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11.12.14
11:49 Uhr
B 90/Grüne

Eka von Kalben zum Landeshaushalt 2015

Presseinformation

Landtagsfraktion Schleswig-Holstein Pressesprecherin Es gilt das gesprochene Wort! Claudia Jacob Landeshaus TOP 3, 4, 9, 15, 35, 36, 37, 38, 39, 44 – Düsternbrooker Weg 70 Landeshaushalt 2015 24105 Kiel
Telefon: 0431 / 988 - 1503 Dazu sagt die Vorsitzende Fax: 0431 / 988 - 1501 der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Mobil: 0172 / 541 83 53 presse@gruene.ltsh.de Eka von Kalben: www.sh.gruene-fraktion.de
Nr. 483.14 / 11.12.2014



Von der Investition in unsere Köpfe hängt die Zukunft unseres Landes ab!
Sehr geehrtes Präsidium, sehr geehrte Damen und Herren!
Heute beschließen wir den Haushalt für 2015. Es geht um Schwerpunkte und Zielset- zungen. Es geht um Prioritäten und Unterschiede. An keinem anderen Tag im Jahr wird so deutlich, was eine Regierung ausmacht, wie an diesem. An keinem anderen Tag wird auch die Opposition so sehr in die Pflicht genommen, ihre Alternativen aufzuzei- gen.
Heute können die BürgerInnen in aller Deutlichkeit sehen, wofür die Politik der Küsten- koalition steht. Dass wir die Lebensbedingungen der Menschen in Schleswig-Holstein verbessern, dass wir Schleswig-Holstein zukunftsfest machen, dafür steht der Haushalt dieser Koalition.
Meine Damen und Herren, wir sind umgeben von einem Schuldenmeer. Wir alle wissen um die Gefahren der See, so nah vor der Haustür.
Gemeinsam, über die Parteigrenzen hinweg, haben wir uns entschieden, die immer weiter gehende Neuverschuldung einzudämmen. Unser Deich ist die Schuldenbremse. Wir schützen damit unser Land, bewahren es für die kommenden Generationen. Auch sie sollen die Freiheit haben, es zu gestalten.

Seite 1 von 6 Aber der höchste Deich allein: Er bringt nichts. Er kann brechen. Manchmal ist er mehr Gefahr als Schutz. Wir brauchen Polder und Ausgleichsflächen, Reserven und Spiel- räume. Wir müssen unsere Möglichkeiten nutzen und im überschaubaren Rahmen auch dann in die Zukunft investieren, wenn das nur mit Schulden machbar ist.
Und ja, wir machen neue Schulden, um unsere Ausgaben zu finanzieren. Noch schaf- fen wir es nicht, diese Ausgaben ohne Schulden zu finanzieren.
Das war allerdings auch nie unsere Erwartung, denn wir haben uns ja bewusst für eine Schuldenbremse in 2020 und einen Konsolidierungspfad entschieden - den werden wir auch nicht verlassen. Im Gegenteil: wir bleiben auch in 2015 unterhalb dessen, was wir nach dem Regelwerk der Schuldenbremse an Verschuldung machen dürften.
Denn die Schulden der Vergangenheit drücken schon jetzt. Sie kosten Zinsen, und die können auch wieder steigen. Und sie binden uns für die Zukunft. Schulden nehmen Gestaltungsräume für die Zukunft.
Es gilt aber, bei den Gestaltungsräumen der Zukunft auch die heutigen Aufgaben im Blick zu behalten. Denn auch wenn wir an zukünftige Generationen denken, dürfen wir die heutigen nicht vergessen.
Eine schwarze Null kann auch Stillstand bedeuten. Schlimmer noch: Sie kann für ka- putte Straßen stehen, weil die nicht saniert werden. Für schlechte Schulen, weil der Un- terricht ausfällt. Für schlechte Krankenhäuser, weil die PatientInnen in den Fluren vor sich hin dösen. Dann ist auch eine schwarze Null zwecklos.
Und die Haushaltskonsolidierung in unserem reichen Wohlstandsland gegen men- schenunwürdige Flüchtlingsunterkünfte auszuspielen, das wäre geradezu schäbig. Das wäre eine würdelose schwarze Null.
Für uns Grüne ist klar: Wir wollen ausgeglichene Haushalte. Wir wollen die Kinder von heute nicht mit unnötigen Schulden belasten. Aber wir wollen genau diesen Kindern auch gute Bildungschancen und ein lebenswertes Umfeld bieten.
