Die Laborergebnisse lagen erst nach einigen Tagen vor. Das ist normal.
Bei diesem Patienten wurde der multiresistente gramnegative Erreger Acinetobacter Baumanii nachgewiesen. Er wurde auf der internistischen Intensivstation behandelt. Dort kann es zu Übertragungen auf Patientinnen gekommen sein, die später auf der chirurgi- schen Intensivstation behandelt wurden. Dort wurde der Keim im Januar nachgewiesen. Es handelte sich um denselben Stamm. Der aus der Türkei verlegte Patient verstarb am 12. Januar 2015.
Insgesamt wurde bei 31 PatientInnen der Keim nachgewiesen. 12 PatientInnen sind ver- storben. Sie litten an gravierenden, lebensbedrohlichen Grunderkrankungen. Bei drei von ihnen kann ein Zusammenhang mit Acinetobacter Baumanii nicht ausgeschlossen werden. Zu unterscheiden ist, ob der Keim lediglich auf der Haut oder auch an Kanülen, Schleim- häuten oder im Körperinneren nachgewiesen werden kann. Dann ist leider von einer sys- temischen Infektion auszugehen. Elf PatientInnen befinden sich aktuell noch im UKSH, acht PatientInnen konnten entlassen werden. Am 23. Januar hat das UKSH die Öffentlichkeit und das Ministerium informiert. Zu spät, wie viele sagen. Aber auf der Grundlage der geltenden Richtlinie war das korrekt. Das Gesund- heitsamt Kiel wurde bereits im Dezember informiert.
Seite 1 von 4 Wie ist die aktuelle Lage? Seit Ende Januar sind keine weiteren PatientInnen positiv auf MRGNE getestet worden. Die Keime scheinen im Griff zu sein. Wir können vorsichtig hoffen, dass diese Krise bewältigt ist. Das Krisenmanagement von UKSH und Ministerin war und ist gut. Und es war und ist sachgerecht und sinnvoll. Die Ministerin hat besonnen und zielstrebig reagiert. Panikmache wäre völlig fehl am Platz gewesen.
Herr Scholz und Frau Dr. Christiansen haben konsequent und entschlossen gehandelt, in- tern und nach außen. Ausgewiesene Experten wurden zu Rate gezogen, die Öffentlichkeit wurde zeitnah und regelmäßig informiert. Mehr geht nicht. Ganz wichtig: den MitarbeiterIn- nen im UKSH gilt unser Dank! Sie alle haben Bemerkenswertes unter extremen Anforde- rungen geleistet!
Zudem: Aus dem Nachteil langer Kommunikationswege wurden bereits die notwendigen Konsequenzen gezogen. Schon jetzt ist vereinbart, dass das Ministerium zukünftig sofort benachrichtigt wird. Ein entsprechender Erlass bzw. eine Änderung der Landesverordnung wird folgen.
Das Krisenmanagement war gut, die Maßnahmen richtig und sinnvoll!
Richtig war es, zu aller erst an die betroffenen PatientInnen, ihre Angehörigen und die Pfle- gekräfte zu denken. Sinnvoll war es, vorrangig und mit ganzer Kraft die Bekämpfung des Keims auf den Stationen voran zu treiben. Richtig war es, sich einen fachlichen Überblick zu verschaffen. Sinnvoll war es bundesweit ausgewiesene Hygieneexperten nach Kiel zu holen. Sie konnten die Situation vor Ort unvoreingenommen und objektiv bewerten. Richtig ist es, jetzt alles dafür zu tun, dass keine nächste Keimkrise kommt. Und sollte sie doch kommen, wollen wir sie noch besser bewältigen können. Sinnvoll ist es, jetzt vorzu- sorgen. Das tun wir. Das vorgelegte Maßnahmenpaket der Landesregierung ist gut, richtig und sinnvoll!
Das UKSH ist als einziger Maximalversorger unverzichtbar!
Das Universitätsklinikum ist der einzige Maximalversorger in Schleswig-Holstein. Es ist un- verzichtbar. Es muss erhalten und gestärkt werden. Ein Universitätsklinikum muss auf höchsten Standard arbeitsfähig sein. Darauf vertrauen die Menschen. Das ist der Grund für den Masterplan. Es bedeutet eine riesengroße Kraftanstrengung für alle Beteiligten, diesen umzusetzen. Es ist ein Mammutprojekt, das in diesem Ausmaß für Schleswig-Holstein ein- malig ist. Der Weg ist lang und steil und wir werden noch einige Steine aus dem Weg räu- men müssen. Trotzdem werden wir diesen Weg gehen.
