Simone Lange zu TOP 8: Ein notwendiges Instrument polizeilichen Handelns
Es gilt das gesprochene Wort! Kiel, 19. Juni 2014TOP 8: Gesetzentwurf zur Abschaffung von Anhalte- und Sichtkontrollen in Grenz- und „Gefahrengebieten“ (Drucksache 18/1995)Simone Lange:Ein notwendiges Instrument polizeilichen HandelnsDie Piraten machen ihrem Namen alle Ehre. Sie segeln ein neues Ziel an und glauben, einen Schatz gefunden zu haben. Anders kann ich mir das Ansinnen der Piratenfraktion, das Instrument der Gefahrengebiete abzuschaffen, nicht erklären. Ausgelöst durch die Diskussionen um die Gefahrengebiete im Nachbar-Bundesland Hamburg Anfang dieses Jahres, beantragen die Piraten nun die Abschaffung dieses Instrumentes in Schleswig-Holstein. Begründet wird dies damit, dass es keine anlasslosen Jedermann-Kontrollen geben darf.Liebe Piratenfraktion, ich kann Sie beruhigen. Es gibt keine anlasslosen Jedermann-Kontrollen. Die Maßnahme der Gefahrengebiete erfolgt in engen Grenzen, um Bürgerrechte auf der einen und die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger auf der anderen Seite zu bewahren. Und es reichen dabei auch keine umstrittenen Behauptungen, um Zigtausend Bürgerinnen und Bürger unter Generalverdacht zu stellen.Gefahrengebiete sind gem. § 180 LVWG ein Instrument der Gefahrenabwehr. Die Polizei kann bei Straftaten von erheblicher Bedeutung, mit Schadenspotential für höchste Rechtsgüter in einem bestimmten geografischen Raum Anhalte- und Sichtkontrollen durchführen. Dabei darf die Polizei lediglich Personen oder Sachen anhalten und sichten, nicht aber identitätsfeststellende Maßnahmen oder Durchsuchungen vornehmen. Anders als in Hamburg dürfen ohne konkreten Verdacht keine Identitätsfeststellungen getroffen werden. Sachen dürfen lediglich gesichtet, aber 2nicht durchsucht werden.Das Einrichten eines sog. Gefahrengebietes ist durch die Polizei schriftlich zu begründen und verlangt eine auf Tatsachen gestützte Prognose, dass in diesem Gebiet Straftaten von erheblicher Bedeutung zu erwarten sind. Die Maßnahme muss sich allein auf die vorbeugende Bekämpfung der entsprechenden Straftaten begrenzen und ist auf 28 Tage befristet und darf höchstens zweimal verlängert werden, danach muss ein richterlicher Beschluss darüber herbeigeführt werden.In Schleswig-Holstein wurde dieses Instrument im vergangenen Jahr 2013 vier Mal genutzt, nämlich in Neumünster, in Segeberg, in Itzehoe und in Ratzeburg. In allen Fällen war die Maßnahme befristet. Im Fall Neumünster dauert die Maßnahme noch bis 26.6.2014 an.Doch neben den Zahlen, Daten und Fakten will ich auf das Instrument als solches eingehen, welches die Piratenfraktion durch ihren Antrag in Gänze infrage stellt. Und ich will Bezug nehmen auf die Politik der inneren Sicherheit in Schleswig-Holstein. Denn wenn ich ein Werkzeug aus dem Werkzeugkasten der inneren Sicherheit herausnehme, hat das Konsequenzen auf den Umgang mit den übrigen Werkzeugen, die dann ja ersatzweise für das fehlende Werkzeug herangezogen werden müssen. Oder um in polizeilicher Sprache zu sprechen: Nimmt man mir den Streifenwagen weg, muss ich mir etwas anderes einfallen lassen, um Straftäter zu verfolgen.Gute Innen- und Sicherheitspolitik zeichnet sich dadurch aus, dass ein Land wie Schleswig- Holstein eine Sicherheitsstrategie entwickelt, die zuvorderst darauf ausgerichtet ist, Straftaten zu verhindern, also präventiv wirkt und die entsprechenden Eingriffsinstrumente zur Verfügung stellt, die den Schutz der Bürgerinnen und Bürger ermöglichen und dabei so gering wie möglich in ihren Schutzbereich hinein wirken.Gute Innen- und Sicherheitspolitik braucht gute, ausgewogene Instrumente. Das Landesverwaltungsgesetz mit seiner Ausdifferenziertheit und seinen Abstufungen, zum Beispiel § 180 und § 181 Gefahrengebiete und gefährliche Orte, ist ein ausgewogener Instrumentenkoffer, aus dem ich nicht einfach ein Instrument entfernen kann, ohne das Gesamtgefüge zu beeinflussen.Deshalb steht die SPD-Landtagsfraktion dem Antrag der Piraten ablehnend gegenüber. Dennoch 3wird eine Ausschussberatung abzuwarten sein. Wir verschließen uns nicht den Diskussionen darüber, wie wir den Instrumentenkoffer noch besser ausstatten können, möglicherweise muss das eine oder andere Instrument noch einmal gestimmt werden. Aber Instrumente einfach so zu entfernen, halten wir für keine gute Innenpolitik.