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16.05.14
12:04 Uhr
SSW

Jette Waldinger-Thiering: Wir wünschen uns ein soziales Europa

Presseinformation Kiel, den 16. Mai 2014

Es gilt das gesprochene Wort



Jette Waldinger-Thiering
TOP 23+55 Antrag zur EU-Wahl 2014 und zum Europabericht der
Landesregierung
Drs. 18/1853


„Wir vom SSW freuen uns sehr über das Statement, dass sich die Landesregierung in
Berlin künftig für einen EU-Kommissar für Minderheiten einsetzen will“


Zuerst einmal vielen Dank für den umfangreichen Bericht an das Europaministerium. Der
Bericht beinhaltet nicht nur die Schwerpunkte des vergangenen, sondern er bildet auch den
Hergang eines viel größeren Zeitraums detailliert ab. Er macht die Zusammenhänge klar, die
oft über die Grenzen von Schleswig-Holstein hinausreichen.
Ein weiteres Lob Richtung Regierungsbank möchte ich an dieser Stelle dem
Ministerpräsidenten aussprechen. Wir vom SSW freuen uns sehr über das Statement, dass sich
die Landesregierung in Berlin künftig für einen EU-Kommissar für Minderheiten einsetzen will.
Bei den nun fast dreißig Kommissaren fallen die Minderheiten und autochthonen
Volksgruppen hinten runter. Eine gemeinsame Grundlage sucht man an dieser Stelle 2
vergebens. Die sogenannten Kopenhagener Kriterien für den Schutz und die Förderung von
nationalen Minderheiten werden längst nicht in allen Mitgliedsstaaten ratifiziert. Was für die
neuen und künftigen Mitgliedsstaaten gilt, gilt nicht für die Gründungsmitglieder und die alt
eingesessenen Staaten. Eine enorme Schieflage also, die durch einen solchen Kommissar
hoffentlich reduziert werden könnte. Zusätzlich hat die EU-Kommission erst kürzlich eine
eingereichte Initiative von der größten Europäischen Minderheitenorganisation abgewiesen,
mit der Begründung: Man sei nicht zuständig. Eine Zuständigkeit, darum geht es uns in erster
Linie. Der Ministerpräsident hat wie auch die European Free Alliance (EFA) die Notwenigkeit
nach einem EU-Kommissar für Minderheitenangelegenheiten gefordert. Wir als SSW werden
diesen Ansatz, wie auch in der Vergangenheit, nicht aus den Augen verlieren. Wir danken an
dieser Stelle unseren westfriesischen Freunden von der FNP für die Unterstützung, sowie für
die konstruktive Zusammenarbeit in dieser Sache.


Die EU muss ihre künftige Rolle definieren. Rund 500 Millionen Wahlberechtigte EU-
BürgerInnen entscheiden darüber, wer künftig den Kurs der EU bestimmt. Die EU ist gerade
dabei die tiefste Wirtschaftskrise seit den 1930er Jahren zu überwinden. Unser
interfraktioneller Antrag zeigt, dass es bei der bei der EU nicht nur um Zahlen geht. Denn jetzt
ist Zeit für eine politische und gesellschaftliche Debatte darüber, welche Fragen wir die
Europäer gemeinsam entscheiden wollen und wie der vereinbarte, festverankerte,
gemeinsame Zweck der EU fortgesetzt wird.


Wir vom SSW wünschen uns in Zukunft ein soziales Europa, in dem nicht nur der Markt regiert,
sondern in dem der Sozialstaatsgedanke eine tragende Säule der europäischen
Zusammenarbeit ist. Dies ist bisher nicht der Fall. Wir lehnen Sozialdumping und ein
Wettrennen um die niedrigsten Sozialstandards ab. Wir wünschen uns eine Union, die künftig
weniger soziale Kälte beinhaltet und sich endlich damit beschäftigt, was es heißt, auch eine
soziale Staatengemeinschaft zu sein. 3
Ich richte mich jetzt mal an die Tribüne: Gehen Sie zur Wahl, nehmen Sie teil, mischen Sie mit –
Jede Stimme ist ein Gewinn! Ja, wir sind Europa. Vielleicht sollten wir aber an dieser Stelle
etwas differenzieren und sagen: Wir sind ein Teil Europas. Genauso wie die vielen anderen
Europäer übrigens auch, die in Norwegen, auf Grönland oder auf den Färöer leben.



