Hartmut Hamerich zu TOP 36+46+47: Wir stehen zum Meisterbrief und zum Titelschutz der Freien Berufe
ArbeitsmarktpolitikNr. 345/14 vom 20. Juni 2014Hartmut Hamerich zu TOP 36+46+47: Wir stehen zum Meisterbrief und zum Titelschutz der Freien BerufeEs gilt das gesprochene Wort Sperrfrist RedebeginnWir haben unsere Anträge mit Verbraucherschutz und Qualitätsstandards sichern – Meisterbrief stärken bzw. Titelschutz stärken“ überschrieben. Worum geht es? Auf Europäischer Ebene gibt es immer wieder Überlegungen, die nationalen Berufszugänge zu liberalisieren und weitere Handwerksberufe, insbesondere solche des Bauhandwerkes, aus der Anlage A der Handwerksordnung in die Anlage B zu überführen.Für die Anlage A brauchen Sie für deren selbstständige Ausübung grundsätzlich den Erwerb des Meisterbriefes oder eines ähnlichen Qualifikationsnachweises. Für Handwerksberufe nach Anlage B ist das nicht notwendig.Es hat sich seit 2004 gezeigt, dass eine große Anzahl an Betrieben für die Berufe der Anlage B entstanden sind. Beispielhaft die Fliesenleger. Jedoch sind viele dieser Betriebe Ein-Mann-Betriebe, die als Subunternehmer auf Baustellen arbeiten und so gerade über die Runden kommen. Es ist deshalb nicht zu erwarten, dass diese Betriebe überhaupt dauerhaft sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse schaffen können. Pressesprecher Dirk Hundertmark Landeshaus, 24105 Kiel Telefon: 0431 988-1440 Telefax: 0431-988-1443 E-Mail: info@cdu.ltsh.de Internet: http://www.cdu.ltsh.de Seite 1/3 Im Gegenteil! Tarif- und Mindestlöhne werden so elegant umgangen. Das ist gerade der Unterschied zu meistergeführten Handwerksbetrieben, die teils deutlich über Tarif bezahlen.Noch problematischer ist die Entwicklung jedoch für unser duales Ausbildungssystem. Weniger Meisterbetriebe bedeuten auch weniger Ausbildungsplätze und so eine schleichende aber stetige Schwächung der Dualen Ausbildung und viel schlimmer eine Schwächung der Qualität der Ausbildung selbst.Bislang steht Deutschland im europäischen Vergleich bei der Jugendarbeitslosigkeit hervorragend dar. Gerade einmal 6,2% der Arbeitslosen sind bei uns in Schleswig-Holstein jünger als 25 Jahre. Tendenz sinkend. Grund für die geringe Jugendarbeitslosigkeit ist vor allem unser System der dualen Berufsausbildung, das jedoch nur funktioniert, wenn genügend Ausbildungsplätze zur Verfügung gestellt werden.Ganz anders sieht es in den europäischen Partnerländern aus. Jugendarbeitslosigkeit ist gerade in Südeuropa ein trauriges Massenphänomen. So sind in Griechenland und Spanien über 50 Prozent der Arbeitslosen jünger als 25 Jahre.Deshalb ist die hohe Ausbildungsbereitschaft der meistergeführten Betriebe im Handwerk keine Selbstverständlichkeit, sondern ein großer Beitrag zu unserem Gemeinwesen.Ähnlich stellt sich die Situation bei den Freien Berufen dar. Der Titelschutz allein ist nicht ausreichend, sondern vielmehr müssen die Regelungen zur Berufszulassung und Berufsausübung für Dienstleistungen als maßgebliche Kriterien gestärkt bleiben. Wachstum alleine durch den Titelschutz schaffen zu wollen, greift zu kurz.Zwangsläufig ergeben sich durch eine Verwässerung höhere Risiken des Verbrauchers auf Schlechtleistung oder ein größerer administrativer Aufwand auf Seiten des Staates wie der Prüfaufwand bei Architekten und Steuerberatern. Oder es ist einfach nur gefährlich! Wenn ein Ingenieur beim Schallschutz eine Schlechtleistung liefert, dann hört man das! Wird aber beim Brandschutz geschlampt, weil schlicht der Nachweis für die Berufsausübung nicht mehr vorhanden ist, dann ist das im Zweifel lebensgefährlich!Im Bereich der Freien Berufe wäre die Beschränkung auf den Titelschutz kein Wachstumsmotor, sondern ein Schritt zum Abbau von Qualität, und damit ein Schritt in die falsche Richtung. Für den Berufszugang und die Berufsausübung Seite 2/3 in Freien Berufen ‒ insbesondere in denjenigen mit heute bestehenden, ausdifferenzierten Berufsgesetzen ‒ wäre die „Höhergewichtung" des Titelschutzes zum alleinigen Differenzierungsmerkmal ungeeignet und kontraproduktiv.Deshalb sollten wir heute gemeinsam ein starkes Signal senden. Der Landtag in Schleswig-Holstein steht zum Handwerk, zum Meisterbrief und zur dualen Ausbildung. Wir müssen unsere Handwerksbetriebe stärken und stehen weiter als Partner an ihrer Seite. Handwerk und Mittelstand sind unverzichtbare Säulen eines modernen Landes, deren Fertigkeiten teilweise schon seit Jahrhunderten den Herausforderungen der Zeit anpasst an die nächste Generation weitergeben werden. Diese Familienunternehmen denken nicht in Quartalszahlen, sondern in Generationen.Deswegen sollten wir alle Ja zu mehr Transparenz, aber nein zu einer Aufweichung der Qualitätsstandards beim Meisterbrief und auch beim Titelschutz der freien Berufe sagen. Seite 3/3