Der Spagat besteht darin, dass die Einsparungen von heute nicht zu den Schulden von morgen werden.
Wir wollen mit diesem Haushalt das Leben in Schleswig-Holstein noch besser machen. Was heißt besser? Wie soll man das spüren?
Man wird es hören auf der Großbaustelle des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein, auf den regionalen Baustellen in Krankenhäusern, die von unserer Aufstockung profitie- ren. Man wird es spüren auf den sanierten Straßen, wenn das Schlagloch plötzlich ver- schwunden ist - im Auto oder auf dem Fahrrad. Dafür haben wir das Sondervermögen. Wir stocken es weiter auf.
Die Zukunft spüren kann man auch in den Wohnbezirken, in denen wir in die Städte- bauförderung investieren. Das ist wichtig, um bezahlbaren Wohnraum zu erhalten. Für Menschen ohne hohes Einkommen, für Studierende und Einwandernde.
Die Situation der Schulen wird sich verbessern. Wir haben den Abbaupfad der Vorgän- gerregierung korrigiert und bringen durch die Bafög-Mittel mehr LehrerInnen ins Sys- tem. Damit fangen wir jetzt an – mit 228 Stellen – und machen bis 2017 weiter.
2 An vielen Orten, in vielen Lebensbereichen werden die Menschen unsere heutigen Be- schlüsse spüren.
Unser Land hat Herausforderungen zu bewältigen. Das ist ein Spiel mit vielen Bällen. Wer sich nur auf einen konzentriert, verliert die anderen. Wir halten sie alle in der Luft. Unser Haushalt ist vernünftig und ausgeglichen.
Meine Damen und Herren von der CDU, mit Interesse haben wir Ihre Haushaltsanträge gelesen. Es gibt sogar einige Punkte, die wir gemeinsam fordern. Zum Beispiel die Hilfe für traumatisierte Flüchtlinge. Das freut uns sehr.
Leider bleiben solche Anträge bei der CDU eine Ausnahme. Insgesamt sprechen sie eine andere Sprache und die heißt: Beton statt Menschen. Ihre Anträge sind populis- tisch und nicht umsetzungstauglich.
Sie haben stets versucht, die Finanzministerin auf dem Feld der Haushaltskonsolidie- rung zu schlagen. Die hat Ihnen aber schon längst das Wasser abgegraben. Deswegen präsentieren Sie der Öffentlichkeit jetzt eine Konsolidierungsattrappe und hoffen: Der Trick fällt nicht auf.
42 Millionen weniger Schulden? Und wie machen Sie das? Indem Sie Personalrückla- gen auflösen, die gar nicht mit Budget hinterlegt sind und indem Sie auf Mehreinnah- men aus der Erbschaftssteuer spekulieren. Genauso gut hätten Sie die 42 Millionen Euro als Schulden stehen lassen können. Doch Sie hoffen auf Schlagzeilen und verab- schieden sich endgültig von ehrlicher Haushaltspolitik.
Gleichzeitig weichen Sie den Stellenabbaupfad, den sie selber ausgearbeitet haben, auf. Das ist ja auch viel bequemer so. Erst zeichnen sie Schreckensbilder zur inneren Sicherheit im Land, dann fordern sie mehr PolizistInnen, obwohl sie selbst den Ader- lass beschlossen haben. Wer glaubt bitte, dass das redlich ist?
Trotzdem erfüllen Sie nicht mal Ihre eigenen Versprechen, die Sie im Laufe des Jahres verkündet haben. Wo sind beispielsweise die 36 Mio. für den kommunalen Finanzaus- gleich? Können sie die etwa doch nicht herbeizaubern?
Wo ist die Unterstützung der Kommunen bei der Unterbringung von Flüchtlingen und wo ist das Geld für Sprachunterricht, das Sie noch vor wenigen Wochen gefordert ha- ben? Darum kümmern Sie sich nicht mehr. Ihr Schwerpunkt heißt jetzt einzig und allein: Beton.
Dafür präsentieren Sie ein Streichkonzert in den Bereichen Soziales und Umwelt: weni- ger für Minderheiten, weniger für MigrantInnen und weniger für die Gleichstellungsbe- auftragte.
Zudem greift die CDU in den Topf zur „Bekämpfung von Rechtsextremismus“ und will die Mittel für eine Willkommenskultur in den Kommunen streichen. In Zeiten von „Hooligans gegen Salafisten“-Aufmärschen halte ich so ein Signal für außerordentlich gefährlich.