Nun zum Bericht. Im vorliegenden Bericht wird ein Schwerpunkt ganz unmissverständlich klar:
Die Zusammenarbeit mit Dänemark. Diese Zusammenarbeit deckt nahezu alle Lebensbereiche
ab. Mehr noch, die Kooperation erstreckt sich nicht nur über das Gebiet von Syddanmark, wie
es über viele Jahre zu einer gewissen Tradition geworden ist, sondern nun auch in Richtung
Lolland-Falster und Sjælland. So sieht eine echte, lebendige Kooperation zwischen Schleswig-
Holstein und Dänemark aus. Es geht also voran. Und das ist aus der Sicht des SSW auch nur
begrüßenswert.


Auch im Ostseebereich ist die internationale Zusammenarbeit vom Land wieder auf einem
hohen Niveau unterwegs. Ganz besonders erfreulich ist es, dass es nach längerer Durststrecke
gelungen ist, für die Kieler Woche 2014 eine Veranstaltung in Kooperation mit dem
Ostseejugendforum auf die Beine zu stellen. Die Liste der vielen Kooperationen für Jugendliche
und junge Erwachsene des Ostseeraumes ist lang. Da werden etwa Konferenzen zum Thema
Ehrenamt, Sport oder den Umgang mit Medien abgehalten.


Jetzt muss tatkräftig daran gearbeitet werden, dieses Niveau auch in Zukunft halten zu
können. Große Herausforderungen werden ja auch im Bericht dargestellt, wie etwa die
Finanzierung für das Ostseejugendsekretariat. In der Vergangenheit ist es gelungen,
Übergangsfinanzierungen hinzubekommen, von daher bin ich recht zu verlässlich, dass dies
oder eine ähnliche Lösung auch dieses Mal gelingen wird. 4
Die Nordseekooperation hinkt, wie auch in der Vergangenheit, etwas hinterher. Der Wille von
Seiten der Nordseekommission, die Zusammenarbeit voranzubringen ist da. Der Wille von
Seiten der Ministerin ist auch da. Doch die allgemeine politische Durchschlagskraft könnte aus
Sicht des SSW im Landtag noch ausgeweitet werden. Die Einsicht der Attraktivität des
Nordseeraums hat noch nicht alle Mitgliedsstaaten erreicht. Es ist an der Landesregierung in
diesem Fall am Ball zu bleiben. Den schließlich sind wir das Land zwischen den Meeren und
nicht das Land am Meer. Vielleicht sollte man im Zusammenhang mit der Nordseekooperation
einmal in neue Richtungen denken. Die kulturelle Zusammenarbeit mit Dänemark funktioniert
gut. Vielleicht könnte man einmal überlegen, diese auf ein anderes Mitglied der Nordseeregion
ausweiten.


Der Bericht zeigt, die bilaterale Zusammenarbeit Schleswig-Holsteins funktioniert. Sie
funktioniert sogar sehr gut. Sie ist das Ergebnis, Jahrzehnte langer Vorarbeit. Diese
umfassenden Ziele, zeigen doch, dass wir schon längst in einem gelebten Europa der Regionen
leben. Daran sollten wir auch in Zukunft festhalten. Denn schließlich ist eine Kooperation mit
Dänemark nicht weniger europäisch, als eine Zusammenarbeit mit Frankreich. Ja, wir
brauchen die enge internationale Zusammenarbeit aller europäischen Staaten und Regionen -
zu der Schleswig-Holstein natürlich dazu gehört. Was wir nicht brauchen ist ein Model im
Sinne von den Vereinigten Staaten von Europa. Die größte Herausforderung für die
kommenden Jahre zeichnet sich schon jetzt ab, nämlich dass die Bevölkerung, sowie die
nationalen Parlamente in die Entscheidungsprozesse weiter aktiv miteinbezogen werden
müssen. Nur so kann die Attraktivität der Europäischen Union weiterentwickelt werden.