An einer Stelle im System zeichnen sich Probleme ab. Das ist der Personalbedarf. Die Ar- beitsdichte im UKSH ist sehr hoch. Urlaubs- und Krankheitszeiten sowie normale Fluktuati- on erhöhen den Druck zusätzlich. Insbesondere auf Intensivstation führt das zu Problemen. Es führt zu Abstrichen bei der Patientenversorgung und zu Überlastung beim Personal. Überlastungs- und Gefährdungsanzeigen machen dies deutlich. Wir müssen uns der Frage stellen, ob die bisherigen Standards im Krankenhausalltag ausreichend sind. Das gilt für den ärztlichen Bereich. Das gilt für die Pflege und das gilt für das Reinigungspersonal. Wenn wir hier Lücken haben, dann müssen diese geschlossen werden!
Der zunehmende ökonomische Druck, dem Krankenhäuser unterliegen, ist gefährlich. Zu- erst kommen der Mensch und der Behandlungsauftrag. Dann kommen die betriebswirt- schaftlichen Erfordernisse. Das ist die Grüne Sichtweise. Das Maßnahmenpaket der Landesregierung orientiert sich am Menschen! 2 In die gleiche Richtung zielt das Maßnahmenpaket der Landesregierung. Die vorgelegten Punkte orientieren sich an den Menschen und ihrer Gesundheit.
1. Die bauliche Situation der Stationen ist unzureichend. Deshalb ist es richtig, Geld für eine zügig umsetzbare Modullösung bereit zu stellen. Wir haben an dieser Stelle nicht die Zeit, den Masterplan abzuwarten. 2. Die Qualität der Behandlung steht und fällt mit dem Personal. Zu wenig Personal ist ein Gefährdungspotential. Nur wenn auf der Basis struktureller und organisatorischer Verbesserungen durch den Masterplan, Kapazitäten frei werden, dürfen wir über Personalabbau – und dann nur im Rahmen der natürlichen Fluktuation – nachden- ken. Betriebsbedingte Kündigungen schließen wir aus. 3. Das Personal muss wissen, was es tut. Mehr Fortbildung, noch bessere Fortbildung und vor allem die Möglichkeit diese auch wahrzunehmen, das ist unverzichtbar. Ins- besondere beim Hygienemanagement, aber nicht nur dort. 4. Wir brauchen einen schnelleren Informationsfluss zwischen den Krankenhäusern und den verantwortlichen Behörden: Hierzu wurden bereits Maßnahmen eingeleitet. 5. Nur wenn ein Screening stattfindet, kann man Gefährdungen durch multiresistente Erreger vorab erkennen und bekämpfen. Entscheidend ist, wer gescreent und wo- rauf gescreent wird. Deshalb müssen wir die geltenden Empfehlungen und Stan- dards und ihre praktische Umsetzung kritisch überprüfen. Es ist erforderlich, einheit- lich zu definieren, welche Gruppen als Risiko einzustufen sind und welche Keime re- levant sein könnten. 6. Antibiotika sind eine Wunderwaffe. Aber jedes Schwert wird stumpf, wenn man es zu oft und falsch verwendet. Wir brauchen im stationären und ambulanten Bereich ein restriktives Verordnungsverhalten von Antibiotika. Das gilt vorrangig in der Hu- manmedizin, aber auch in der Tierhaltung. Die nationale Deutsche Antibiotika Resis- tenzstrategie (DART-Strategie) muss forciert und evaluiert werden. 7. Qualität kostet Geld. Geld ist immer knapp. Trotzdem ist es zwingend erforderlich, dass die Krankenhäuser durch Investitionen gestärkt werden. Die Landesregierung muss prüfen, ob und wie mehr Mittel für die notwendigen Maßnahmen bereitgestellt werden können. 8. Wir dürfen den Bund bzw. die Krankenkassen nicht aus der Pflicht lassen. Nach wie vor hat Schleswig-Holstein einen Landesbasisfallwert unterhalb des Bundesdur- schnitts. Diese finanzielle Benachteiligung muss aufhören.

Aus der Keimkrise lernen!
Es ist unsere Aufgabe, aus der Keimkrise am UKSH zu lernen. Die Japaner sagen, jede Krise beinhaltet eine Chance. Aus Grüner Sicht ist das entscheidend:
Gut, dass wir die Infektion schnell in den Griff bekommen haben! Ich bedanke mich bei al- len Menschen, die in dieser schwierigen Situation beruflich und privat ihr Bestes gegeben und das Menschenmögliche getan haben.
Gut, dass die Landesregierung zügig und zielgerichtet einen Maßnahmenkatalog auf den Weg gebracht hat. Er wird seinen Teil dazu beitragen, einen möglichen Keimausbruch in Zukunft zu verhindern. Er wird dazu beitragen, den Umgang mit einer Keimkrise zu verbes- sern und die Eindämmung der Keime zu erleichtern. 3 Gut, dass das UKSH in öffentlicher Hand bleibt. Wir setzen den Masterplan um. Schleswig- Holsteins Universitätsklinikum, der einzige Maximalversorger im Land, wird modernisiert und gestärkt. Eine schwarze Null wünschen wir uns alle. Sie darf nicht auf Kosten der PatientInnenversorgung oder der Arbeitsbedingungen erzielt werden. Das ist Aufgabe und Ziel des Masterplans und daran halten wir fest.



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