Diese Entwicklung sorgt mich sehr. Auf mich wirkt das wie das Ende einer vernunftori- entierten CDU. Zur AfD hin brechen bei Ihnen derzeit alle Dämme. Ich hoffe, Sie fan-
3 gen nicht auch noch an, Gold zu verhökern.
Und zu alledem noch die Kürzungen im Bereich Umwelt: weniger für Ressourceneffizi- enz und Energieberatungen, weniger für Artenschutz, weniger für Klimaschutz, weniger für Ökolandbau, weniger für alles, was irgendwie nach Umwelt klingt.
Ihre vollmundigen Worte, Herr Günther, ich kann sie nicht ernst nehmen. Wollten sie nicht Grüne WählerInnen aus der Mitte gewinnen? Machen Sie das, indem Sie alle umweltpolitischen Maßnahmen zusammenstreichen?
Typisch CDU: der Gottesbezug in der Verfassung ist ihnen heilig. Die reale und spürba- re Bewahrung der Schöpfung ist ihnen keinen Cent wert. Das ist konservativ im schlechtesten Sinn.
Meine Damen und Herren, ein Grüner Deich gegen das Schuldenmeer ist mir lieber als eine CDU-Betonmauer. Die CDU in Schleswig-Holstein: Sie ist unsozial, unökologisch und realitätsfern. Und über alledem: Auf dem Weg nach rechts. Das wird Ihnen Schaden, nicht Nutzen brin- gen.
Meine Damen und Herren, auch die FDP trumpft mit leeren Versprechungen auf. Sie behaupten, Sie würden die Investitionsquote um ein Prozent steigern. Dafür präsentieren Sie gut 90 Millionen für Investitionen, von denen Sie aber fast die Hälfte mit unseren Investitionsausgaben ge- genfinanzieren wollen.
Ihre Netto-Mehrinvestitionen würden die Investitionsquote gerade einmal um 0,5 Pro- zent erhöhen. Das ist die Hälfte von dem, was Sie versprechen. Ist das bewusste Täu- schung oder Unwissenheit?
Ganz abgesehen davon laufen Sie mit offenen Augen in die gleiche Falle wie Ihre Op- positionskollegInnen: Sie fordern 30 Millionen für Krankenhäuser. Das klingt erst mal gut - wir investieren auch in Krankenhäuser. Aber es ist Unsinn, alles innerhalb eines Jahres einzuplanen. So schnell kann gar nicht überall gebaut werden. Ein Placebo, mehr nicht.
Es bringt doch nichts, am Anfang des Jahres eine tolle Investitionsquote zu verspre- chen und am Ende festzustellen, dass die Gelder gar nicht abfließen konnten. Sie be- treiben eine Politik, die sich hinter Zahlen versteckt. Papier statt Substanz.
Meine Damen und Herren, die Investitionsquote: sie ist zentraler Bestandteil unserer Haushalts- und Wirtschafts- politik. Ein Indikator mit Aussagekraft, aber einer beschränkten Aussagekraft. Straßen, Krankenhäuser und Wohnraum, all das ist wichtig, es ist unersetzbar. Aber am Ende handelt es sich um einen Teilausschnitt. Wichtig, aber eben nur ein Teil des Ganzen.
Nicht jede Investition ist wirklich eine Entlastung für die Zukunft. Das haben etliche Fehlinvestitionen der Vergangenheit gezeigt, die heute Folgekosten in unschätzbarer Höhe produzieren, in Brokdorf, in Brunsbüttel und in Krümmel...
Wir halten die Investitionsquote im Bereich von 7,3 Prozent unserer Ausgaben. Das ist, meine Damen und Herren von der Opposition, ein unterdurchschnittlicher Wert. Im his- torischen Vergleich, im Bundesvergleich. Aber die Quote ist nicht alles, sie ist nur eine
4 Kennzahl. Die Wahrheit ist: in unserem Haushalt stecken viel mehr Investitionen als diese 7,3 Prozent.
Zum Beispiel Investitionen in Bildung: Lehrerstellen, Schulsozialarbeit, Kitaausbau - ei- ne Investition in die Köpfe der Zukunft. Wir heißen Zuwanderer willkommen, mit einer Fülle an Maßnahmen - eine Investition in die Zukunft. Wir stärken die Minderheiten und Kulturstätten, um unsere gemeinsame Identität zu stärken - eine Investition in die Zu- kunft. Wir stärken den Verbraucherschutz - eine Investition in die Sicherheit der Kon- sumentInnen. Wir kartieren das ganze Land nach ökologischen Flächen - eine Investiti- on in den Naturschutz heute und morgen.
