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13.11.14
10:48 Uhr
FDP

Dr. Heiner Garg zu TOP 6 (Kommunaler Finanzausgleich): Novelle des FAG benachteiligt massiv den ländlichen Raum

FDP-Landtagsfraktion Schleswig-Holstein 1



Presseinformation Es gilt das gesprochene Wort!
Sperrfrist Redebeginn Wolfgang Kubicki, MdL Vorsitzender Christopher Vogt, MdL Nr. 446 / 2014 Stellvertretender Vorsitzender Dr. Heiner Garg, MdL Parlamentarischer Geschäftsführer Kiel, Donnerstag, 13. November 2014

Innen / Finanzausgleichsgesetz



www.fdp-fraktion-sh.de Dr. Heiner Garg: Novelle des FAG benachteiligt massiv den ländlichen Raum In seiner Rede zu TOP 6 (Kommunaler Finanzausgleich) erklärt der Parla- mentarische Geschäftsführer und finanzpolitische Sprecher der FDP- Landtagsfraktion, Dr. Heiner Garg:
„Die grundsätzliche Idee, eine Novelle des Kommunalen Finanzausgleichs an den jeweiligen Aufgaben orientieren zu wollen, ist richtig. Die zentrale Frage in diesem Zusammenhang lautet, warum die Landesregierung diesen Weg nicht konsequent von Anfang an gegangen ist.
Was als aufgabenorientierter Ansatz politisch vermarktet wird, ist in Wahr- heit keiner. Tatsächlich erfolgt eine als Aufgabenkritik getarnte Kostenorien- tierung. Eine tatsächliche Aufgabenanalyse bleiben Sie schuldig.
Das folgt zumindest einer gewissen Logik, wenn man annehmen darf, dass von vornherein feststand, dass
1. die kreisfreien Städte mehr Geld erhalten sollten und 2. keine entsprechende Erhöhung der Ausgleichsmasse vorgesehen war.
Das bedeutet dann aber automatisch, dass es Verlierer bei einer solchen Umverteilungsaktion geben wird – und Verlierer gibt es zahlreiche – insbe- sondere die Kreise, was in einem ländlich geprägten Land außerordentlich problematisch ist.
Ich will gar nicht verschweigen, dass es durchaus richtig ist, dass der vorlie- gende Entwurf auf etliche Vorabzüge und Vorabzuweisungen verzichtet. Auch der Verzicht auf die sogenannte ‚Einwohnerveredelung’ ist grundsätz- lich richtig – dafür werden bei der Behandlung von Stadt- und Landbevölke- rung an anderer Stelle neue, gravierende Fehler gemacht – ich komme da- rauf zu sprechen.


