Navigation und Service des Schleswig-Holsteinischen Landtags

Springe direkt zu:

Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.

Datenschutzerklärung

Pressefilter

Zurücksetzen
10.09.14
17:55 Uhr
B 90/Grüne

Burkhard Peters zum Antisemitismus in Schelswig-Holstein

Presseinformation

Landtagsfraktion Schleswig-Holstein Pressesprecherin Claudia Jacob Es gilt das gesprochene Wort! Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 TOP 16 – In Schlewig-Holstein ist kein Platz für 24105 Kiel Antisemitismus Telefon: 0431 / 988 - 1503 Fax: 0431 / 988 - 1501 Dazu sagt der innenpolitische Sprecher Mobil: 0172 / 541 83 53 der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, presse@gruene.ltsh.de www.sh.gruene-fraktion.de Burkhard Peters: Nr. 344.14 / 10.09.2014

Wir werden keine antisemitische Hetze auf unseren Straßen und anderswo unwidersprochen hinnehmen!
Sehr geehrte CDU-Fraktion. Wer wollte Ihrem Antrag widersprechen? Die Küstenkoalition unterstützt ihn ausdrücklich und von ganzem Herzen. Wir werden keine antisemitische Het- ze auf unseren Straßen und anderswo unwidersprochen hinnehmen.
Erlauben Sie mir dennoch ein paar kritische Anmerkungen. Sie zielen nicht auf den Wort- laut, sondern auf den zeitlichen Kontext und darin enthaltene subtile Botschaften.
Nur 2 Tage vor ihrem Antrag vom 25.07.2014 hat Bundeskanzlerin Merkel in einer Presse- erklärung vom 23.07. erklärt, „antisemitische Hetze“ auf Demonstrationen gegen die militä- rische Offensive der israelischen Regierung im Gaza-Streifen nicht hinnehmen zu wollen. Antisemitische Straftaten seien „konsequent und mit allen rechtsstaatlichen Mitteln zu ver- folgen“. Tatsächlich wurden auf den Demos üble Parolen skandiert, in denen zum Beispiel „die Juden“ als „feige Schweine“ bezeichnet wurden, als „Mörder unschuldiger Kinder“.
Frau Merkel hatte in einer Rede vor der Knesset bereits 2008 erklärt, die Sicherheit Israels sei „Teil der deutschen Staatsräson“.
Hier knüpft meine erste Anmerkung an: Kritik am Agieren der israelischen Armee im Gaza- streifen ist in Deutschland trotzdem vom Grundrecht auf freie Meinungsäußerung und Ver- sammlungsfreiheit gedeckt. Klar ist aber auch: Jede Volksverhetzung oder Beschimpfung von Bekenntnissen sind eindeutig nicht hinzunehmen. Die Wortwahl einiger VertreterInnen der CDU hinterlassen allerdings den Eindruck, dass dort die Grenze zwischen hinzuneh- mender Kritik und unzulässiger Hetze nicht ganz klar ist.
Meine Damen und Herren, ganz überwiegend wird gerade in der kritischen Öffentlichkeit äußerst ernst und sachlich Seite 1 von 2 darum gerungen, ob und mit welchen Worten Kritik - gerade aus Deutschland - an der isra- elischen Regierung in der Palästinenserfrage möglich, vielleicht sogar besonders notwendig ist. Ich warne deshalb davor, das Demonstrieren gegen die Gaza-Politik Israels unter den Generalverdacht des Antisemitismus zu stellen. Am 9. August 2014 fand zum Beispiel in Berlin eine große Demonstration statt, bei der jüdische, palästinensische und deutsche Vereine gemeinsam für ein Ende des Gazakrieges demonstrierten und dabei harte Kritik an Israels Regierung übten.
Zweite Anmerkung: Anlassbezogen suggeriert der Antrag, Antisemitismus in Deutschland und Schleswig-Holstein sei vor allem das Problem eines erstarkenden Islamismus. Mit die- ser Stoßrichtung findet eine Akzentverschiebung statt, die dem Phänomen nicht gerecht wird. In den ersten beiden Quartalen des Jahres gab es nach Polizeiberichten bundesweit 350 antisemitische Straftaten. Über 95% der festgestellten TäterInnen kommen aus dem rechts motivierten Milieu.
Meine Damen und Herren, antisemitismus ist in Deutschland immer noch weit verbreitet, wie übrigens auch die vielen anderen Ausprägungen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, zum Beispiel Antiziganismus, Homophobie, Islamophobie. Von der gesellschaftlichen Mitte über Rechts- populistInnen bis hin zu den Rechtsradikalen. Gerade die Islamfeindlichkeit wird zu einem immer drängenderen Problem auch in Schleswig-Holstein, wie die widerlichen Anschläge auf die Moschee in Mölln in den letzten Wochen zeigen. Nach Angaben des Bundesinnen- ministeriums hat es allein von Januar bis August diesen Jahres zwölf Übergriffe auf Mo- scheen in Deutschland gegeben. Seit 2001 wurden insgesamt mehr als 300 muslimische Gotteshäuser attackiert. Das Spektrum der Taten reicht von Hakenkreuzschmierereien über Morddrohungen gegen Imame bis hin zur Brandstiftung, wie zuletzt in Berlin. Auch diese Straftaten stammen regelmäßig aus der rechten Szene.
Dritte Anmerkung: Letztlich meine ich aus Ihrem Antrag erneut die Kritik herauszuhören, die Landesregierung setze im Kampf gegen Antisemitismus und Extremismus die falschen Ak- zente, wenn sie zu stark das rechte Milieu in den Fokus nimmt. Der gewaltbereite Islamis- mus sei mindestens genauso gefährlich. Angesichts der eben dargelegten Zahlen und Zu- sammenhänge bin ich aber der Überzeugung, dass der Schwerpunkt dieser Landesregie- rung nach wie vor richtig gewählt ist: Nämlich den Kampf gegen gruppenbezogene Men- schenfeindlichkeit in allen seinen Facetten schwerpunktmäßig als Kampf gegen rechte Pa- rolen, Ressentiments und Vorurteile zu führen. Das hindert uns jedoch keineswegs daran, üblen Antisemitismus, egal woher er kommt, als solchen zu bezeichnen, zu verurteilen und auch zu verfolgen. Darum unterstützen wir den Antrag.
***



2