Mit Blick auf die Investitionsquote noch ein Gedanke: Derzeit wird viel Geld gespart, vor allem privat und in Unternehmen. Teilweise ist schon die Rede vom Anlagenotstand. Deshalb: wie viel in einem Land investiert wird, hängt nicht nur von staatlichen Investiti- onen ab.
Aber als LandespolitikerInnen müssen wir den Rahmen schaffen, in dem Unternehmen und Privatleute gerne investieren. Wir brauchen Anreize für zukunftsweisende Investiti- onen: In erneuerbare Energien, in den Tourismus, in die Gesundheitsindustrie, in das digitale Zeitalter, in eine nachhaltige Verkehrsinfrastruktur. Mit unserer Politik schaffen wir diesen Rahmen. Auch das ist Grüne Investitionspolitik.
Die große Kunst ist, sich nicht von einzelnen Zahlen und Indikatoren blenden zu lassen. Wir sehen die Realität hinter den Zahlen. Wir planen langfristig, gewinnen Meter um Meter und finden den Ausgleich. Zwischen Investition und Konsum, zwischen Bildung, Straßen und Flüchtlingen, zwischen Krankenhäusern und Kultur. Zwischen Haushalts- konsolidierung und politischer Gestaltung.
Meine Damen und Herren, wer gestalten will, muss auch Kompromisse machen. In den letzten Wochen hat es zahlreiche Aktionen der Hochschulen gegeben. Die Studierenden haben auf Missstän- de hingewiesen, zu Recht. Niemand bestreitet, dass die Universitäten eine größere fi- nanzielle Ausstattung gebrauchen könnten. Die Mängel im Bildungsbereich sind aber insgesamt so groß, dass wir sie nicht alle auf einmal beseitigen können.
Mit dem Sanierungsvertrag der Landesregierung für die Kieler Universität werden mit 160 Mio. Euro wichtige Baustellen angegangen. Das dauert natürlich. Die Instandset- zungen können leider nicht von heute auf morgen abgeschlossen werden. Aber wir kommen voran.
Ein weiteres Problem sind die vielen befristeten Verträge, die zum Ende des Hoch- schulpakts im nächsten Jahr auslaufen werden. Die neue Phase des Hochschulpakts, bei der wir als Land 225 Mio. Euro in die Hochschulen investieren, beginnt allerdings erst 2016. Wir werden uns aber um eine Übergangslösung für diese Stellen kümmern. Sobald wir konkrete Zahlen auf den Tisch bekommen, werden wir Lösungsvorschläge erarbeiten.
Uns ist auch bewusst, dass die größte Baustelle die chronische Unterfinanzierung der Grundhaushalte ist. Im Koalitionsvertrag ist verankert, dass wir die Hochschulen stärker unterstützen wollen. Wir arbeiten deshalb an Vorschlägen, die finanzpolitisch durchtra- gen und die Hochschulen stärken.
Aber: In diesem Jahr lag der bildungspolitische Schwerpunkt in den Schulen. Auch da-
5 für gab und gibt es gute Gründe. In den Schulen legen wir die Grundlagen dafür, dass Kinder es unabhängig von Herkunft und Geldbeutel der Eltern überhaupt zur Hoch- schule schaffen.
Wir können jeden Euro nur einmal ausgeben. Kita, Schule, Hochschule, Sprachkurse, lebenslanges Lernen - von der Investition in unsere Köpfe hängt die Zukunft unseres Landes ab. Stärker als von mancher Autobahn. Deshalb bleibt unser Haushaltsschwer- punkt auch in den nächsten Jahren die Bildung.
Meine Damen und Herren, die Landesregierung hält Maß, die Opposition fordert maßlos. Wir gehen einen vernünf- tigen Mittelweg, Sie, die Opposition, verteilen Mittel, die es gar nicht gibt und wollen das am Ende als Konsolidierungskurs verkaufen.
Langsam aber sicher drücken wir das Schuldenmeer zurück. Wir gewinnen Spielraum und wir sichern ihn. Und nun ja: Wenn ein Deich lange halten soll, dann muss Gras auf ihm wachsen. Und Gras, das ist bekanntermaßen Grün.
Dieser Haushalt macht das Leben der Menschen besser. Unmittelbar und auch lang- fristig. Die Vorschläge der Opposition tun das nicht. Wir setzen den ausgeglichenen Weg der vergangenen Jahre fort. So machen wir auch in Zukunft weiter. Das wollen wir und das wollen die Menschen.
Vielen Dank.
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