Dr. Klaus Weber, Pressesprecher, v.i.S.d.P., FDP-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431 / 988 1488, Telefax: 0431 / 988 1497, E-Mail: fdp-pressesprecher@fdp.ltsh.de, Internet: http://www.fdp-fraktion-sh.de 2 Die Philosophie, nur noch mit einem Soziallastenansatz arbeiten zu wollen, wäre ebenfalls zu begrüßen, wenn der gewählte neue Ansatz bei der Um- setzung nicht neue, erhebliche Probleme aufwerfen würde. Klar zu begrü- ßen ist die Abschaffung der KdU-Umlage, weil nach dem bisherigen System die ohnehin unter weiter steigenden Soziallasten ächzenden Gemeinden noch zusätzlich belastet wurden.
Ganz sicher darf man von dieser Landesregierung einfach nicht allzu viel erwarten. Das ist dann wohl auch der Grund dafür, dass die regierungstra- genden Fraktionen dem Gesetzentwurf heute zustimmen werden, nachdem sie selbst einige Änderungen ins Verfahren eingebracht haben.
Für die FDP-Fraktion halte ich fest, dass eine große Chance vertan wurde.
Auch die Änderungsanträge von Piraten und der Union vermögen – wie könnte es auch anders sein – am Grundproblem – des vorliegenden Ge- setzentwurfes nichts zu ändern. Sie kommen schmerzstillend daher – tat- sächlich hätte aber die Landesregierung an den Anfang ihrer Arbeit eine echte Aufgabenanalyse stellen müssen.
Las sich die Theorie noch so eindrucksvoll – so hielt das begutachtende NIW fest, dass von Aufgaben und nicht von Ausgaben ausgegangen wer- den muss – umso ernüchternder ist das heutige Ergebnis.
Tatsächlich sind diese Aufgaben aber nie erhoben worden, sondern man ist im Ergebnis von Ist-Ausgaben ausgegangen. Dabei wäre eine belastbare Aufgabenerhebung die zentrale Entscheidungsgrundlage für den weiteren Prozess gewesen.
Ausgaben wurden kritiklos aus Statistiken übernommen – und dieser fun- damentale Fehler – wie Fromme zu Recht in der Anhörung ausführte – wur- de von der Landesregierung einfach übernommen.
Wie sollen denn auf der Grundlage eines solch fehlerhaften Fundamentes tragfähige Entscheidungen für den weiteren Gesetzgebungsprozess gefällt werden?
Fromme kritisiert ebenso zutreffend, dass die tatsächlichen Aufwendungen ohne jede Überprüfung auf ihre Erforderlichkeit zur Grundlage der Ent- scheidung gemacht wurden. Eine an sich notwendige Wirtschaftlichkeitsbe- trachtung bei den Kosten wurde nie vorgenommen.
Professor Thorsten Ingo Schmidt fasst dann auch die Kritik an der Bemes- sung des kommunalen Bedarfs in der Anhörung ausgesprochen sachlich wie folgt zusammen:
‚Allerdings stellt das in Auftrag gegebene Gutachten des Niedersächsischen Instituts für Wirtschaftsforschung auf die bislang tatsächlich getätigten Aus- gaben für die Wahrnehmung der einzelnen Aufgaben ab, nicht auf die erfor- derlichen.’
Und Schmidt führt weiter aus:
‚Einerseits werden damit besonders großzügige Leistungsstandards be- lohnt, andererseits bleiben etwa unterlassene notwendige Instandsetzungen und andere verschleppte erforderliche Investitionen außer Betracht.’
Dr. Klaus Weber, Pressesprecher, v.i.S.d.P., FDP-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431 / 988 1488, Telefax: 0431 / 988 1497, E-Mail: fdp-pressesprecher@fdp.ltsh.de, Internet: http://www.fdp-fraktion-sh.de 3 Genau hierin sieht Schmidt die größte Schwäche des auf das Gutachten gestützten Entwurfs und macht deutlich:
‚(…) und sollte dieses Ermittlungsdefizit nicht im Laufe des weiteren Ge- setzgebungsverfahrens ausgeglichen werden, kann dies auch zur Verfas- sungswidrigkeit des späteren Gesetzes führen.’
Mittlerweile wissen wir, dass sich im Kern genau dieses Ermittlungsdefizit wie ein roter Faden durch den heute zu verabschiedenden Entwurf zieht und sich die Frage der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes bereits hier stellt.
Ganz und gar willkürlich erscheint mir die Festlegung der kommunalen Leis- tungsfähigkeit. Das Gleichbehandlungsgebot im Rahmen des Kommunalen Finanzausgleichs wird im Entwurf massiv verletzt. § 7 FAG bewertet die Einnahmen der einzelnen kommunalen Gruppen in doppelter Sicht sehr un- terschiedlich, wie Fromme überzeugend darlegt. So werden zwar Finanz- ausgleichsleistungen und die Gemeindeanteile an der Einkommens- und Umsatzsteuer mit 100 Prozent gewichtet, Realsteuereinnahmen hingegen lediglich mit 92 Prozent.
Die politische Absicht die dahinter steht, ist klar zu erkennen – eine sachli- che Begründung für die Bevorzugung insbesondere der kreisfreien Städte gibt es indes nicht. Zutreffend weist Fromme daher darauf hin, dass dieser Effekt durch die Anwendung einheitlicher Nivellierungssätze im Gemeinde- bereich verstärkt wird. Bei der Ermittlung des Finanzbedarfs für den Finanz- ausgleich würden die Abschöpfungsmöglichkeiten vollkommen unterschied- lich berücksichtigt, was dann zu im Ergebnis dazu führt, dass
‚(…) von den kreisfreien Städten nur 70,3% der tatsächlich erzielten Ein- nahmen angerechnet werden, bei den Kreisen 100% und bei den kreisan- gehörigen Gemeinden sind es 81,5%.’
Hier hätte ich mir gewünscht, dass auch die regierungstragenden Fraktio- nen mehr Problembewusstsein gezeigt hätten, die sich aber damit zufrieden geben, den äußert problematischen § 7 lediglich redaktionell dem neuen Ressortzuschnitt anzupassen.
Nach wie vor nicht akzeptabel – und möglicherweise sogar verfassungswid- rig – ist im Rahmen der Verbundgrundlagen – die Berücksichtigung der Entlastung der Kreise und der kreisfreien Städte von den Kosten der Grundsicherung durch den Bund.
Der Bund war hier bereits im Vermittlungsausschussverfahren am 9. Febru- ar 2011 absolut eindeutig.
Dass die Landesregierung hier trotzdem an ihrer sehr fragwürdigen Vorge- hensweise festhält, könnte sich irgendwann als Bumerang für Schleswig- Holstein erweisen. Dann nämlich wenn es darum geht, weitere Entlastun- gen der Kommunen, die vom Bund getragen werden sollen, zu verhandeln – zum Beispiel im Bereich der Eingliederungshilfe.
Was die Landesregierung hier macht, ist kurzsichtig, sachlich falsch und po- litisch nicht besonders schlau.


