Kai Vogel zu TOP 17: Mobilität ganzheitlich denken
Es gilt das gesprochene Wort! Kiel, 23. Januar 2015TOP 17, Bürgerbusse fördern (Drs. 18/2623)Kai Vogel:Mobilität ganzheitlich denkenSehr geehrter Herr Kollege Dr. Breyer, wir sind Ihnen dankbar, dass Sie ein Thema aufgreifen, dass wir bereits 2012 im Koalitionsvertrag erwähnt haben, weil uns damals bereits bewusst war, dass der heute thematisierte Bürgerbus in einzelnen Regionen Schleswig-Holsteins eine sinnvolle Ergänzung darstellen kann. In unserem Koalitionsvertrag steht, dass im Bereich der individuellen Mobilität die Landesregierung das Thema Innovationen im ÖPNV, wie Rufbus- und Ruftaxisysteme und ehrenamtliche Bürgerbusse aufgreifen wird.Bürgerbusse können eine hervorragende Einrichtung sein: Bedarfsbezogene Bediensysteme, die geringe Grundkosten haben und soziale Anbindung im ländlichen Raum mit Mobilität und Ehrenamt verknüpfen.Dieses Mobilitäts-Instrument gibt es schon in Ansätzen seit den 80er Jahren. Engagiert sind vor allem Regionen in Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Bayern, Nordrhein-Westfalen, Hessen und weiteren Bundesländern. In Schleswig-Holstein gibt es mit dem im Sommer 2014 hinzugekommenen Angebot in Ladelund nur wenige Bürgerbusse in Schleswig-Holstein.Aufgrund einiger Studien gibt es inzwischen brauchbare Erkenntnisse darüber, was Bürgerbusse leisten können – und was nicht und das Internet ist voll von Erfahrungsberichten. 2Es ist allerdings nicht so, dass Bürgerbusse ein Allheilmittel für mangelnden ÖPNV sind, da immer genau vor Ort entschieden werden muss, welches Angebot dort von den Menschen benötigt wird. Der „Bürgerbus“ ist aber kein Patentrezept.Grundsätzlich können Bürgerbusse eine vernünftige Ergänzung zu professionellen Angeboten im Nahverkehr sein. Allerdings hat ihre Einsatzmöglichkeit auch Grenzen.Wir sollten nicht zu kurz denken, indem wir bei Älteren oder bei bewegungseingeschränkten Menschen einfach ein Verkehrsmittel durch ein anderes ersetzen und sonst alles beim alten belassen.Mobilität kann beispielsweise auch bedeuten, dass unter der Berücksichtigung der Bedarfe der Menschen Angebote zu den Menschen kommen, dass mehr dezentral gedacht und lokal gehandelt wird.Ein Bürgerbus darf nicht isoliert stehen. Im optimalen Fall ist er in ein kombiniertes professionelles und ehrenamtliches Netzwerk eingebunden, z.B. mit einem Treff für Bürgerinnen und Bürger. Organisatorische Fragen und Vernetzungen sind zu klären. Hierzu zählen insbesondere die Schnittstellen zum Angebot des Öffentlichen Personennahverkehrs.Zu vermeiden ist eine weitere Reduzierung der ÖPNV-Anbindung im ländlichen Raum. Bürgerbusse können unter bestimmten Umständen bestehende Busverkehre ergänzen. Sie sollten jedoch nicht an deren Stelle treten und den öffentlichen Sektor verdrängen.Wenn der Erwachsene für eine Fahrt mit dem Bürgerbus in Ladelund ein Entgelt von 1 Euro oder 1,50 Euro zahlt, gleich westlich davon mit der öffentlichen NVB für eine vergleichbare Strecke 2,85 Euro oder 3,90 Euro, muss die Frage der Konkurrenz erlaubt sein. 3Zudem wäre die pauschale Forderung der Piraten, die Landesregierung möge die Kosten von Bürgerbussen komplett tragen in dieser Forderung ein Kahlschlag für den ÖPNV. Der ÖPNV wird bei uns seit Jahren von den Kreisen organisiert, da diese vor Ort bedarfsgenauer entscheiden können. Sie können sich sicherlich vorstellen, wenn eine Landesregierung mit kostenfreien und ergänzenden Buslinien winken würde – so wie es die Piraten in ihrem Antrag fordern - wie die Kreise begeistert die größten defizitären Linien aufgeben würden, da ja das Land diese alte Buslinie mit einem Bürgerbus übernimmt. Ein Kahlschlag von Buslinien würde die Folge sein und damit genau das Gegenteil, was wir uns unter einem Bürgerbus vorstellen. Bürgerbusse sollen die Mobilität in einzelnen strukturschwachen Regionen ermöglichen, doch es gilt noch viele rechtliche Fragen zu klären.Dieses sollten wir im Ausschuss detailliert tun. Ich beantrage daher Überweisung.