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19.06.14
17:59 Uhr
B 90/Grüne

Burkhard Peters zum Verfassungsschutzbericht 2013

Presseinformation

Landtagsfraktion Schleswig-Holstein Pressesprecherin Claudia Jacob Es gilt das gesprochene Wort! Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 TOP 32/38/61 – Verfassungsschutzbericht 2013 24105 Kiel
Telefon: 0431 / 988 - 1503 Dazu sagt der innen- und rechtspolitische Sprecher Fax: 0431 / 988 - 1501 der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Mobil: 0172 / 541 83 53
presse@gruene.ltsh.de Burkhard Peters: www.sh.gruene-fraktion.de
Nr. 264.14 / 19.06.2014
Der Extremismusbegriff der CDU greift viel zu kurz
Sehr verehrte Damen und Herren,
Im Verhältnis zum Jahresbericht 2012 ergeben die Erkenntnisse und Zahlen zum sicht- baren Rechtsextremismus in Schleswig-Holstein wenig Anlass zur Besorgnis. Ich spre- che an dieser Stelle ausdrücklich noch nicht von latenten Formen des Rechtsextremis- mus. Die Rechtsextremen sind zurzeit offensichtlich nicht in der Lage, kleine Aufmärsche auf die Straße zu bringen. Das war in den Jahren vor 2012 noch anders. Auch die Zweit- stimmen für die NPD von unter 1% bei der Bundestagswahl 2013 belegen den derzeiti- gen Rückgang.
Noch weniger Grund zur Besorgnis gibt es bei den dogmatischen Linksextremen. Sie haben ein demographisches Problem. Die Autonomen nehmen bei ihren wenigen Ge- waltaktionen vornehmlich Rechtsextreme aufs Korn.
Ob das Problem Salafismus ernst zu nehmen ist, bleibt zu beobachten. Die Kämpfe in Syrien und jetzt auch im Irak entlassen möglicherweise fanatisierte und brutalisierte Rückkehrer, die in unseren offenen Strukturen gefährlich werden können. Der Mordan- schlag eines aus Syrien zurückkehrenden Jihadisten Ende Mai auf das jüdische Museum in Brüssel macht das deutlich. Insofern ist es beunruhigend, dass 13 Personen in Schleswig-Holstein bekannt sind, die nach Syrien gingen, von denen einige auch wieder zurückgekehrt sind. Es gibt aber offenbar keine gesicherten Erkenntnisse darüber, ob diese Personen sich in Syrien an Kriegshandlungen beteiligt haben. Im Gegensatz zum gestern veröffentlichten Verfassungsschutzbericht des Bundes schätzt z.B. Innenminister Pistorius aus Niedersachen die Lage als nicht bedrohlich ein, obwohl es auch dort eine Handvoll Rückkehrer aus Syrien gibt.



Seite 1 von 3 Enttäuschend ist, dass der Bericht den Handlungsempfehlungen des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses (PUA) zur Mordserie des NSU nur 3 dürre Sätze widmet. Bereits in meiner Rede zum Bericht 2012 hatte ich dargelegt, dass die Verwendung ei- nes zu engen Extremismusbegriffes durch die Verfassungsschutzämter einer der Haupt- kritikpunkte des NSU-PUA war. In dieser Hinsicht sehe ich keinen Hinweis, dass unser Amt diese Kritik zu seinem Thema macht. Nach wie vor wird das alte Muster von rechts, links und Mitte schematisch abgespult.
Das leitet über zum CDU-Antrag. Das hinter dem Antrag stehende Bild von Extremismus greift zu kurz: In der Mitte der Gesellschaft, da sitzen die Guten und Gemäßigten, aber links und rechts davon nisten die Extremisten unterschiedlicher Couleur, einig im Bestre- ben, unsere freiheitliche Gesellschaft zu zerstören.
Diese schematische Sicht hat keinen Begriff davon, dass die Verbreitung einer extremen Ideologie nur unter bestimmten gesellschaftlichen und sozialen Begleitumständen eine Potenz entwickeln kann, die für den Bestand der Verfassungsordnung bedrohlich werden kann. Vor allem wird verkannt, dass gerade die sog. Mitte in solchen Prozessen oft eine fatale Rolle spielt.
Es wird nicht gefragt: Was sind die Faktoren, die demokratie- und freiheitsfeindliche Denk- und Handlungsformen bei Menschen begünstigen. Welche Bedingungen stützen dagegen eine stabile Demokratie?
Und vor allem: Gibt es im nennenswerten Umfang Menschen, bei denen gefährliche Ide- ologien verfangen und die latent bereit sind, sich vom Projekt „Demokratischer Rechts- staat“ zu verabschieden?
Es geht zentral um den Begriff der Anschlussfähigkeit bestimmter extremistischer Ideo- logien in der Bevölkerung.
Im Rahmen der sog. Einstellungsforschung wird dies von Professor Heitmeyer seit vielen Jahren repräsentativ erfragt. Die Resultate sind erschreckend. Sie belegen, dass autori- täre, rassistische, antisemitische und homophobe Einstellungen und Vorurteile tief im Denken der gesellschaftlichen Mitte verankert sind. Die sog. „Mitte-Studie“ der Uni Leip- zig kommt seit 2002 regelmäßig zu ähnlichen Ergebnissen.
Im Jahresbericht 2014 heißt es: „So paradox es klingen mag: Der Extremismus der ge- sellschaftlichen Mitte findet seinen Ausdruck in rechtsextremen Positionen“. Für 2014 kommt die Leipziger Studie zu dem Ergebnis, dass ein Rückgang bei allen rechtsextre- men Dimensionen der Befragung zu erkennen ist. Dies wird vor allem darauf zurückge- führt, dass sich die Bundesrepublik seit 2 Jahren in einer Phase anhaltender Prosperität befindet. Als weiteren wichtigen Faktor der Immunisierung gegen Rechtsradikalität be- nennt die Studie die Rolle der Bildung. Ausländerfeindlichkeit ist aber nach wie vor ein Problem von 20 % aller Deutschen. Islamfeindlichkeit und vor allem Antiziganismus ha- ben seit 2011 sogar massiv zugenommen.
Vor diesem Hintergrund bin ich zutiefst davon überzeugt, dass der von der Landesregie- rung verfolgte Kurs, der sich betont auf die Bekämpfung rechtsradikaler Tendenzen konzentriert, nach wie vor richtig ist. Denn alle Erfahrungen in Deutschland seit 1966 zeigen, dass mit einer wirtschaftlichen Krise auch regelmäßig das Erstarken rechtsradi- kaler Kräfte einhergeht. Hier gilt es also auch jetzt vorzubeugen.

2 Im Finanzausschuss wird der Antrag der Piraten zum Haushalt des Verfassungsschutzes beraten werden. Wir begrüßen, dass die Regierung bereits von sich aus Änderungen in Richtung mehr Transparenz gegenüber dem Rechnungshof und dem Finanzausschuss angekündigt hat. Aus Grüner Sicht sollte ein Mehr an Transparenz auch die Stellenpläne des Verfassungsschutzes abbilden und die Mitglieder des Finanzausschusses neben den Mitglieder des PKG mehr Einsicht in den Haushalt des Verfassungsschutzes erhal- ten. Das geht in anderen Ländern auch und ist aus unserer Sicht für eine effektive rechtsstaatliche Zusammenarbeit und Kontrolle notwendig.
Danke.



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