Dr. Klaus Weber, Pressesprecher, v.i.S.d.P., FDP-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431 / 988 1488, Telefax: 0431 / 988 1497, E-Mail: fdp-pressesprecher@fdp.ltsh.de, Internet: http://www.fdp-fraktion-sh.de 4 Dass die Koalitionsfraktionen selbst in ihren Änderungsanträgen eines der größten politischen Ärgernisse des Entwurfes ausmerzen, erkenne ich aus- drücklich an.
Ich weiß bis heute nicht, was sich die Landesregierung dabei gedacht hat, mit dem ursprünglich vorgesehenen § 19 Absatz 3 Satz 2 so massiv in die kommunale Selbstverwaltung eingreifen zu wollen.
Die Streichung dieser Vorschrift ist konsequent und richtig – und angesichts der Tatsache, dass ja auch in den Reihen der regierungstragenden Fraktio- nen Abgeordnete von Kreistagen sitzen, hätte mich alles andere auch sehr verwundert.
Trotz einiger Korrekturversuche seitens der Koalitionsfraktionen ist die No- velle des FAG nach wie vor mit gravierenden handwerklichen Mängeln be- haftet.
Genau diese Mängel werden dazu führen, dass zahlreiche Kreise in Zukunft kaum noch in der Lage sein werden, ihre Daseinsvorsorge im Rahmen des neuen FAG ordentlich bewältigen zu können.
Exemplarisch steht daher der einstimmig gefasste Beschluss des Kreista- ges Nordfriesland, die FAG Novelle aus Kiel abzulehnen.
‚5,9 Millionen Euro an Verlust durch die FAG-Reform – das ist ein Eingriff in unsere Finanzierungsgrundlage, den wir nicht verkraften können’, so der Vorsitzende der SPD-Kreistagsfraktion, Thomas Nissen.
Ich frage Sie, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von SPD, Grünen und SSW, ob sie heute tatsächlich eine massive Benachteiligung des ländlichen Raumes in unserem Land beschließen wollen,
ob sie tatsächlich die Konsolidierungsbemühungen vieler Kreise ad absur- dum führen wollen und
ob sie wirklich ‚große Teile der Sozial- und Kulturlandschaft in den Kreisen platt machen’ wollen, wie es ihnen ihr nordfriesischer Kollege Nico Hamkens (SPD) vorwirft.
Mit diesem Gesetzentwurf kommen auf die Bürgerinnen und Bürger in vie- len Teilen unseres Landes ganz erhebliche Einschränkungen zu – sei es das Schwimmbad, das geschlossen oder die Öffnungszeiten der Bücherei, die verkürzt werden müssen oder sei es der Bus in die Kreisstadt, der nicht mehr alle halbe sondern der nur noch alle zwei Stunden fahren wird.
Die FDP-Fraktion setzt auf gleichwertige Lebensverhältnisse in Stadt und Land und will Bürgerinnen und Bürgern Chancen ermöglichen – ausdrück- lich auch auf dem Land.
Vor diesem Hintergrund lehnen wir den vorliegenden Gesetzentwurf ab.“



Dr. Klaus Weber, Pressesprecher, v.i.S.d.P., FDP-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431 / 988 1488, Telefax: 0431 / 988 1497, E-Mail: fdp-pressesprecher@fdp.ltsh.de, Internet: http://www.fdp-fraktion-sh.de